Kapitel 1. „Tarantino und Du – Ihr werdet keine Freunde mehr.“ ........
Ich beginne diese Rezension mit den Worten, die mein Freund mir geschrieben hat, nachdem ich Ihm berichtet habe, dass ich „The Hateful Eight“ geschaut habe und was ich davon halte. Um es gleich vorweg zu nehmen, zu „Django Unchained“ habe ich geschrieben, es wäre der Jar Jar Binks unter den Western….sollte Jar Jar Binks einen ungeliebten, hässlichen, kleinen Bruder haben, dann wäre das wohl „The Hateful Eight“.
Aber immer der Reihe nach, meistens beginne ich damit, den Film technisch zu betrachten, das soll auch so bleiben. ==>
Kapitel 2. „Quentins Paradedisziplin“ .........
Ein wirklich tolles Detail ist die Entscheidung Tarantinos, den Film auch (oder hauptsächlich) im Panavision 70 Format heraus zu bringen, auch wenn das im ersten Moment wirkt als ob er bloß seinen „Personal Assistant“ gängeln möchte, merkt man bei jeder Einstellung das Tarantino sich mit Filmen beschäftigt. Das Format bringt, insbesondere bei den Einstellungen die die Natur einfangen, ordentlich Atmosphäre. Dennoch muss sich Tarantino die Frage gefallen lassen, warum er sich für ein Format entscheidet, dass in genau 4 deutschen Kinos gezeigt werden kann. Aber darauf werden wir wohl die gleiche Antwort bekommen, wie auf die berühmte Frage mit dem Hund und den Testikeln.
Entsprechend dem tollen Format, sind die Kamera-Einstellungen und die Kameraarbeit fantastisch. Tarantinos Kamera-Mann Richardson macht gewohnt tolle Arbeit, die Kamerafahrten bei der der Blickwinkel von der Zwischendecke des Saloons gefilmt wird, sind eine großartige Idee und bringen Abwechslung in die (innerhalb von Minnies Miedewarenladen) beschränkten Möglichkeiten um mit unterschiedlichen Einstellungen glänzen zu können. Zu recht eine Nominierung für den Oscar 2016.
Die Musik von Ennio Morricone ist solide, allerdings hatte Morricone da auch schon gehaltvollere Scores. Ohne wirklich alle Filmmusiken kennen zu können, die da als Nominierte ins Academy-Rennen gehen, ist die Nominierung für Hateful Eight wohl in Ermangelung an bessere Konkurrenz (oder auffälligere) erfolgt.
Der Schnitt, die Ton-Effekte sind handwerklich gewohnt gut, hier merkt man einfach die Akribie die Tarantino antreibt und das kann er einfach gut. Sonstige Effekte sind Mangelware oder ich könnte gut auf Sie verzichten. Daher wäre das hier wohl nicht erwähnenswert. ==>
Kapitel 3. Pulp Screenplay...............
Ich gebe zu, die Vermutung liegt nahe, dass einfach viele Dialoge der deutschen Synchronisation zum Opfer fallen. Allerdings ist der Aufwand den man in Deutschland mit Hollywoodfilmen bezüglich einer Abstimmung der Sprachen treibt, sehr, sehr hoch. Daher möchte ich der „eindeutschung“ nicht alle Schuld daran geben, dass in der Qualität der Dialoge und dem Drehbuch eine unfassbar große Diskrepanz zur handwerklichen Qualität herrscht. Ich habe mich lange nicht mehr für Dialoge so fremdgeschämt bei einem Film. Betrachten wir mal die Einführung eines neuen Protagonisten läuft im Zwiegespräch nach folgendem Muster:
„Leck mich am Arsch, das ist doch…… (hier Namen vom beliebigen Protagonisten einsetzen)“
„WAAAAS, wer ist denn…..(hier Namen vom beliebigen Protagonisten einsetzen)?“
„Wie, Du kennst …..(hier Namen vom beliebigen Protagonisten einsetzen) nicht?“
Gefühlt wird dieses Muster bei 6 der Hateful 8 abgespult, wo wir beim nächsten Punkt wären. Logik. Ich will da auch einfach nicht zu viel auf die Goldwaage legen, aber so ab und an sollte ich meinen Film „querlesen“ lassen. Beginn…Schneesturm verfolgt Kutsche…macht nichts…wir quatschen zunächst mal eine Viertelstunde bis wir uns entschließen, den vertrauenserweckenden Kopfgeldjäger der auf 3 Leichen sitzt bei uns in der Kutsche mitfahren zu lassen….aha…dann heißt der Film „Hateful Eight“…ähm, warum?
