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schonwer
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4,0
Veröffentlicht am 24. März 2017
"Chocolat" lebt von den starken Leistungen von Omar Sy und James Thiérrée. Der Film ist toll ausgestattet, hat tolle Kulissen, eine schöne Atmosphäre, dazu ist er rührend und mitreißend. Die Charaktere haben Tiefe und Chocolats Charakterentwicklung ist richtig gut erzählt.
Den Zirkus auf die Leinwand zu bringen ist nicht einfach. Doch Roschdy Zem wirft den Zuschauer ohne große Romantik mitten in den Alltag einer Zirkustruppe um die Jahrhundertwende, wo es eben nicht nur gemütlich und schillernd bunt zugeht. Auch talentierte Künstler müssen leben und sind auf die Gnade des Direktors angewiesen, weshalb es umso berührender ist, welche verzweifelte Energie Footit bei seiner ersten Clownsnummer an den Tag legt. Als er jedoch mit Raphael alias Chocolat zu arbeiten beginnt, entwickelt sich eine einzigartige Dynamik zwischen den beiden Charakteren, die Zirkusneuling Omar Sy mit bewundernswerter Professionalität zu verkörpern versteht.
Der Titel deutet an, dass auch die zweifelhafte Moral der bürgerlichen Gesellschaft zu dieser Zeit im Mittelpunkt steht. Die stilvollen Bilder von Paris können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die feinen Damen und Herren zwar mit größtem Vergnügen über den "dummen August" lachen, ihn deshalb aber noch lange nicht als gleichwertigen Menschen akzeptieren. Seine Spiel- und Alkoholsucht hat sich Chocolat zwar selbst zuzuschreiben, doch sein mit Pauken und Trompeten scheiterndes Theaterdebüt spricht eine klare Sprache. Eine ernste Rolle ist nach Meinung der Mehrheit einfach zu gut für einen Neger, selbst wenn es sich dabei um den farbigen Othello aus Shakespeares gleichnamigen Stück handelt.
Ob Zem damit Stellung zum Rassismus in der heutigen Welt bezieht ist nicht klar abzusehen. Laut Making Of faszinierte ihn vor allem das vergessene Schicksal des Clowns, das er mit einigen Längen in der zweiten Hälfte des Films mit Bravour auf die Leinwand gezaubert hat. Nie gerät die Handlung zu übertrieben albern oder zu ernst, sondern ähnlich wie die Figur des Clowns im Zirkus beinhaltet sie mindestens genauso viel Komik wie Tragik. Ganz ohne Liebesgeschichte ging es natürlich nicht, aber das kann man verschmerzen.
In jedem Fall ist "Monsieur Chocolat" ein großartiges Stück Kino mit toll inszenierten Zirkusnummern und zwei hervorragenden Hauptdarstellern, das sich kein Freund gut gemachter Dramen entgehen lassen sollte.
„Monsieur Chocolat“ ist witzig, bezaubernd, schön anzusehen, sehr traurig und atmet den Geist der damaligen Zeit. Er ist aber auch eine Geschichte über Freundschaft, die unter den Vorurteilen der Epoche zu leiden hat. Getragen von zwei tollen Hauptdarstellern entsteht ein ebenso leicht verdaulicher wie relevanter Film.