The Batman verabschiedet sich endgültig von dem typischen Superhelden-Ambiente , welches den dunklen Beschützer von Gotham City im Laufe der Jahre stets weniger aber immer noch im Ansatz umgeben hat.
Nie war Gotham City schmutziger, nie waren die Verbrecher gewalttätiger, nie war der Held zerrissener als in diesem neuen Anlauf der Franchise.
The Batman ist nicht mit irgendwelchen Superkräften und futuristischer Supertechnik ausgestattet. Er ist einfach nur ein durchtrainierter mit körperlichen und seelischen Narben übersäter zerrissener Mensch, der maskiert durch die Nacht von Gotham streift, um allen Bösewichten das Handwerk zu legen, die er zu fassen bekommt. Meistens sind es zunächst aber nur irgendwelche Schläger, Zerstörer und Räuber, denen er mit überaus großer Brutalität zu Leibe rückt. Man merkt in jeder Sekunde, dass der maskierte Rächer zwar auf der Seite der Hilflosen steht, aber nicht nur von edlen Motiven sondern von dem Wunsch nach brutaler Vergeltung angetrieben wird. Sein abgrundtiefer Hass auf irgendwelche Schurken, die den Schwächeren Unrecht tun, sind seine einzige Rechtfertigung für seinen Feldzug. Aber das ändert sich, als er an die wirklich großen Fische der Unterwelt gerät und schließlich auch mit seinem eigenen Schicksal konfrontiert wird.
Bruce Wayne wird von Robert Pattinson verkörpert. Und er macht seine Sache unglaublich gut. Ähnlich wie Joaquin Phoenix als Joker gibt er als The Batman einer weltbekannten Comic-Figur eine nahezu dämonische Tiefe, die man bisher so nicht kannte. Der ständig übermüdete, lichtscheue, zutiefst verletzte und von gnadenlosen Rachegelüsten getriebene Millardärssohn brutal ermordeter Eltern, die er fast schon als religiöse Ikonen ohne Makel verehrt, bekommt durch Pattinson ein Gesicht, wie wir es bisher so nicht kannten.
Das abgrundtief Böse nimmt Gestalt an in der Figur des Riddler, den wir bereits aus mindestens einer vorherigen Batman-Verfilmung kennen. Aber mit dem lustigen und listigen Bösewicht in Strumpfhosen, den uns Jim Carrey in dieser Rolle vor etlichen Jahren vorstellte, hat dieser Riddler so gar nichts zu tun. Paul Dano gibt den Riddler als einen bitterbösen Psychopathen, der wie einst Jigsaw in Saw völlig losgelöst von menschlichen Gefühlen den Menschen, die er für sein verkorkstes Leben verantwortlich macht, einen gnadenlosen und schrecklichen Tod beschert.
Beide Protagonisten, The Batman auf der einen, Riddler auf der anderen Seite, sind zutiefst verletzte Menschen, die gnadenlos gegen ihre Dämonen kämpfen. Es sind nur Nuancen, die den Unterschied zwischen Gut und Böse ausmachen. Beide wähnen sich aus ihrer ganz persönlichen Sicht im Recht, mit gnadenloser Brutalität das zu tun, was sie tun. Nie waren Gut und Böse bei näherer Betrachtung so schwer auszumachen wie in The Batman.
Weitere zentrale Rollen in der Verfilmung nehmen Der Pinguin (Colin Farrell bis zur Unkenntlichkeit durch die Maskenbildner verändert) und Unterwelt-Boss Carmine Falcone (John Turturro) ein. Beide Figuren, die in Gothams Unterwelt die Fäden ziehen, geraten durch die Ereignisse, die der Riddler anzettelt, immer mehr ins ungeliebte Rampenlicht. Durch Konspiration, Lug, Trug und Mord haben sie ein Untergrund-Imperium aufgebaut, an dem die ganze Stadt zu ersticken droht. Der Riddler scheint über sie und alle ihre Helfershelfer und ihre Missetaten Bescheid zu wissen und bringt sie mehr und mehr in Bedrängnis. Sind sie auch die Drahtzieher, die für den Tod von Bruce Waynes Eltern verantwortlich zeichnen? Waren die Waynes am Ende doch gar nicht die makellosen Ikonen, die Bruce gerne aus ihnen macht, um seine Taten zu rechtfertigen? Die beiden finsteren Gesellen geraten immer mehr in den Focus der Ermittlungen und ihres Chefstrategen Lieutenant Gordon (Jeffrey Wright). Ein bitterer, blutiger Unterwelt-Krieg entbrennt. Es geht um Macht, Gier, Schuld und Sühne.
Bleibt noch Selina Kyle, die als Meisterdiebin Catwoman zwischen allen Stühlen sitzt und kämpft. Obwohl eine unbändige Leidenschaft zwischen ihr und Batman seinen Lauf nimmt, ist sie nicht bereit sich für eine Seite zu entscheiden. Sie bleibt undurchsichtig, geheimnisvoll und ungebändigt. Zoe Kravitz verleiht dieser dunklen Amazone Gestalt, wie man es sich nicht perfekter vorstellen kann. Wunderschön, unendlich traurig, total zerrissen. Gut und Böse verschwimmen zu einem faszinierenden Charakter.
Wenn am Ende des Films The Batman erkennt, dass Vergeltung nicht das ist, was er und Gotham Ciry brauchen um zu heilen, ist das ein großer Moment in der langen Geschichte der Franchise. Nahezu episch, wie sich der Rächer als Retter in das überflutete Gotham stürzt, um den Ertrinkenden zu helfen. Er hat erkannt, dass nicht Vergeltung sondern Hoffnung der einzige Weg aus dem ewigen Dunkel ist. The Batman mit Fackel als Fackel in der Finsternis findet seine Bestimmung. Perfekt gemacht.
Ganz großes Kino. Auch die fast dreistündige Laufzeit ist des Guten nicht zu viel. Jede Minute ist es wert und gehört in diesen Film. Ich hätte nie gedacht, dass ich dem Ganzen nach etlichen ebenfalls formidabelen Batman-Verfilmungen noch etwas abgewinnen kann. Ich habe mich geirrt. So und nicht anders sollte eine Batman -Verfilmung aus meiner Sicht sein.
Abgesehen von einer faszinierenden Storyline und grandios aufspielenden Stars bietet der Film eine perfekte, morbide Kulisse und Action-Sequenzen satt. The Batman ist eine Comic-Verfilmung der dunkelsten und dramatischsten Sorte. Regisseur Matt Reeves präsentiert einen Ausflug in die finsteren Abgründe der geschundenen Seelen aller Protagonisten, der danach schreit, fortgesetzt zu werden. Aber das ist ja schon geplant. Ich bin schon jetzt gespannt, wie es weitergeht und wie sich Der Joker macht, dessen Auftritt am Ende in einem Cameo-Auftritt schon als nächste Herausforderung für Batman und die Seinen angedeutet wird.