Das war er also, der letzte Bond mit dem wohl polarisierensten Bond-Darsteller aller Zeiten. Daniel Craig bekommt in „Keine Zeit zu sterben“ einen für seine Verkörperung der Figur des James Bond annähernd rühmlichen Abgang.
Bond wird zum klassischen Helden, der sich und sein Leben opfert, um die Menschen, die er liebt und endlich lieben darf, zu retten und nebenbei den großen Masterplan eines weiteren Bondbösewichts vereiteln. Bond bezahlt den ultimativen Preis, in einem Setting, das gerade dafür gemacht ist.
Und hier liegt schon das erste Problem des Films: Das Setting. Der Film, der in einer anfänglich ruhigen Umgebung und Kulisse startet, wird zunehmend gewollt größer, unpersönlicher und leider manchmal schlicht plump. Nutzte man in Skyfall noch die genau entgegengesetzte Struktur, die als einer der Schlüsselfaktoren und dessen Erfolg zu nennen ist, so ist die Umsetzung hier leider deutlich schwächer. Und die Schuld hierfür muss leider dem schwachen Drehbuch gegeben werden. Auch wenn Rami Malek hier eine tolle Leistung abliefert, bleibt Lyutsifer leider immer etwas farblos. Es reicht heutzutage für einen bond-typischen Bösewicht, der nun mal meist etwas sehr Großes plant, das meist sehr viel Einfluss auf viele Menschen hat, nicht mehr, dass er in einer Robe gekleidet mit ruhiger Stimme seinem Widersacher erklärt, was für einen ach so einflussreichen Plan er ausheckt. Auch nicht, wenn man durch gezielte Wutausbrüche versucht, einen bipolaren Charakter darzustellen. Dies funktioniert leider nicht, wie das die Autoren sich wohl gewünscht hätten. Es wirkt alles zu sehr aufgesetzt, zu sehr konstruiert und zu gewollt groß, so dass sich eine wirklich spannende Geschichte nie so richtig entfalten kann.
Bonds persönliche und emotionale Involvierung hebt hier die Geschichte und besonders die Auflösung auf eine ganz neue Ebene, die aber auch dringend benötigt wird, um den Zuschauer hier emotional zu binden. Ein Geheimagent, der aus der Rente geholt wird und dessen Familie Teil der Mission ist, ist zwar im Prinzip nichts Neues, wird hier aber gut umgesetzt. Gerade zum Ende hin, wenn Bond derjenige ist, der zwar den Showdown gewinnt, jedoch auch dadurch verliert, dass er infiziert ist und somit seine Frau und seine Tochter nie mehr berühren kann, wird der gesamte Bogen perfekt zum Ende gespannt. Bond wird zum Märtyrer-Helden, der die Welt rettet, aber sich selbst nicht retten kann.
Schauspielerisch wird hier wieder auf einem gewohnt hohen Niveau agiert. Daniel Craig nimmt man den etwas alternden und kurz vor der Rente stehenden Bond perfekt, vielleicht auch gerade es Craig letzter Bond ist, vor allem aber, weil man diesem Bond die menschlichen Schwächen ansieht und sein Kampf oft auch mit sich selbst austragen muss. Ralph Fiennes und Christoph Waltz sind gewohnt hervorragend, Rami Malek spielt sich gekonnt in Szene, bleibt aber in der ein oder anderen Szene auch manchmal blass. Dies ist jedoch eher der Figur des Lyutsifer zuzuschreiben, die deutlich mehr Tiefe gebraucht hätte, um einer der besseren Bond-Bösewichte zu werden. Lediglich Lea Seydoux will in ihrer Rolle der Madeleine Swann leider so gar nicht zünden und bleibt leider größtenteils blass. Auch wenn sie die ein oder andere gute Szene hat, reicht das leider nicht, um den Zuschauer an sie zu binden.
Zuletzt ist natürlich der „elephant in the room“ die Wachablösung bzw. der/die neue 007. Lashana Lynch überzeugt mich hier noch nicht wirklich, liegt aber wohl auch daran, dass die neue 007 hier nicht als eigenständiger Agent handelt, sondern immer nur als vom MI6 eingeflochtene Bedrohung für Bond steht, die dann in die Handlung gedrückt wird, wenn es passt. Natürlich ist allen klar: Dies wird die neue 007. Es muss nicht immer mit dem Holzhammer darauf hingewiesen wird. Die Zukunft wird zeigen, ob eine weibliche Bond funktioniert. Ich bin da noch skeptisch, lasse mich aber natürlich gern eines besseren belehren.
Fazit: Daniel Craig bekommt einen würdigen Abgang, es wird noch einmal alles aufgefahren, was ihn als Bond ausmacht. Die Story ist dabei gewohnt groß gewollt, hätte es oft nicht gebraucht. Der Übergang in eine neue Ära wird sich beweisen müssen. Aber es bleibt großes Bombast-Kino mit leicht anderen Stil als zuvor.
Kann man gut sehen, wenn man Craig-Fan ist. An der Geschichte selbst verpasst man nicht viel, wenn man ihn nicht gesehen hat.