Es sind mindestens 10 Protagonisten in „Minnies Unterwäsche-World“, ich will da nicht spoilern, aber zumindest der Kutscher O.B. sollte nicht einfach übergangen werden. Zumal dieser mehr Sprechzeilen hat als Joe Gage(Michael Madsen). Und noch ein katastrophales Beispiel am geschriebenen Wort, das letzte Mal als ich „...da brat mir doch einer nen Storch und die Beine schön knusprig…“ gehört habe, musste ich die gerade gelaufene TKKG Kassette mit dem Filzstift zurückspulen…Insgesamt wartet die Geschichte mit wenig Überraschungen auf. Der finale Twist ist als solcher nicht wirklich zu sehen, da hüpft der Teufel aus der Box(und beim Betrachten des Films wird der Vergleich noch treffender) und liefert damit die „fehlende“ Erklärung. Die zweite Hälfte liefert auch wieder die tarantinoeske, überbordende Gewaltorgie ab, die die Tarantino Fans erwarten und die ich so sehr verabscheue. Sollte es die Absicht sein, dass man bei der Darstellung von weggeschossenen Köpfen eher schmunzelt als sich schockiert den Mund zu zuhalten, ist das wohl eine bedenkliche Entwicklung. Niemand mag Moralapostel, aber hier wird der Anspruch von der Darstellung eingeholt. Das ist einfach nur noch Schrott aus alten Flippern….
Das wahrscheinlich ärgerlichste daran ist, dass man weiß, dass der Regisseur durchaus gute Filme machen könnte, der Monolog von Samuel L. Jackson ist großartig in Szene gesetzt. Der Monologinhalt gelinde gesagt Blödsinn. ==>
Kapitel 4. Ingloriuos Madsen...............
Fassen wir uns zur Darstellerleistung kurz, Jennifer Jason Leigh ist klasse. Zu Recht von Lob überhäuft und auch das Ensemblemitglied, welches sich nachhaltig in die Synapsen brennt. Russel und Jackson sind gewohnt charismatisch, Goggins pendelt zwischen überzeugend und overacting. Tim Roth gewinnt den „Waltz Lookalike Contest“. Bichir, Dern und Tatum sind da und Madsen hab ich auch gesehen. Die Darsteller versuchen alles, dass diplomatisch ausgedrückt beknackte Drehbuch zu retten, aber das will leider nicht wirklich gelingen. Was sich Tarantino mit der Figur Oswaldo Mobray gedacht hat, wird mir wohl ein Rätsel bleiben. Wahrscheinlich sollte dies ursprünglich der englische Cousin von Dr. Schultz sein oder Waltz sollte seinen dritten Oscar für die Darstellung der gleichen Person mit anderen Namen bekommen, allerdings war „nur Tim Roth“ verfügbar. Michael Madsen lässt Tarantino am langen Arm verhungern, die Regieanweisung war wohl „nicht reden, nicht bewegen“. ==>
Kapitel 5. Die Fazit-Situation................
Im Grunde habe ich das Fazit zum Film schon vorweg genommen, wo Django zumindest noch 2 wirklich gute Viertel hatte, versagt dieser Film auf ganzer Ebene. Handwerklich gut, aber leider nicht unterhaltsam oder zumindest interessant…hier beweist sich Tarantino als eine Art glückloser Streber. Streberhaft in seiner filmischen Umsetzung, glücklos in seinem unsäglichen Drehbuch.