Ohne Spoiler kurz zusammengefasst:
Guter Film, aber kein Bond.
Ein schick aussehender Streifen mit einer undurchdachten und enttäuschenden Story. Dazu ein sichtlich gealterter und emotional bis weinerlicher Bond mit gebrochenem Herzen, der weibliche Konkurrenz bekommt. Erinnerte teilweise eher an einen 08/15 Actionfilm mit Familiendrama und Liebestragödie. Der Film versucht gezwungen mit der Zeit zu gehen und opfert dafür zu viel von dem, was Bond ausmacht.
AB HIER SPOILER
Was ich da gesehen habe, hatte so gut wie nichts mehr mit Bond zu tun. Der Film beginnt (nach einem gelungenen Intro mit Madeleine als Kind) mit einem verliebten und zärtlichen Bond. So weit so gut. Dann der Anschlag auf Bond inklusive (gelungener) Verfolgungsjagd, die man ja schon aus dem Trailer kannte. Blofeld meldet sich, Bond erkennt dass Madeleine ihn verraten hat. Bond bricht das Herz. Dann der feuchte Abschied, Bond trennt sich am Boden zerstört und völlig geknickt von Madeleine. Für meinen Geschmack schon hier zu Beginn des Films viel zu viel Herzschmerz, ein viel zu verletzter Bond und viel zu viel Liebesdrama. Man geht nicht ins Kino um einen verletzten Bond mit gebrochenem Herzen zu sehen. Bond ist cool, Bond ist lässig, Bond ist der Typ, den man beneidet und nicht dieses emotionale Wrack, dass man im Film zu sehen bekommt. Vermutlich funktionieren auch deshalb die "Bond-Sprüche" in diesem Film überhaupt nicht. Spätestens beim "Bond, James Bond" dachte ich, der Typ kippt ja gleich um vor Lethargie. Bond schien regelrecht bemitleidenswert. Weiter im Plot... Dann die Einführung der neuen 007, die gleich ihr Revier markiert und Bond zu verstehen gibt, dass er ausgedient hat. Spectre bricht im SWAT-Stil in ein Labor ein, klaut eine Biowaffe und entführt einen Wissenschaftler. Bond spürt ihn mit Hilfe von Felix Leiter auf, Blofeld versucht Bond zu töten, Bond rettet den Wissenschaftler, alle Spectremitglieder sterben, Leiter wird von einem Kollegen verraten und stirbt, Bond entkommt.
Auch hier... Spectre wurde über mehrere Filme mystisch aufgebaut und ist DIE Verbrecherorganisation. Jetzt sterben plötzlich alle auf einmal, nichtmal durch Bond, sondern durch einen korrupten Wissenschaftler, der zufällig die Gelegenheit hat und dann den Plan der noch mächtigeren Verbrecherorganisation umsetzen kann, für die er arbeitet? Und warum musste der überhaupt diesen USB-Stick verschlucken?
Weiter im Text... Der Killer aus der Intro-Szene taucht bei Madeleine auf und nötigt sie mit ihrer Liebe zu Bond dazu, Blofeld mit den Naniten zu töten, da sie als einzige Zugang zu ihm hat. Bond ist aber dann doch dabei, plötzlich bringt sie es nicht übers Herz, flüchtet und Bond tötet Blofeld versehentlich. Dieser verrät vorher Bond dass Madeleine "alle Geheimnisse kennt" und ihn nie verraten hat, Bond ist von jetzt auf gleich wieder über alle Maße verschossen und das wars mit der Blofeld-Story. Hä? Q stellt in diesem Film keine neuen Geräte vor. Dafür erfährt man dass er ein Date mit einem Mann hat. Die Szene wirkte allerdings so, als wollten die Macher auf Teufel komm raus irgendwie diese an sich völlig irrelevante Information einbauen. Bond und Madeleine versöhnen sich, wieder etwas Familienromantik, dann diese eigenartige Verfolgungsjagd mit Rangerovern im Wald, die irgendwie gar nicht passt und der Typ, der Leiter und Bond verraten hat stirbt. Was es mit dem jetzt genau auf sich hatte bleibt auch ein Rätsel, er bringt zwar Felix Leiter um, aber scheint nur ein unwichtiger Nebencharakter zu sein. Ärgerlich. Man hätte sich z.B. Szenen wie die, in der Bond seiner Tochter Frühstück macht, sparen können, um da einen interessanten Nebenstrang zu spinnen. Die Macher legten aber wohl besonders viel Wert darauf, Szenen einzubauen, die besser in den zeitgeschichtlichen Stil passen. So wundert es