Einer der intensivsten Filme, die ich kenne! Selten war ich so gebannt von einem Film, wie hier! Vor allem zum Ende hin ist man förmlich am "mittrommeln".
Miles Tellers Leistung ist bereits kaum zu toppen, aber was J. K. Simmons abliefert ist nicht nur den Oscar wert, sondern eine der besten Performances eines Schauspielers in den letzten Jahren. Die Boshaftigkeit, die Simmons so beängstigend, wie auch überzeugend verkörpert hat auch mich wahrlich ergriffen. Vor jeder seiner Tiraden, hat man bereits Mitleid mit seinem Gegenüber. Trotzdem wirkt er in manchen Szenen menschlich und hat eine sensible Seite, die sehr tief verstärkt liegt. Die Schwankungen in der Stimmung des Meisters sind manchmal auch so unvorhersehbar, dass man auch gegen Ende noch überrascht wird. Bis jetzt frage ich mich, inwieweit er auch im Film nur eine Rolle spielt, um seine Schüler zu Höchstleistungen zu motivieren oder in welchen Momenten er aus purer Boshaftigkeit die Musiker drangsaliert. Simmons spielt, wie gesagt, beängstigend vielschichtig und eindrucksvoll, dass man alleine deswegen schon ein zweites oder drittes Mal den Film anschauen kann und muss. Miles Tellers Entwicklung ist ebenso überragend dargestellt, wie gespielt. Die anfängliche Schüchternheit, die Ehrfurcht vor dem bekannten Lehrer, der Umgang mit dem Druck seiner erfolgreichen Familie, aber auch der Wandel zum egoistischen Ehrgeizling bis hin zur völligen Egomanier, der alles riskiert, um einen Hauch von Anerkennung vom nicht zu überzeugenden Maestro zu bekommen - alles nimmt man ihm ab.
Sehr überzeugend ist vor allem auch die Detailbebilderung: Die blutigen Hände, die Nahaufnahmen der Musiker, die Schwenkkameras über die Bühnen und Instrumente und auch die richtigen Ausdrücke in den Gesichtern der beiden Protagonisten. Alles in allem verdient sich die Kamera auch jegliche Lorbeeren!
Natürlich handelt es sich um ein ergreifendes Biopic / Duell zweier "Soziopathen", aber ohne die virtuose Verkörperung der Musik an sich, wäre der Film eindeutig nicht von dieser dramaturgischen Brillanz. Jeder Musik- und vor allem jeder Jazzfan kann sich noch intensiver in die Story einfühlen. Vor allem wenn man selbst schon einmal ein Instrument gespielt hat und weiß, welcher Aufwand nötig ist, um auch nur annähernd dieses Instrument zu beherrschen.
Erst dann kann man annähernd verstehen, was hinter den Ambitionen des Schülers, aber auch des Lehrers steckt. Die Virtuosität am Schlagzeug bringt Teller ebenso gut zur Geltung, wie Simmons die Besessenheit nach Perfektion und den Wunsch den Meisterschüler zur Bestleistung mit allen legalen Methoden und darüber hinaus zu pushen.
Es tut dem Zuschauer in der Seele weh, wenn er sieht, wie weit Teller bereit ist zu gehen und dafür aber immer mehr Peitschen und Hiebe erhält. Letztlich droht er gänzlich zu zerbrechen und jeder Zuschauer würde verstehen, wenn er die Sticks einfach wegwerfen und nie wieder anrühren würde.
Dass er dies nicht tut, ist als Quintessenz letztendlich nicht eindeutig als Sieg des einen oder anderen Protagonisten zu werten. Vielmehr ist das Ende, in meinen Augen ein "Happy End" auf ganz, ganz hohem Niveau. Der Schüler hat den Meister überzeugen können und einen Auftritt hingelegt, den er ohne die Schikane und die unmenschliche Motivation nie hätte bewältigen können. Dahingegen zeichnet sich im finalen Lächeln auf den Lippen Simmons ab, dass er sich als Triumphator wahrnimmt, denn seine Methoden haben diesen finalen Exzess ja erst ermöglicht.
Fazit: Der Film ist von der ersten bis zur letzten Sekunde ein fesselndes, musikalisches Meisterwerk mit zwei Hauptakteuren, von denen man noch viel erwarten kann und die sich bereits jetzt mit ihren individuellen Darbietungen in "Whiplash" ein filmisches Denkmal gesetzt haben.