Wenn ein Film satte 140 Mio Dollar kostet sind die Erwartungen naturgemäß sehr hoch. Handelt es sich auch noch um ein opulentes CGI- und 3D Spielzeug ist alles unter 300 Mio Dollar Einspiel eine herbe Enttäuschung. Dabei sind die Zutaten für einen unterhaltsamen Film allesamt gegeben. Eine Märchen Geschichte mit famosen optischen Leckerbissen, viel Humor und einer taffen und charismatischen Kinder Darstellerin. Und dann steht auf dem Plakat auch noch Steven Spielberg drauf.. da kann einfach nix schief gehen... oder etwa doch?
Zehn Menschen saßen mit mir zusammen in der Samstag Abend Vorstellung. Gut, man könnte meinen bei einem Kinderfilm ist das normal. Jedoch sind die nackten Zahlen derzeit erschütternd. Nach knapp vier Wochen Laufzeit bringt es der Fantasy Streifen in den Staaten auf mickrige 55 Mio Dollar, weltweit hechelt man gerade so auf die 120 Mio Marke hin. Und in Deutschland kommen inklusive der erwähnten Besucher bisher nur 150 000 Mäntlein zusammen. Doch warum funktioniert dieser Film bei den Zuschauern einfach nicht? Kann es Spielberg nicht mehr? Trifft er den Nerv der Zeit nicht mehr oder hat sich das Geschmacks Verhalten in Zeiten von Dauer Action und Marvel Bombast einfach verändert? Nun, ich schließe mich den allgemein guten Kritiken an, handwerklich ist das ganze wie Schlagsahne auf einem dicken Becher Erdbeeren. Es sieht gut aus, und schmecken tut es um so besser. Vielleicht verlässt man sich hier aber ein wenig zu sehr auf die ganzen technischen Spielereien und holt aus der Story zu wenig Spannung und Tempo heraus. Denn beides fehlt fast gänzlich. In der ersten Stunde wird viel Zeit verwendet um die Freundschaft zwischen Sophie und dem Riesen "BFG" zu etablieren. Sie erwischt ihn dabei wie er des nachts durch die Straßen von London zieht und auch vor ihrem Waisenhaus nicht halt macht. Daraufhin entführt er sie in das Land der Riesen und entpuppt sich als sehr kautziger und witziger Typ, er redet wie ein kleines Kind weil er mit den Buchstaben nicht zurecht kommt und auch sein Beruf, das Einfangen von Träumen macht ihn richtig Sympatisch. Allerdings gibt es da auch noch andere,nicht so friedliche Zeitgenossen die allesamt auch noch deutlich größer und stärker als der BFG sind und es auf den kleinen Happen Sophie abgesehen haben. Diese möchte nun ihrem neuen Freund zur Seite stehen und schreckt dabei nicht mal vor einem Besuch bei der Queen persönlich ab um ihre Hilfe zu bekommen.....
Die Story ist sehr kindlich und einfach gehalten. Ein kleines Mädchen entkommt aus ihrem glücklosen Leben und findet einen neuen Freund. Für Kinder finde ich sie aber passend und nicht das Problem was einige haben könnten. Meister Regisseur Steven Spielberg kann auf ein Team von erfahrenen und erfolgreichen Profis zurückgreifen. So kommt der Schnitt wieder von Michael Kahn, und die Kamera, das Prunkstück der Inszenierung von Janusz Kaminski. Dieser behält seinen traditionellen Stil bei, es gibt kaum schnelle Szenenwechsel. Das kreative Szenen-bild das unter anderen die Höhle des Riesen oder den Buckingham Palace zeigt, wird mit großen Bildern eingefangen und die Farbgebung vermittelt viel Wärme. Ab und an spielt Kaminski ein wenig, etwa wenn Sophie in ihrer Decke sitzend entführt wird und sich die Kamera ebenso wie das Mädchen mitdreht so das dem Zuschauer ein Gefühl der Schwerelosigkeit und Hilflosigkeit vermittelt wird. Da einiges am Rechner entworfen wurde zeigt die Trick Schmiede von Weta wieder einmal ihr ganzes Können. Der BGF wurde per Motion Capture Verfahren ebenso wie