Einfallslose Verfilmung einer spannenden Literatur-Legende
Biopics über große Persönlichkeiten der Vergangenheit sind gefragter denn je. Alles schön und gut, aber warum sind diese Filme meistens immer gleich aufgebaut? Das Fromat läuft meistens so ab: Wir sehen die Hauptfigur in ihrer Kindheit, man erlebt ihr Älterwerden, die große Liebe kommt nebenbei dazu, dann großes Drama (Drogenkonsum ist ein Klassiker, aber auch Krieg wird gerne genutzt, so wie hier), Rückschläge und am Ende haben wir ein emotionales Finale, in dem die Hauptfigur ihren Weg findet oder auch stirbt. 95% der Filme dieser Art passen auf dieses Schema und nur wenige könne mit diesem Format auch was Kreatives anfangen (gute Beispiele sind „Rocketman“ oder „Steve Jobs“ von 2011).
Nun haben wir den Film „Tolkien“ über… nun ja, Tolkien. John Ronald Reuel Tolkien (J. R. R. Tolkien) ist sicherlich jedem ein Begriff, selbst denen, die „Der Herr der der Ringe“ nicht gesehen haben. Seine Fantasy-Werke haben das 20. und auch das 21. Jahrhundert geprägt, vor allem durch die ikonischen Verfilmungen von Peter Jackson (wobei ich die drei „Hobbit“-Filme definitiv nicht dazu zähle!). Für die Verfilmung von Tolkiens Geschichte engagierte man den finnischen Regisseur Dome Karukoski, der in meinen Augen ironischerweise wie Viggo Mortensen aussieht (er spielte Aragorn in der „Ringe“-Trilogie von Jackson). Kritiken waren gemischt und nach dem Schauen des Films muss ich auch sagen, dass dies ein sehr typisches und einfallsloses Biopic geworden ist, das sicherlich nicht mal ansatzweise die spannende Persönlichkeit hinter Tolkien trifft.
John Tolkien wächst mit einer Liebe zur Sprache an der King Edward´s School auf und freundet sich dort mit drei Jungs an. Die vier gründen eine Art kreativen Club (fast schon ein Club der toten Dichter) und wachsen zusammen auf. John verliebt sich irgendwann in die hübsche Edith, die die Tochter der Hausherrin ist, bei der Tolkien untergekommen ist. Doch alles ändert sich als er mit seinen Freunden in den ersten Weltkrieg ziehen muss...
Die Voraussetzungen für mich waren wieder perfekt: Ich kenne den Namen Tolkien natürlich, bin ein Riesen-Fan der „Ringe“-Filme und wollte gern mehr über diese doch eher mysteriöse Persönlichkeit erfahren. Und einige interessante Infos kriegt man schon mit, doch leider versumpft dieser Film in einem Meer aus Kitsch und Klischees. Der süße Hollywood-Glitzer ist jederzeit zu spüren, kaum ein Satz wirkt echt und vor allem die Darsteller spielen allesamt im besten Fall ok.
Das sind für mich fast sogar die schlechtesten Filme: Ein Werk, das einfach keinen bleibenden Eindruck, kein Gefühl oder sonst irgendeine Erinnerung zurück lassen. Alles ist so glatt poliert, jede Meinungsverschiedenheit wirkt gekünstelt und jedes Lachen unecht. Das liegt sicher nicht unbedingt an den Darstellern, eher am langweiligen Drehbuch, aber die Schauspieler können trotzdem nichts zeigen. Selbst die Protagonisten Nicholas Hoult und Lily Collins hangeln sich von Szene zu Szene.
Ein weiterer Grund, warum der Film nicht funktioniert, ist das rasante Tempo, in dem die Geschichte davon rast. Richtig kennenlernen tun wir keine der Figuren, mit Ausnahme von Tolkien selbst. Der Film will uns vormachen, dass wir am Ende eine Reise mit vielen spannenden Charakteren erlebt haben, aber das stimmt einfach nicht, dafür bleiben alle zu blass!
Optisch ist der Film ok, auch wenn die surrealen Visionen von Tolkien ebenfalls zu kitschig sind in meinen Augen… Der Soundtrack von Thomas Newman ist nicht schlecht, bedient sich teils auch an Howard Shores legendärer Musik der ersten drei Filme.
Fazit: Ein typisches 0815-Biopic ohne Anspruch, Kreativität oder Gefühl. Da lese ich doch lieber den Wikipedia-Eintrag zu Tolkien in einem Rutsch und das ist absolut ernst gemeint. Für mich Zeitverschwendung...