„Scheiß Film!“, „Und dafür hab ich jetzt 9,50€ ausgegeben?“ und „Mein Gott, was für ein schlechter Film…“. Das waren die Reaktionen des Publikums beim Verlassen des Kinosaals. Das überwiegend junge Publikum, hatte sich zuvor nicht informiert und ist anhand des Trailers ins Kino gegangen. Doch der Trailer hat in etwa so viel mit dem Film zu tun, wie eine rauschende Party Nacht mit einem katholischen Gottesdienst. Was wie ein seichter Partyfilm mit leicht bekleideten Frauen und einer Menge Spaß aussieht, entpuppt sich als auswegloser, extrem bizarrer und vollkommen verrückter Bilderrausch. Klar, dass diese Kombination beim normalen Kinogänger nicht gut ankommt. Ich würde aber behaupten dass sich der Trailer nicht umsonst so sehr vom Film unterscheidet. Regisseur Harmony Korine lockt all diejenigen ins Kino, die er dann in den 92 Minuten Film auseinandernimmt. Den Film als Arschtritt für alle Partygänger zu bezeichnen, wäre noch maßlos untertrieben. Und damit Bühne frei für Spring Breakers, dem ungewöhnlichsten Film des Jahres…
Spring Breakers in ein bestimmtes Genre einzuordnen ist schlicht unmöglich. Der Film ist Drama und Satire in einem, gepaart mit Momenten als Partyfilm, Porno und Gangsterfilm. Wenn man es ganz geschwollen ausdrücken wollte, könnte man den Film auch als „Arthouse-Exploitation Film-Noir“ bezeichnen. Korine experimentiert in diesem Film wie kein anderer. Ein total irrer Film, mit einem Stil den ich so noch nie zuvor gesehen habe.
Aber der Reihe nach: Der Film beginnt als Partyfilm. Eine fröhliche, ausgelassene Strandparty ziert den Anfang des Films, dann hört man das Nachladen einer Waffe, die Szenerie ändert sich und man sieht die Hauptdarstellerinnen beim Konsumieren von Drogen. Bereits die ersten Minuten zeigen einem, was einen hier in etwa erwartet. Denn dieser Stil setzt sich über die gesamte Laufzeit hinweg fort. Es ist immer das Nachladen einer Waffe den man als Soundeffekt bei einem Schnitt hört, oftmals verbunden mit einem Schuss. Doch damit nicht genug, denn neben diesen ungewöhnlichen Soundeffekten, veranstaltet Korine ein wahres „Schnittmassaker“. Der Film springt ununterbrochen wie er will umher, mal in die Vergangenheit, mal in die Zukunft und wieder zurück zur Gegenwart. Die Chronologie wird dadurch ständig aufgebrochen. So kommt es dass das Ende einer Szene bereits vorweg genommen wird, wie bei der Schusswunde die man bereits mehrmals vorher sieht, bevor der Schuss überhaupt abgefeuert wurde. Dazu gesellt sich der Kontrast der unschuldigen Mädchen auf der Hochglanz-Party mit seinem hübschen Party-Volk und den dreckigen Drogen-, Gewalt und Sexexzessen. Der Film wirkt wie ein einziger bizarrer, bunter und knalliger Drogentrip. Doch damit immer noch nicht genug. Einige Dialoge des Films wiederholen sich ständig, gerade vor dem grandiosen Ende des Films, das ebenso ungewöhnlich inszeniert ist wie man es sich nur vorstellen kann, als etliche Male der gleiche Satz wiederholt wird. Korine hat sichtlich Spaß daran, jede Grenze der Konventionen zu Überschreiten.
Der Bilderrausch wird untermalt von einem fulminanten Soundtrack, der zum Besten gehört was man in den letzten Monaten gehört hat. Dabei fällt sofort die Ähnlichkeit zum Drive-Soundtrack auf. Nur logisch, denn der Soundtrack stammt hier ebenfalls von Cliff Martinez der auch diesen Film mit seinem hypnotischen Electro-Soundtrack bereichert. Dazu gibt es die wummernden Dubstep-Beats von Skrillex. Doch auch hier wird es unkonventionell, spätestens wenn Korine eine brutale Überfall-Serie mit den Klängen der Ballade „Everytime“ von Britney Spears unterlegt. Ein genialer Schachzug der seine Wirkung nicht verfehlt, immerhin war Spears selbst, wie die Hauptdarstellerinnen, bei Disney unter Vertrag.
Wo wir bei den vier Hauptdarstellerinnen wären, die ihr braves Disney-Image ablegen wollen. Das gelingt, zumindest bei drei von ihnen. Vanessa Hudgens, Ashley Benson und Rachel Korine (übrigens die Ehefrau des Regisseurs) lassen hier im wahrsten Sinne des Wortes die Sau raus und haben sichtlich Spaß daran sich von ihrem Image zu befreien. Einzig Selena Gomez, die noch bei Disney unter Vertrag steht, bleibt zurückhaltend und spielt die brave Faith die rechtzeitig vor der Eskalation abreist. Bleibt noch James Franco. Dass er ein begnadeter Schauspieler ist, zeigt er hier erneut: Allein sein Aussehen gleicht einer Karikatur, mit seinen Cornrows, versilberten Zähnen und Tattoos. Er macht als Depp der sich für den Größten hält, eine überragende Figur. Übertriebener hätte sein Charakter „Alien“ nicht sein können.
Fazit: Alkohol, Drogen, Waffen, Sex, Schimpfwörter, Gewalt und dazu ein abgefahrener Stil und ein Trailer der einen völlig falschen Eindruck vom Film vermittelt. Spring Breakers spaltet das Publikum, keine Frage. Als normaler Kinogänger sollte man um diesen Film einen Kilometer weiten Bogen machen. Aber als Filmfan muss man diesen Trip einfach gesehen haben.