Dominik Graf, einer der hochdekorierten deutschen TV-Regisseure, hat sich mit dem Liebesleben des Friedrich von Schiller (1802 geadelt) beschäftigt. Der Film „Die geliebten Schwestern“ wurde in drei Versionen erschaffen, nämlich zu 140 Minuten (Kino-Version), 170 Minuten (Director’s Cut, hier beschrieben) und 190 Minuten (TV-Zweiteiler). Der zehnfache Grimme-Preisträger schrieb auch das Drehbuch.
Friedrich Schiller (Florian Stetter) lernt 1787 die Schwestern Charlotte von Lengefeld (Henriette Confurius) und ihre Schwester, die verheiratete Caroline von Beulwitz (Hannah Herzsprung), kennen. Es entwickelt sich eine innige Dreiecksbeziehung, welche Mutter Louise von Lengefeld (Claudia Messner) ungern sieht, insbesondere weil Caroline aus wirtschaftlichen Gründen heiraten musste.
Schon nach kurzer Spielzeit zeigt sich, dass die zwischen Kino und mehr zum TV schwankende Qualität in Beleuchtung und Kameraführung einen gleichmäßigen und hochwertigen Genuss verhindert; so manche Szene sieht für den visuell verorteten Filmfreund zu billig aus. Doch dieser erlebt die Verfilmung eines Drehbuchs zum Knutschen, Schiller in Sturm und Drang. Die Dialoge verraten die Eloquenz des Literaten, ohne dass es zur Heldenverklärung kommt. Wir sehen einen jungen Mann, der sich etwas verschämt in Adelskreisen bewegt, doch mit Worten Anklang findet und die Blicke auf sich zieht. Louise hält wortgewandt dagegen, vergleicht Armut mit der Anzahl von Kaffee-Service. Charlotte und Caroline verlieben sich in den Dichter und Denker. Mit kryptischen Liebesbriefen wird im Dreieck kommuniziert, Schmetterlinge im Bauch mit Kreis- und Vierecksymbolen, die Älteren sind besorgt, Diener Knebel (Michael Wittenborn) macht sich mittels erhabenem Sarkasmus darüber lustig. Doch es ist den jungen Damen und dem nicht viel älteren Dichter ernst. Genauso überzeugend ist die Inszenierung von Graf, der Schillers Werk und dessen Begegnung mit Goethe nicht unbeachtet lässt und immer wieder einwebt. Kleinere Zeitsprünge folgen in geeigneten Momenten, unbeantwortete Fragen werden wieder aufgenommen und unterbrochene Handlungsstränge weitergeführt. Dadurch geht das Gefühl für die ansteigende Spannung zwischen den verschiedenen Schwestern nicht verloren, denn diese sagen sich nicht mehr alles. …und Schiller konnte nur eine heiraten - für eine Fassade. Wieder sind es die ausgefeilten Dialoge, die das Kribbeln in den Sitzreihen vor der Leinwand aufrecht erhalten und den Plot in die Eskalation führen.
Henriette Confurius spielt mit Anmut die hübsche und jüngere der Schwestern, aber auch glaubhaft die Unerfahrene, während Schiller einen Hang zu verheirateten Frauen zu haben scheint. Hannah Herzsprung ist als Caroline ideal besetzt und Florian Stetter gibt Schiller Natürlichkeit.
Dominik Graf erklärt, dass sich die verschieden Versionen seines Films in der Erzählgeschwindigkeit unterscheiden. Der Director’s Cut läuft erfreulich rund und hat nicht einen Hänger, bis für das letzte Service der Louise von Lengefeld und den großen Stürmer und Dränger die Zeit gekommen ist.
„Die geliebten Schwestern“ ist nur aus technischen Gründen nicht kinogerecht, aber dank geschickter Dialogführung und starker Schnittarbeit fesselnd und absolut sehenswert.