Mit "Mord im Orient Express" verfilmt der Brite Kenneth Branagh das wohl berühmteste Buch von Agathe Christi.
Istanbul 1934: Der belgische Meisterdetektiv Hercule Poirot soll in England einen kniffligen Mordfall lösen- dabei will er eigentlich unbedingt sich zurückziehen. Widerwillen nimmt er die Einladung an und steigt in dem luxuriösen Zug "Orient Express" ein. Mit dabei 11 weitere Passagiere, die nicht unterschiedlicher hätten sein können. Nachdem der Zug entgleist, passiert das, was Poirot nicht gebrauchen kann...einen weiteren Mordfall...
Branagh ist ein Multitalent im Filmgeschäft! Ob Regie, Drehbuch oder auch Schauspiel. Er wurde auch bereits in 5 Kategorien für den Oscar nominiert. So verwundert es überhaupt nicht, dass er eine recht große Menge an hochkarätigen Stars zusammen trommeln konnte. Neben ihm als Schnurrbart tragender Perfektionist (isst nur gekochte Eier die exakt gleich groß sind) der voller Stolz behauptet der wohl größte Detektiv der Welt zu sein, sind noch Johnny Depp, Michelle Pfeifer, Judy Dench, William Dafoe und Star Wars Star Daisy Ridley mit von der Partie. Herausgekommen ist ein durchaus interessanter Film, der insbesondere in der Optik überzeugen kann. Anhängiger klassischer Werke werden sich hier sehr freuen solch ein Werk wieder auf der großen Leinwand zu sehen. Auch wenn das Ende und die Auflösung des Mordes völlig überraschend (kenne das original oder die Serien nicht) sind, hat der Film leider erzählerische Schwächen. Dies fängt schon zu Beginn an, als Branagh sich viel zu viel Zeit lässt um die eigentliche Geschichte ins Rollen zu bringen. Denn Poirot muss zunächst einmal einen Streit zwischen 3 Weltreligionen lösen. Fall gelöst, werden nach und nach die einzelnen Passagiere vorgestellt. Hier beginnt auch schon der Knackpunkt der Handlung. Branagh lässt sich für die Vorstellung so wenig Zeit, dass die Aufdeckung des Mordfalles im weiteren Verlauf gar kein Spaß macht. Schließlich bietet er uns so wenig Informationen über die Fahrgäste, dass man sich als neutraler Zuschauer nicht wirklich jemanden ein Motiv attestieren kann. Wenn jemand mal in Frage kommt, dann ist es zu offensichtlich und man hakt es schnell ab. Trotz dessen schafft es Branagh aber auch so geschickt hier und da Fallen für den Zuschauer bereit zu stellen. Auch wenn diese recht dünn ausfallen...Allgemein ist das Tempo recht hoch. Für meinen Geschmack zu hoch. So wird zum Beispiel ein anderer Fall zum Fall dazu gesponnen, und man versteht gar nicht so richtig, wie Poirot eigentlich darauf kommt-
Schauspielerisch kann der Film überzeugen und es macht großen Spaß all diese Namen auf engsten Raum sitzen zu sehen. Dabei werden sie großartig mit der Kamera von außen eingefangen. Als Zuschauer kriegt man so immer wieder das Gefühl ein Bühnenstück zu sehen. Branagh hat mit Abstand die meiste Leinwandzeit. Obwohl seine Figur recht eitel wirkt, macht sie ungeheuer viel Spaß. Mord im Orient Express kann nämlich trotz blutigen Mordfall auch sehr lustig sein- besonders wegen Poirot´s Eigenheiten. Heimlicher Star war für mich Tom Bateman als Leiter des Zuges Bouc. Es war recht amüsant mit anzusehen wie er als Laie den großen Poirot attestiert und dabei hin und wieder völligen Blödsinn von sich gibt. Der Rest kann sich aufgrund der geringen Zeit nicht wirklich profilieren...Wenn, dann freute es mich Depp wieder als Geschäftsmann/Mafiosi ohne all die Schminke zu sehen. Pfeifer spielt wie immer die genervte Zicke. Dafoe als deutscher mit österreichischen Akzent ist ein Genuss. Der Rest ist nicht erwähnenswert...
FAZIT: Wenn man einen Krimi dreht, dann sollte man seine Zuschauer mitnehmen und diese selbst rätseln lassen, wer der Mörder sein könnte. Obwohl Branagh´s Werk sehr unterhaltsam sein kann und viele tolle Schauspieler bietet, schafft er es leider zu keinem Zeitpunkt den Zuschauer mit ins Boot zu holen. Da die einzelnen Passagiere so wenig Zeit bekommen, um sich gebührend zu profilieren, hat man als Zuschauer kaum Möglichkeiten um jemanden zu verdächtigen. Trotz allem war es mir eine Freude einen Film mit klassischen Bildern auf der Leinwand zu sehen. Eine willkommene Abwechslung-