auch nicht, dass Bond (Geheimagent - Profischütze) in einer Verfolgungsjagd teilweise seine (als Psychotherapeutin arbeitende) Freundin mit der Pistole die Angreifer abwehren lässt, um selbst das kleine Mädchen im Arm zu halten. Dann das Finale auf der Insel. Mit dem Segelflug-Uboot bekommen wir hier zumindest etwas Technik geboten, allerdings hatte das auch eher was von Mission Impossible als von Bond. Mit besonders kreativen, witzigen und eleganten Geheimgadgets war da jedenfalls nichts. Die Uhr, die auf wundersame weise das Sicherheitssystem und den künstlichen Augapfel zerstört, aber nicht Bonds Funkgerät, lasse ich jetzt mal weg. Der Bösewicht, der, wie sich herausstellt, einfach aus Rache handelt und über den Tod seiner Familie wahnsinnig geworden ist, quält die Familie Bond noch etwas indem er die Tochter entführt und Bond um ihr Leben betteln lässt. Der nervlich völlig labile Bond schafft es schlussendlich aber mit viel Glück und der Hilfe von Naomi, der neuen 007 Agentin, in John Wick Manier die gesamte Gefolgschaft und den Bösewicht zu töten, muss aber am Ende auf der Insel zurückbleiben, die, um die Naniten zu zerstören, mit Raketen beschossen wird. Bond stirbt. BOND STIRBT!!
Auch das minutenlange Abschiedszeremoniell, das man in jedem Standard Actiontreifen sieht hat mich ziemlich gestört. Ein Bond der, wieder weinerlich, seiner Freundin in den letzten Sekunden sagt, wie sehr er sie liebt und eine, natürlich auch wieder weinende Madeleine. Dann noch diese völlig verkorkste Schlussszene - "er war Bond, James Bond". Aber BOND TOT?! Das war leider schon zu dem Zeitpunkt, als er erfuhr, dass er die Naniten in sich hat, abzusehen,. Von da an dachte ich nur noch "nein, das macht ihr jetzt nicht oder? Das kann nicht wahr sein".
Mal abgesehen von den ganzen Ungereimtheiten, den unnötigen Charakteren, (wie der neuen 007, die vermutlich in diesem Film eingeführt werden sollte), der im ganzen nicht überzeugenden Story und dem Fehlen von wichtigen Bond Elementen hat diese Film eine Figur gezeichnet, die sich so weit von James Bond entfernt hat, dass dieser Film in meinen Augen einfach nur ein trauriges und unwürdiges Ende einer legendären Filmgeschichte darstellt. Die Macher haben versucht, so viele Elemente des modernen Zeitgeistes zu bedienen, dass neben dem schwachen Plot überhaupt kein Bond-Gefühl aufkam. Gerade der Versuch, Bond als einen verletzlichen und leidenden Menschen wie jeden anderen darzustellen, ist gründlich schiefgegangen. Bond lebt davon, dass er eben nicht dieser trauernde Haufen Elend ist, der sich mit vom weinen roten Augen von einer Familientragödie in die nächste stürzt und zwischendurch mal kurz mit ein wenig Standard-Schießerein eine weltweit agierende und selbst Spectre überlegene Verbrecherorganisation lahmlegt. Auch die Einführung der neuen 007, die ihn wohl jetzt ersetzen soll, funktioniert nicht. Ihrer Rolle kommt im Grunde gar keine Bedeutung zu. Sie zeigt zwischendurch fast anklagend auf Bond, den aus der Zeit gefallenen alten Mann, dessen ehemalige Aufgaben sie jetzt übernimmt und trägt, abgesehen von ein paar Stichelein gegen Bond und ein paar Toten Inselwachen aber nichts zur Geschichte bei. Das sorgt auch dafür dass keinerlei Sympathie zu dieser Rolle aufgebaut wird. Insbesondere da Bond nun tot ist und man sich im Falle einer Fortsetzung auf sie in der Hauptrolle einstellen kann, vergeht da sehr die Lust auf zukünftige Bond Filme (Wenn sie dann überhaupt noch so heißen). Ich war, als absoluter Bond-Fan, nach dem Film emotional dann doch recht aufgewühlt und enttäuscht bis fast ein bisschen wütend darüber, dass man den Millionen Menschen, die diese Figur begeistert und die sie weiterhin sehen wollten, ein so unwürdiges Ende präsentiert hat. Für meinen Teil hat mir dieser Film Bond ein wenig kaputt gemacht.