"Anomalisa" von Charlie Kaufman ist ein schräger, verstörender Film, der einen ganz schön herunterzieht. Trotzdem fand ich ihn irgendwie gut, und ich weiß nicht genau, warum. Die Idee, einen Animationsfilm mit Stop-Motion-Technik für Erwachsene zu machen, finde ich allein schon sehr reizvoll und das Konzept ist definitiv aufgegangen. Die abgehackten Bewegungen der Figuren, die gleichzeitig künstlich und eigentümlich realistisch aussehen, wirken wie ein Verfremdungseffekt, ebenfalls das zunächst gewöhnungsbedürftige Stilmittel, alle Figuren mit Ausnahme der beiden Hauptfiguren vom selben Sprecher synchronisieren zu lassen. Auch hatten alle Nebenfiguren das gleiche Gesicht.
Die verfremdenden Effekte stehen jedoch im Dienst der Geschichte, ergänzen sie um weitere Bedeutungsebenen und verdeutlichen Emotionen der Figuren, die diese selbst nicht auszudrücken vermögen. Das ist künstlerisch virtuos gemacht und ziemlich spannend. Teilweise musste ich an "Birdman" denken, weil die männlichen Hauptfiguren sich vom Charakter her sehr ähnlich sind (egozentrische, in Selbstmitleid versinkende Arschlöcher, die allen anderen die Schuld daran geben, dass sie aus ihren Möglichkeiten nichts gemacht haben, was ihnen gefällt, dabei sind sie selbst es, die ihren Allerwertesten nicht aus dem Quark bekommen, und sich nicht zu wundern brauchen, dass sich ihre liebsten Menschen abwenden, nachdem sie sie respektlos, lieblos, ignorant - kurz: scheiße - behandelt haben). Aber "Birdman" fand ich ja unerträglich anstrengend.
Zum Glück braucht "Anomalisa" nur 80 Minuten und nicht zwei Stunden, um die Geschichte eines Mannes zu erzählen, der letztlich an sich selbst scheitert. Länger hält man diese trostlose Grundstimmung und diesen unausstehlichen Egomanen als Hauptfigur auch nicht aus. Auf dem Filmplakat steht etwas von "der menschlichste Film des Jahres" und da hatte ich offen gestanden einen etwas "netteren" Film erwartet, bei dem man die Figuren lieb gewinnt und das Kino mit einem warmen, kuscheligen Gefühl im Herzen verlässt. Aber da habe ich wohl einen anderen Begriff von "menschlich". Ich nehme an, hiermit ist in diesem Fall gemeint, dass der Film schonungslos menschliche Schwächen in den Mittelpunkt stellt. Und das ist schon sehr frustrierend, ich war hinterher richtig zornig auf dieses miese Charakterschwein Michael Stone. Und das ist wohl die dunkle Seite der Bedeutung von "menschlich".
Fazit: Ein Film, der aufwühlt und einen zum Nachdenken anregt. Kein Film für düstere Tage, aber auf jeden Fall sehenswert.