Ridley Scott steht für perfekte Unterhaltung. Seine Hits heißen „Alien“, „Blade Runner“ und „Gladiator“, „Black Hawk Down“ und „Hannibal“. Die Queen schlug den Engländer Scott 2003 zum Ritter und er drehte die Mittelalter-Epen „Königreich der Himmel“ und „Robin Hood“. Mit „Prometheus - Dunkle Zeichen“ setzte er 2012 mit einem überragenden Michael Fassbender und einer starken Noomi Rapace auf ein Alien-Prequel, das zwar bei den Kritikern auf Gegenwehr stieß, aber weltweit ca. das 3-fache seiner hohen Kosten einspielte. „The Counselor“ ist das neueste Werk von Ridley Scott, für das er Michael Fassbender, Penélope Cruz, Javier Bardem, Cameron Diaz und Brad Pitt engagiert hat.
Der Counselor (Michael Fassbender) sollte mit seinen Honoraren in den USA ein sorgenfreies Leben führen können. Seine Verlobte Laura (Penélope Cruz) gibt ihm das erhoffte Eheversprechen, alles ist gut. Doch der Counselor möchte mehr und lässt sich über seinen ehemaligen Klienten Reiner (Javier Bardem) auf einen 20 Mio. Dollar schweren Drogendeal ein. Die mexikanische Mafia arbeitet dagegen und sinnt auf Tötung aller Beteiligten. Der Counselor hat den Umfang und die Folgen der Aktion offensichtlich falsch eingeschätzt.
Schon die ersten Bilder begeistern. Starke, perfekt beleuchtete Nahaufnahmen des Counselors bei Innigkeiten und gefühlvoll inszeniertem Bettlakengewühle mit seiner Laura. Das hat Ästhetik und zeigt mal einen sinnlich romantischen Anwalt. Satirisches darf auch sein, kurz danach die Szene von Reiner, der sich ein sonnengeschütztes Tagesausflugsplätzchen mit seiner Malkina (Cameron Diaz) auf einer Anhöhe über El Paso eingerichtet hat. Es gibt Cocktails, die zahmen Geparden posieren und haben sich einen Schmunzler aus den Sitzreihen verdient. Beim Diamantenkauf für Lauras Verlobungsring ist dann erstmals Schlucken angesagt, denn der Händler (Bruno Ganz) spricht einen pseudo-prosaischen Staubsaugervertreterslang, und ein auf naiv programmierter Counselor leiht ihm gerne das Ohr. Der übel gestelzte Sulz findet ab diesem Zeitpunkt bei unverändert starker Bildaufnahmequalität kein Ende, unabhängig davon, wer gerade spricht, Reiner voran, Vermittler Westray (Brad Pitt) reiht sich hinzu. Das Satirische hat dafür leider den Platz frei machen müssen. Da nützen dann einige visuelle Skurrilitäten nichts mehr. Der Ton eines jeden hat etwas gekünstelt Autoritäres bekommen. Nun, nicht bei jedem: Der Counselor spricht anders. Zur fortschreitenden Leichtgläubigkeit, die ihn bereits zur absoluten Unglaubwürdigkeit verunstaltet hat, gesellt sich Angst, als sich alles gegen ihn wendet. Ein erfolgreicher Anwalt ohne auch nur den Hauch von Eiern und Ellenbogen? Das belastet seine Darstellung noch weiter und Michael Fassbender spielt mit seinen Qualitäten diese Gestalt konsequent, wie es ihm aufgetragen wurde. Malkina mischt sich bei den Männergeschäften immer mehr in den Vordergrund und wird zur coolen Oberhexe. Es bleibt die Frage offen, wer auf sie hören muss. Sind es alle, viele oder nur die Verbalmarionetten, die zwischendurch nur in einer Szene zu sehen sind und die der Zuschauer somit nicht oder vielmehr nur über Allegorien- und Metapherngekasper kennenlernen darf? Der Counselor muss sich das auch anhören, bis ihm der Tränenfluss und dem Kinopublikum das Entsetzen kommt. Die hochdotierten Schauspieler, deren exquisiten Befähigungen unbestritten sind, können sich anstrengen wie sie wollen, aber es nützt nichts. Alle angeblichen Individuen sind inzwischen - und solange sie leben - von ihrem eigenen Geschwätz umnebelt. Aber Moment, da ist doch Laura, die hübsche Normale, die kaum etwas sagt. Doch das nützt ihr und dem ganzen Film nichts, denn die Müllkippe ist einfach zu groß.
Was hat den 80-jährigen und mit Literaturpreisen überschütteten Drehbuchautor Cormac McCarthy dabei geleitet? Steckt dahinter die Idee, den Counselor ohnmächtig aussehen zu lassen? Sollte das todbringende Mahlen der mexikanischen Mafia unangreifbar, unsichtbar und erdrückend wirken? Die Fragen kann man stellen, der Film beantwortet sie mangelhaft. Und der deutsche Regisseur Dieter Wedel hatte bereits vor einiger Zeit etwas Allgemeingültiges als Antwort für solche Fragen formuliert: „Mit einem schlechten Drehbuch kann man keinen guten Film machen.“
Hola, die Schlinge zieht sich zu, mit Motor und unzerschneidbarem Stahldraht.
Ridley Scott hat den Umfang und die Folgen der Aktion offensichtlich falsch eingeschätzt.