Nach „Cosmopolis“ wurde dem kanadischen Regisseur David Cronenberg wieder ein starkes Ensemble an die Hand gegeben, um „Maps to he Stars“ zu verwirklichen.
Agatha Weiss (Mia Wasikowska) kommt nach langjähriger Behandlung ihrer Pyromanie und von ihren Taten entstellt wieder nach Los Angeles. Ihr Bruder Benjie (Evan Bird), mittlerweile ein Kinderfilmstar und von Mutter Christina (Olivia Williams) umsorgt, ist den Flammen entkommen. Stattdessen hat er nun mit 13 schon heftige Drogenprobleme, Visionen und beginnende Konkurrenzangst. Agatha nähert sich ihrer Familie zunächst nicht, freundet sich mit Jerome Fontana (Robert Pattinson) an, der als Schauspieler und Drehbuchautor erfolglos ist und sein Geld als Chauffeur verdient. Über Carrie Fisher (Carrie Fisher) erhält Agatha einen Job als Haushälterin bei der Schauspielerin Havana Segrand (Julianne Moore). Diese hat psychische Probleme, neidet ihrer einst berühmten Mutter (Sarah Gadon) nach und hat Agathas Vater Stafford (John Cusack) als Therapeuten engagiert.
David Cronenberg ist bekannt für außergewöhnliche Filme mit Härte. Im Moment ist der Regisseur mit 43er Jahrgang anscheinend auf einem Entlarvungs- und Satiretrip: „Cosmopolis“ (ebenfalls mit Robert Pattinson und Sarah Gadon) ist satirisch und zeigt einen psychisch außer Kontrolle geratenden Börsenspekulanten. Nun hat der Kanadier die Hollywood-Szene aufs Korn genommen. Er stellt einen kleinen Personenkreis vor, den der Zuschauer am besten nicht kennenlernen möchte. Leute zum Nichtanschauen. Wie gut, dass sie sich hinter hohen Hecken verschanzen. Um diese Abneigung zu erzeugen, nimmt sich Cronenberg etwas über Gebühr Zeit mit teilweise mehr als belanglosen Dialogen und macht es dem Publikum nicht leicht. Doch dies ist für die Charakterisierung absolut notwendig. Nur so kann der Plot geführt werden. Und nur auf diese Weise versteht der Zuschauer, warum die eindringende Agatha und Benjie das Nochgleichgewicht der Verhältnisse außer Balance bringen. Kopfschütteln mit geringem Schmunzeln ist in den Reihen zu beobachten. Die Medien berichten über Entgleisungen z.B. von Charlie Sheen, Mel Gibson und Nick Nolte und zeigen, dass die Wirklichkeit mit „Maps to the Stars“ nicht in die weite Ferne transportiert wurde, auch wenn die Regel sicherlich oder hoffentlich eine andere sein wird. Zum Gelingen dieses Filmprojekts trägt vor allem bei, dass die fein dosierten Überzeichnungen das Niveau halten und nie Unglaubwürdigkeit generieren.
Dazu bekam der Kultregisseur meisterliche Schauspielerleistungen geboten, allen voran Julianne Moore mit grenzenloser Überzeugungskraft für Havanas Geltungssucht. Die US-Amerikanerin wurde für diese Rolle als beste Hauptdarstellerin in Cannes ausgezeichnet. Einen Oscar wird sie vielleicht nicht bekommen, denn viele US-amerikanische Kritiker haben den dargebotenen Blick hinter die Mauern von Beverly Hills und Hollywood offensichtlich gar nicht gerne. Wir werden bald sehen, was das dortige Publikum davon hält, denn in den USA wird der Film ab dem 27.09.2014 gezeigt.
Die Australierin Mia Wasikowska („Spuren“) verkörpert den Wahnsinn von Agatha. Anders als die Kanadierin Sarah Gadon („Cosmopolis“, „Enemy“), die besonders in Nahaufnahmen beeindruckt, hat Wasikowska in jeder Kameraeinstellung eine starke Präsenz. Ihr vielseitiges Mienenspiel macht Agatha zu einer neugierigen, harmoniesüchtigen und leidenden Verrückten.
Die schrägste Gestalt dieser Geschichte ist jedoch Benjie. Arroganz treibt den psychisch angeschlagenen Jungstar, der unter anderem die Begegnung mit einem kranken Kind nicht verwinden kann, zum Äußersten. Und Cronenberg hat mit Evan Bird den richtigen Burschen hierfür gefunden. Mit der Zusammenkunft der Geschwister Agatha und Benjie gelingt das skurrile Finale des Films.
Nur bei Zuspitzungen wird die dramatisierende Musik von Howard Shore eingesetzt, der sein Handwerk versteht, häufig von Cronenberg engagiert wurde und mit ellenlanger Filmografie auch für Scorsese und Fincher den Score geliefert hat. Diese Zuspitzungen sind heftig und eindringlich, weil sie eben hervorragend vorbereitet wurden und deswegen dem Film zu Recht eine Einstufung mit FSK 16 beschert haben.
David Cronenberg liefert einen fies persiflierten Blick auf eine abstoßende „Hollywood-Familie“, der Geduld erfordert und den Zuschauer mit Intensität belohnt.