An den Film Everest bin ich mit einer sehr hohen Erwartungshaltung herangegangen. Die Trailer sahen vielversprechend und spannend aus und die Starbesetzung mit Jason Clarke, Josh Brolin, Robin Wright, Jake Gyllenhaal und vielen mehr las sich wie die die Nominierungen der Oscars. Somit erhoffte ich mir ein nervenaufreibendes Katastrophendrama, abseits der Mainstream-Katastrophenfilme, wie The Day After Tomorrow oder zuletzt San Andreas, und interessante, vielschichtige Charaktere. Zumindest in dem Punkt, dass es kein dummes Action-Spektakel à la Roland Emmerich werden würde, lag ich richtig.
Zuerst aber zur Handlung: Everest basiert auf den wahren Ereignissen des Mount Everest Unglücks im Jahre 1996. Zu dieser Zeit, war der Everest ein beliebtes Reiseziel von Bergsteigern aus aller Welt. Er war eine Touristenattraktion, bei der die Leute Massenweise den Gipfel erklimmen wollten. Im Mittelpunkt der Erzählung steht der Expeditionsführer Rob Hall (Jason Clarke), der seine teuer zahlenden Kunden (u.a. Josh Brolin, John Hawkes, Michael Kelly) auch dieses Jahr wieder auf den Mount Everest bringen will. Dass das leichter gesagt als getan ist, wird dem Zuschauer schon von Anfang an klar. Und als dann außerdem noch ein heftiges Unwetter aufzieht wird der ohnehin schon lebensgefährliche Aufstieg zum Kampf ums nackte Überleben.
Wenn man die erste Aufnahme des Mount Everest sieht muss man schon staunen. Wie eine unbezwingbare Festung thront er dort. Auch im Rest des Films bekommt man das immer wieder zu spüren. Er ist wie eine unbezwingbare Naturgewalt, die nach ihren eigenen Regeln spielt und der man sich anpassen muss, um zu überleben. Der Film schafft es, dem Zuschauer zu vermitteln, was für eine Herausforderung es ist, diese Bestie zu besteigen. Wenn die Gruppe in einen Sturm kommt, dann fühlt sich dieser auch wie einer an. Wenn sie zitternd vor Kälte in ihren Zelten liegen, dann kann man die Kälte beinahe selber spüren. Die brutalen Bedingungen, die da oben herrschen, fängt der Film gekonnt ein.
Doch vergeht bis zu diesen Momenten eine gefühlte Ewigkeit, in der inhaltlich so gut wie gar nichts passiert. Die Charaktere werden kurz eingeführt, jedoch ohne dabei wirklich viele Hintergrundinformationen über sie preiszugeben. Wenn dann der Journalist Krakauer (Michael Kelly) seine Gefährten fragt, warum sie das eigentlich tun, was ihre Motivation ist, dann gibt nur eine einzige Person eine wirklich befriedigende Antwort. Der Rest bleibt blass. Und das ändert sich im Laufe des Filmes auch nicht mehr. Man sieht nur in kurzen Szenen die Frauen von Rob Hall und Beck Weathers (Josh Brolin). So viel Hintergrundgeschichte bot aber sogar schon The Raid. Na gut, dann wird doch hoffentlich das große Finale spannend, denkt man. Doch auch dieses bleibt weit hinter den Erwartungen zurück. Nachdem einem die Figuren nicht allzu sehr am Herzen liegen, fehlt auch das Zittern um ihr Überleben. Noch dazu sterben einige sogar so unspektakulär, dass man zum Ende des Films ihren Tod schon wieder vergessen hat. Wenn über den Tod eines Charakters in diesem Film mehr als zwei Sätze gewechselt werden, muss das schon ein sehr wichtiger gewesen sein. Dem Film fehlt einfach die nötige Spannung, um mit den Figuren wirklich mitfiebern zu können.
Deshalb verlässt man den Film am Ende mit einem unbefriedigenden Gefühl, der leider viel Potenzial verschenkt hat. Darüber können leider auch nicht die beeindruckenden Aufnahmen des Berges hinwegtäuschen, die die dort herrschenden Bedingungen gekonnt rüberbringen. Denn so gefährlich der Berg wirken mag, wenn den Zuschauer das Überleben der Figuren nicht kümmert, dann fehlt letztendlich eben auch die Spannung. Somit bleibt Everest ein Film mit guten inszenatorischen Ansätzen, dem es jedoch an Tiefe fehlt.