Der Film beginnt mit der Situation, die zu den ersten beiden Abschüssen durch den Protagonisten führen. Nämlich eine Frau und ein Kind, die im Begriff sind einen Granatenanschlag auf US Soldaten zu verüben. Dann kommt ein harter Schnitt und die Rückblende in die Kindheit des 'American Sniper'. Als der Vater den Jungen mit auf die Jagd nimmt, läßt dieser zum ersten mal sein Talent im Umgang mit Fadenkreuzen per Blattschuß durchblitzen. "Es gibt drei Arten von Menschen: Schafe, Wölfe und Hüterhunde" sagt der Vater anschließend vor versammelter Familie am Essenstisch. "Es gibt keine Schafe und keine Wölfe in dieser Familie." führt dieser weiter aus und bekräftigt dies, indem er seinen Gürtel auf den Tisch legt und den Kindern anderenfalls mit körperlicher Züchtigung droht. Die Kinder reden ihren Vater übrigens mit "Sir" an.
Nach der Einleitung meiner Kritik könnte man doch glatt annehmen, daß es sich um einen Anti-Kriegsfilm handelt, der bereits in dieser frühen Phase aufzeigt, daß Scharfschützen vorwiegend aus Familien stammen, in denen den Kindern bereits frühzeitig das Töten beigebracht wird und dessen Väter gerne zum primitiven Mittel der körperlichen Züchtigung greifen, um ihren Kindern Zucht und Ordnung einzubläuen. Aber um eines vorweg zu nehmen: NEIN - es ist in meinen Augen kein Anti-Kriegsfilm.
Anläßlich verschiedener Terror Anschläge auf Botschaften der USA, beschließt der Protagonist dem US Militär beizutreten. Weiter geht es mit kurzen Einblicken in die Navy Seals- und Scharfschützen Ausbildung. Anschließend gehts direkt in den Irak ins Kriegsgebiet, wo er nun endlich seiner Profession als Sniper nachgehen kann. Zwischendurch immer wieder Scenen familiärer Art. Denn Chris Kyle (Bradley Cooper) hat mittlerweile geheiratet und seine Frau erwartet ein Kind. Nach diesem Schema (Familie/Kriegsgebiet) geht es dann auch munter abwechselnd weiter. Erstaunlicherweise ohne dabei jemals langweilig zu werden. Noch erstaunlicher wird das, wenn man bedenkt, daß der Film weitestgehend ohne große visuelle Effekte auskommt. Auch die musikalische Untermahlung fällt doch eher spärlich aus.
Regisseur Clint Eastwood kommt auch komplett ohne große Stars aus. Die Schauspielerische Leistung indess ist jedoch durchaus von hoher Qualität.
Was den Film aber wirklich zu etwas besonderem macht ist, daß der Film die Inhalte weder glorifiziert, noch verdammt bzw. -all zu sehr färbt. Er überläßt es vielmehr dem Zuschauer, ob er den Protagonisten feiert, -bedauert oder -abstoßend findet. Das nenne ich doch mal echtes Kino für Erwachsene. Es könnte aber natürlich auch sein, daß Regisseur Clint Eastwood einfach nur nicht die Eier in der Hose hatte, einen 'echten' Anti-Kriegsfilm zu drehen *gg*.
FAZIT: Ein spannender, sehr solider Kriegsfilm mit mehr Tiefgang, als die Oberfläche vermuten läßt. Dabei kommt selbstverständlich auch die 'Seals & Sniper Action' nicht zu kurz. Keine Offenbarung, aber doch eine ganz klare Empfehlung. Gute 3,5 Sterne.