Spectral ist einer dieser Filme, welche direkt bei Netflix landeten ohne je ins Kino gelangt zu sein. Doch auch wenn Spectral keine Big Budget Produktion ist, über keine berühmten Stars verfügt und ein eher einfach gestricktes Drehbuch aufweist, ist der Film ungemein unterhaltsam und absolut solide produziert.
Anders als die vielen unsäglichen SciFi-Channel-Eigenproduktionen weist diese SciFi-Action (produziert von Legendary) einige Qualitäten auf, die durchaus mit den ganz grossen Hollywood-Streifen mithalten können: Vor allem das Setdesign ist erstaunlich aufwendig und abwechslungsreich gestaltet. Die Darsteller spielen solide. Die Special Effects lassen sich sehen und, wie bereits erwähnt, langweilig wird dem Zuschauer nie wirklich, denn Spectral gibt von Anfang an Gas und rast geradezu durch die Szenerie - was gleichsam auch eine seiner Schwächen ist, denn Zeit für Charakterentwicklung bleibt kaum und auch die beteiligten Kinder erwecken da nur bedingt Emotionen für die Figuren. Hier zeigt sich auch ein wesentlicher Qualitäts-Unterschied zu dem im Film viel zitierten Vorbild "Aliens": Cameron gelingt es bereits mit wenig ruhigen Szenen eine starke Emotionalität und Bindung zu den Charakteren aufzubauen, sowie starke Spannungspitzen: "meistens kommen sie nachts"...
Regisseur Nic Mathieu zitiert hier viel in seiner ersten grossen Produktion. Das ist aber auch völlig in Ordnung für Erstlingswerke. Kopieren - Interpretieren - Innovieren, die drei grossen Schritte in der kreativen Entwicklung gelten auch für Filmschaffende. Zu bemängeln wären da eher die hier und da schon sehr klischeehaften Szenarios, wie der Konflikt zwischen den anfangs militärisch knallharten Marines und dem Wissenschaftler oder in Zeitlupe dramatisch durch schweren Beschuss laufende Menschen. Auch geht alles doch ein wenig zu schnell, vor allem im grossen Showdown gegen Schluss. Hier verspielt der Film die Möglichkeiten des SciFi und setzt voll und ganz auf Action. Subtile Spannung ist keine Stärke dieses Films, genauso wenig wie tiefgreifende Dialoge, dafür hetzt er zu sehr durch die Story. Die tollen Sets der Schlusssequenz haben kaum eine Chance in Gänze zur Geltung zu kommen.
Die Kamera hingegen macht einen guten Job, auch die Actionsequenzen sind sehr gut orchestriert. Insgesamt funktioniert der Film visuell ziemlich gut. Bemerkenswert dabei ist, dass Spectral ohne Probleme mit so manchem massiv umworbenen Mulitmillionendollar-Blockbuster mithalten kann. Werke wie "Suicide Squad" oder "Pompeji" zeigten, dass gewaltige Budgets, Marketing und Star Power noch lange keinen guten Film machen. Hinter ihrer Glanzfassade herrscht gähnende Leere. Spectral will gar nicht erst ein Blockbuster sein, sondern einfach solide Unterhaltung. Das ist ihm gelungen, und mehr noch als das, denn er überrascht positiv in einigen Punkten (Setdesign, SFX, Kamera, Action) und übertrifft die Mittelmässigkeit damit problemlos.