Interessanter aber verstörender Blick auf die Lebensumstände in der DDR zu Beginn der 1980er Jahre. In ruhigen Bildern beleuchtet Regisseur Petzold eine kurze Episode im Leben der Ärztin Barbara Wolff. Durch einem Ausreiseantrag ist sie in das Visier der Stasi geraten. Nach ihrer Strafversetzung aus der Berliner Charite in ein abgelegenes Provinzkrankenhaus an der Ostsee wird sie stets weiter auf eine Art und Weise bespitzelt und schikaniert, wie man es sich als in Westdeutschland Aufgewachsener nicht vorstellen kann. Schrecklich.
Barbara hat einen Geliebten aus der damaligen BRD, der ihr zur Flucht über die Ostsee nach Dänemark verhelfen will. Für alles ist gesorgt, Geld ist am Start, die Flucht per Schlauchboot organisiert. Aber sie verzichtet am Ende zu Gunsten einer jungen Frau, die das Leben in der DDR zutiefst hasst, immer wieder schikaniert und zur Arbeit auf dem Jugendwerkhof Torgau zwangsverdonnert wird und wirklich völlig am Ende ist. Sie ist zu allem Überdruß schwanger und will ihr Kind nicht in der verhassten DDR zur Welt bringen.
Aber Gutmenschentum ist nicht Barbaras Hauptgrund, um auf ihr Ticket in die ersehnte Freiheit zu verzichten. Zu verhasst ist auch ihr das Leben und die Einsamkeit in der DDR. Aber plötzlich und unerwartet hat sich die gute Barbara augenscheinlich in ihren Boss verliebt, Andre Reiser, Chef der Kinderchirugie in dem Provinzhospital, in das sie abgeschoben wurde. Die Liebesgeschichte wird zwar nicht raumfordernd thematisiert, entwickelt sich aber nach und nach, äußert sich in flüchtigen Blicken, vorsichtigen Gesten und einem kurzen Gefühlsausbruch, dem Barbara aber zu entkommen versucht.
So recht weiß ich nicht, was der Film mir am Ende sagen will. Vielleicht sowas Ähnliches wie mit aufkeimenden Gefühlen lässt sich sogar die verranzte DDR aushalten. Vielleicht auch, dass nicht Flucht das richtige Mittel ist, um der als Dämon in Szene gesetzten DDR zu begegnen. Ich weiß es nicht. Die Story wirkt für mich an dieser Stelle doch etwas arg überkonstruiert.
Aber ansonsten fehlt es dem Film an Nichts um als erschütterndes Zeitdokument zur Kenntnis genommen zu werden.
Ständige willkürliche Haushaltsdurchsuchungen inklusive erniedrigender Ganzkörper-Inspektionen. Panik pur, die Barbara stets enpfindet, wenn sie nur ein Auto in ihrem Wohnviertel hört. Ständiges, universelles Misstrauen gegen alles und jeden. Die trübselige Grundstimmung, die das Leben in der ländlichen Gegend der DDR ausgemacht haben müssen. Arbeitslager für Jugendliche. Schikane wo auch immer man hinschaut. Das alles ist wirklich schwer zu ertragen. Total frustrierend.
Nina Hoss als Barbara, Ronald Zehrfeld als Andre Reiser und Rainer Bock als Stasi-Offizier spielen sehr eindringlich.
Kleine Gesten, vorsichtige, oft gequälte Blicke, aufkeimende zarte Gefühle in all dem Psycho-Elend, das speziell die Leute empfunden haben, die einfach nur ein halbwegs selbstbestimmtes Leben führen wollten aber nicht durften prägen ihr Schauspiel. Dazu kühler Psycho-Terror durch ein unbarmherziges Stasi-Regime, dem jedes Mittel recht war, Leute zu drangsalieren, die drohten, aus der Spur zu laufen. Immer wieder Wahnsinn, zu sehen, was Menschen Menschen im Namen eines Regimes zumuten und antun. Starker, eindringlicher Film, dessen unsichtbare Schläge in die Magengrube noch lange wehtun.