In "Live by Night" spielt Ben Affleck einen kleinen Kriminellen namens Joe Coughlin. Boston während der Prohibitionszeit: Joe und seine zwei Partner überfallen ein Hinterzimmer eines illegalen Glücksspiels- was sie nicht wissen, der Laden gehört Gangsterboss Albert White. White ist überzeugt von Joes Mut und somit steht Joe plötzlich mitten im Konflikt zwischen zweier Gangster.
Als seine Affäre mit White´s Freundin Emma Gould (Sienna Miller) herauskommt, steht Joe doch wieder vor der Flinte des ehrfürchtigen Gangsters...
Ben Affleck verfilmte einen Bestseller, Leonardo DiCaprio als Produzent, Vorschusslorbeeren für Argo (und Oscar), The Town und Gone Baby Gone, eine illustrierte Besetzung sowie ein dickes Budget- eigentlich kann hier wenig schiefgehen, doch es ist fast alles schiefgegangen, was nur schief gehen kann...
Dabei scheint Affleck genau zu wissen, was er da tut. Denn sein Gangsterfilm sieht teilweise fabelhaft aus. Nur scheint er einen völlig falschen Zeitpunkt gewählt zu haben. Live by Night wurde zwischen "Batman V Superman" und "Justice League" gedreht und dort hat Affleck bekanntlich einige Positionen inne. Dass dort ein immenser Druck auf ihn ausgeübt wird und er mittendrin ist, merkt man ihm hier nicht nur körperlich an. Sein Joe wirkt stehts müde, gelangweilt, blass und er ist in keinster Sekunde ernst zu nehmen. Affleck war nie für seine Schauspielkunst berüchtigt, aber er hat ihn manchen Filmen wirklich überzeugt. Jüngst in Argo oder eben in BVS. Hier muss ich soweit gehen und sagen, dass er den Film ein stück weit selbst zerstört hat. Jedes Mal, wenn eine coole Szene folgt, drückt er die Stimmung runter. Wenn er mit seinem breiten Kreuz auf der Türschwelle steht, einen Sako trägt, der glatt als Mantel durchgehen könnte, muss man einfach die Augen verdrehen. Das wirkt einfach lächerlich. Seine Figur ist eine Karikatur und wird niemals als ein ernst zunehmender Gangster in die Geschichte eingehen. Während Al Pacino in Scarface noch stolz zwischen Karikatur und Coolnes stolziert und einen coolen Spruch nachdem anderen heraushaut, wünscht man sich hier ein abruptes Ableben der Figur Joe. Es ist aber nicht einzig allein Afflecks Darstellung der Figur, das den Film so schlecht macht. Auch in der Erzählung versagt Affleck (fast) völlig. Dabei fängt sein Streifen ganz interessant an. Wir kriegen einen kurzen Einblick über seine Zeit während des Ersten Weltkriegs und wie er sich schwor nie wieder Befehlen zu folgen. Noch nicht einmal 20 Minuten später wird er völlig grundlos zur Marionette eines Gangsters. Gut, man könnte hier seine Affäre mit Emma in Betracht ziehen, aber dennoch unglaubwürdig. Danach folgen schnelle Zeitsprünge und als Zuschauer verliert man hier völlig den Überblick. Plötzlich ist Joe der größte Schmuggler Südens! Wie genau hat er das angestellt und woher hat er überhaupt diese Fähigkeiten. Zwischendurch erfährt man, dass Gangsterboss Albert aus den Geschäften verdrängt wurde und wieder türmen sie die Fragezeichen über einen. Da gibt es noch etliche andere Beispiele. Afflecks Fehler war es aus der großen Vorlage alles herauszunehmen zu müssen. Somit wirkt der Film nie als etwas ganzes. Im Film tauchen zu viele Themen auf- die nie überzeugend vorgetragen werden. In der zweiten Hälfte wird Rassismus plötzlich zum zentralen Thema- statt sich auf die Entwicklung Joes zu konzentrieren. Joe möchte kein Gangster sein- sondern ein Krimineller. Das ist, wenn überhaupt, das zentrale Thema des Films. Doch was ist der Unterschied für ihn? Ist ein Überfall richtig, solange es nur die bösen erwischt? Auch mit der Frage wird der Zuschauer mehr oder weniger alleine gelassen. Ebenso was diese Freiheit ist, nach der Joe so sehr strebt.
Was man Affleck zu Gute halten muss, ist, sein Film sieht über weite Strecken grandios aus. Seien es die Autos, die Kostüme (außer Affleck seine selbst), die Waffen, die Gebäude oder die Szenen in Kuba. Für mich war es immer wieder interessant, zu sehen, was die Menschen damals an hatten und wie sie gelebt haben. Besonders die Massenszenen stechen hier positiv hervor. Ein Gangsterfilm ist kein Gangsterfilm ohne eine richtige Schießerei. Hier gibt es auch viele davon. Sie sehen zwar sehr gut und manchmal sind sie auch sehr brutal (Mann wird von einem Dach auf die Straße geworfen), aber sie bedeuten einem nichts. Während Scorsese in Casino oder GoodFellas ähnliche Szenen gedreht hat und diese Reihe von Morden immer künstlerisch erste Klasse wirken lassen hat, lassen einen Afflecks Szenen völlig kalt.
FAZIT: Abschließend muss man sagen: Schade! Ich habe mich schon lange auf diesen Film gefreut. Das Endergebnis ist nüchtern betrachtet: schlecht! Affleck liefert vor der Kamera eine desolate Leistung ab und wird von seinen Co. Darstellern an die Wand gespielt. Auch hinter der Kamera kann er nicht überzeugen. Sein Film ist zwar sehr hübsch anzusehen, aber Handlung ist völlig uninteressant.