Vielversprechendes Skript, Regieführung einer oscarnominierten Hand, „DIE“ Schauspieler des (vergangenen) Jahres unter Vertrag….das Wörtchen „Erwartungshaltung“, es ist ein Fluch. Wenn die Sektkorken bei den Produzenten schon knallen, nur weil einer mal das Wort „Oscar“ in den Mund genommen hat. Alles zu viel für einen Film der mit purem Unterhaltungswillen ausgestattet ist, sowohl in seinen besten wie auch schlechtesten Momenten. Morten Tyldum’s „Passengers“ ist der kühne Versuch wieder mit Filmgenres zu jonglieren und ein Beweis unter vielen, dass das nicht wirklich reibungsfrei abläuft.
Der Frage „Klappt eine Romanze im Weltraum?“ fehlt ganz unironisch die Erdung. Oder das ganz große pathetische Drama von seinem offensichtlichen Vorbild „Titanic“, schließlich dauert der Film so ungefähr zwei Minuten ehe das mit einem Asteroidenfeld kollidierende Raumschiff Avalon einen ersten Vergleich mit dem berühmten Passagierschiff bemüht. Viel weniger als man meinen könnte, ist die dahinzuckende Love-Story ein Problem von Buch und Regie. Inmitten der stylischen aber sterilen Umgebung versuchen die Schauspieler Chris Pratt und Jennifer Lawrence immerhin ihr Bestes, um Gefühl über die Leinwand hinweg fließen zu lassen. Mit all seinen Mätzchen und Innovationen bietet die Avalon viel, um seinen beiden Protagonisten eine gute Szenerie anzubieten. Doch ist das nicht gerade zuviel?
Um wieder den Vergleich zu bemühen, „Titanic“ war ein am existenzialistischer Kampf, der nicht zu gewinnen war. Von einem armen Schlucker, der tatsächlich nahezu nichts hatte und sich in der Liebe zu einer Anderen wahrlich aufgab. Der Traum im Albtraum, shakespearsche Dramatik zum Schluss, die nicht aufzuhalten war. Das ganz große Augenrollen bei kalten Realisten. Trotz des Märchenhaften, aber das Gefühl von etwas Echtem. Dem Film dafür 11 Oscars zu geben – geschenkt. Kann man drüber reden.
All das sind Hürden, die die „Passengers“ nicht bewältigen können. Der Touch des Magischen in einer künstlichen Umgebung ist schwer – zugegeben – überraschenderweise aber gelingt er Tyldum in der ersten Hälfte schon. Der Verdacht, etwas Verbotenes getan zu haben, einen kleinen Verrat, tja tatsächlich eine Prise Shakespeare bei Jim’s (Pratt) Aufweckmanöver. Das Realisieren des Endgültigen. Und das Finden eines Neuanfangs in einem Anderen. Gefühlvoll, mit der ein oder anderen altklugen Phrase, aber das passt. Sie steht hier stellvertretend für den Pathos, den „Passengers“ erfreulicherweise trotz des wahrhaft staatstragenden Themas „Zukunft der Menschheit“ jederzeit negiert. Garniert mit optischen Highlights, einem nebendarstellerischen Highlight (Michael Sheen’s Android ist großartig) und einfachen, aber interessanten und nuanciert spielenden Charakteren.
Trotzdem lassen sich Jim’s Sympathien nicht jackisieren (Titanic Wortspiel). Dem Zuschauer fällt es schwer in Anbetracht der staunenswerten Dinge auf der Avalon, Jim zu bedauern, zuletzt dann auf jeden Fall als er die gut betuchte, aber schon von Start an hintergangene Aurora (Lawrence) aufweckt. Das ist nicht romantisch, das ist falsch, selbst bei Dackelblick. Theoretisch aber interessant. Als Mann bleibt man hier eher wach.
Charakterliche Mehrdimenisonalitäten aufzubauen, wäre allerdings unabdingbar gewesen, wenn Tyldum dann in seiner zweiten Filmhälfte Thriller und Action in die wackelige Sci-Fi-Romanze reinwirft. Zumal das wenig funktioniert. Thrillend ist hier wenig, von kaputten Generatoren über einfliegende Splitter, die die Helden verletzen bis hin zu Nahtoderfahrungen, „Passengers“ lässt wohl nur das, Achtung einziger Spoiler,
„Es war der Roboter“ – Klischee außen vor
. Und danach ist auch die Romantik nur noch graue Theorie. Erst im Hinnehmen des Unausweichlichen fand auch „Titanic“ seinen finalen emotionalen Impact. In „Passengers“ schlägt das oft gescholtene amerikanische Saubermann – Image wieder zu und dem Film auch das Standbein weg.
Fazit: Szenerie, Opferbereitschaft, Hybridgenre – all das sind Gründe, warum die Sci-Fi-Romanze „Passengers“ dann eben doch nicht das nächste taschentuchzückende Drama mit Klassikergarantie wird. Ansonsten aber vor allem in der ersten Hälfte einfach wunderschön gespielt und anzusehen ist. Mit seinem Staunen und Leiden, also durch und durch ein Blockbuster. „Weniger wäre mehr gewesen“ – ein Phrase, zugegeben, aber zu dem Film hätte sie gepasst.