Spionagethriller mit aktuellem Bezug gehen immer. Im Fernsehen feiern auch nach geheimdienstlichen Enthüllungen á la Edward Snowden Serien wie Homeland große Erfolge. Aber auch die große Leinwand hat in dieser Hinsicht manches zu bieten.
In Survivor hat die Titelheldin Kate Abbot (Milla Jovovich) ein mächtiges Problem: eigentlich ist sie in der amerikanischen Botschaft in London angestellt. Dort scheint es aber Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe von Visa für die Einreise in die USA zu geben. Ihr Chef (Robert Forster) hält sie für paranoid und übernimmt die Sache kurzerhand selbst. Ein ungutes Gefühl bleibt dennoch. Wenig später gibt es einen Anschlag auf das Botschaftspersonal. Kates Kollegen sterben durch die Bombenexplosion und nur sie überlebt zufällig. Dummerweise wird sie genau deswegen verdächtigt, die Drahtzieherin des Attentas zu sein und muss flüchten. Dabei wird sie von einem geheimnisvollen Auftragskiller (Pierce Brosnan) gejagt, der außerdem schon den nächsten Anschlag plant. Der wird jedoch bedeutend größer ausfallen.
Ein actionerprobtes Personal, ein flotter Plot und Referenzen an eifrig geschürte Terrorängste - das könnte was werden. Gerade Ex-James-Bond Pierce Brosnan einmal als fiesen Gegenspieler zu erleben verspricht ein ziemliches Vergnügen. Regisseur James McTeigue hat schon mit V wie Vendetta mindestens einen ziemlich soliden Actionfilm inszeniert und scheint der richtige für diesen Job zu sein. Rein formal stimmt hier auch vieles. Die klaren digitalen Bilder lassen das dauerverregnete London immer noch beeindruckend aussehen. Darüber hinaus geizt man auch nicht mit großzügigen Luftaufnahmen und aufwändigen Actionszenen. Die Jagd des "Uhrmachers" auf Kate ist außerdem ziemlich atemlos, so dass beim Anschauen durchaus Adrenalin freigesetzt werden könnte.
Irgendwie gerät der Film dann aber doch nicht so mitreißend, wie es seine Bestandteile versprechen. Sei es die erstmal recht ruhige Handlung, die sich nach einem actiongeladenen Prolog ausführlich Zeit nimmt, um die Charaktere in ihrem Umfeld darzustellen oder die Leistung der eigentlich doch gar nicht mal so üblen Darsteller. Milla Jovovich hat mit Schießereien und Verfolgungsjagden eigentlich schon seit Luc Bessons SciFi-Oper Das fünfte Element reichlich Erfahrung, kann diese hier allerdings nur begrenzt nutzen. Ihre Rolle ist die einer zufällig in einen Terrorakt verstrickten Scheibtischtäterin, die scheinbar erstmal lernen muss, wie man mit einer Waffe umgeht. Eben jene Unbedarftheit nimmt man ihr, vermutlich aufgrund ihrer bisherigen Actionfilme und der eher sparsamen Mimik, eher selten ab. Selbst wenn sie verängstigt zu sein scheint und in die Ecke getrieben wird, bleibt ihr Gesichtsausdruck zu oft derselbe, von einem variantenreichen Spiel kann da kaum die Rede sein. Pierce Brosnans Charakter macht da schon mehr Spaß, ob mit falschem Schnurrbart oder ohne. Wenn er seine Stirn runzelt, dann rechnet man zwar schon fest damit, dass er sich gleich die Manschettenknöpfe richtet und als "Bond, James Bond" vorstellt, aber wenn man das kurzzeitig ausblenden kann, dann überzeugt er schon wesentlich mehr als die von ihm gejagte Jovovich.
Die Stärken des Films liegen überraschenderweise eher in seinen Nebenrollen. Da wäre zunächst der mittlerweile leider verstorbene Roger Rees, der Serienfans als verschrobener Gelegenheitsschauspieler Alistair aus Elementary bekannt sein dürfte. Ein knarziger Gegenspieler, der auch das Zeug zum Bond-Bösewicht hätte. Außerdem mischt Benno Fürmann als großer Hintermann mit, dessen Rolle zwar eine Randerscheinung bleibt, aber immerhin noch ein für deutsche Zuschauer vertrautes Gesicht mit einbringt. Obwohl Fürmann das Genre bereits mit der eigenwilligen Thriller-Satire Die Einsamkeit des Killers vor dem Schuss ausführlich erkunden durfte, gönnt man ihm hier im Vergleich dazu nur einen eher unspektakulären Auftritt.
Insgesamt ist Survivor damit zwar ein formal solider Actionfilm, den man sich durchaus zum Zeitvertreib ansehen kann, der aber keinen bleibenden Eindruck hinterlässt. Darsteller und Regie haben in anderen Projekten deutlich mehr Potential bewiesen.
Die eben erschienene BluRay-Ausgabe enthält als Bonus noch ein fünfminütiges Promo-MakingOf, sowie diverse Interviews mit Cast und Crew. Das Bild liefert brilliante Farben, die Tonspur einen vielschichtigen Sound ins Heimkino.
Darsteller: Milla Jovovich, Pierce Brosnan, Dylan McDermott, Robert Forster, Angela Bassett, James D'Arcy, Benno Fürmann, Roger Rees uvm.
Regie: James McTeigue
Jahr: 2015
Label: Universum Film
Laufzeit: ca. 93 min (Bonus: ca. 64 min)
FSK: ab 16 Jahren