die anderen Riesen inszeniert, und der Oscar Preisträger Mark Rylance geht darin voll auf. Seine Facetten-reiches Gesicht spiegelt Wärme ebenso wie Angst oder Trauer und sein Lachen wirkt sehr freundlich und echt. Fast könnte man meinen es handelt sich hier um eine reale Person. Die Träume sind das visuelle Meisterstück. In Farbenpracht spiegeln sie in hellen Tönen die guten, und in dunklen Tönen die bösen Träume, aufbewahrt in einem Einwegglas oder in freier Entfaltung flattern sie einem beim Zuschauen regelrecht ins Gesicht und erzeugen ein knallbuntes Seh-Vergnügen. Die Kinder Darstellerin Ruby Barnhill ist genau die richtige Wahl, mit kurzen Haaren und meist unter ihrer dicken Brille versteckt ist sie taff, hat immer einen guten Spruch auf den Lippen und kann auch in den ruhigen Momenten mit ihrem Charisma voll überzeugen. Die anderen Darsteller wie Rebecca Hall als Assistentin Mary und Penelope Wilton als Queen wissen in ihren kurzen Auftritten mit viel Sinn für Situations-Komik zu überzeugen.Schlicht genial ist Rafe Spall als Mr. Tipps, der so etwas wie das Mädchen für alles im Palast ist und schon mal das große Nerven flattern bekommt wenn sich ein Riese ankündigt.
Eben jene Szenen gen Ende sind voller Slapstick und WTF Momenten, ich sage nur Blubber Wasser und das feine Dinieren am Frühstücks Tisch. Da bleibt kein Auge trocken. Und wenn selbst die Queen die Luft nicht mehr verstecken kann jagt ein Schenkel Klopfer den nächsten. Das Auge hat den ganzen Film über immer etwas zu entdecken.Die fantasiereiche Ausstattung reicht von einem Wasserfall direkt in der Höhle über die Detailreiche Einrichtung einer Riesen Gerechten Höhle, dem Buckingham Palace oder einem Traum Baum, der gemeinsam mit den farbenfrohen Träumen die herumfliegen einen visuellen Leckerbissen bietet. Hier vermengt Spielberg gekonnt Make Up, Kostüme und Effekte mit der gewohnt starken Kamera zu einem ansehnlichen Trick Spektakel. Die Musik von John Williams erinnert zwar stark an den Film "Hook", ist aber etwas anders komponiert und schmiegt sich gekonnt in die Inszenierung ein. Und eben diese Inszenierung könnte das größte Makel am Film sein. Zwar ist die technische Ebene wie bereits besprochen auf dem neusten Stand, das Motion Capture nahezu perfekt und die Verschmelzung mit der Realität gelingt deutlich besser als noch in früheren Versuchen,zum Beispiel in "Jake and the Giant". Zwei Komponenten sorgen aber auch bei mir für einen kleinen Dämpfer und erklären vielleicht das große Scheitern dieses Fantasy Streifens. Zum einen ist das Drehbuch, das E.T. Autorin Melissa Mathison verfasst hat sehr nah den der Buchvorlage "Sophiechen und der Riese" von Ronald Dahl. Und das ist eine kleine und kindgerechte Geschichte ohne große Überraschungen. Klar ist "BFG" ein waschechter Kinderfilm, doch im Zeitalter von Coolen Animationsfilmen mit sprechenden Haustieren "Pets" oder den dümmlichen "Minions" wollen die Kids eher mit Tempo und Action unterhalten werden und die Eltern über die Popkulturen Gags lachen. Beides ist hier nicht gegeben. Spielberg macht das was er vor dreißig Jahen schon gemacht hat. Die Traumfänger Szene am Baum etwa ist optisch zum Fingerschnalzen, wenn die Kamera das treiben über dem Wasser spiegelt und sich dann gekonnt dreht um in die Traumwelt einzutauschen ist das Auge mehr als ausgereizt. Es vergehen allerdings viele Minuten in denen eigentlich gar nichts weiter passiert. Und da die gesamten ersten 80 Minuten ein extrem langsames Tempo haben sind viele Kids, die heutzutage Krach Bum Bang gewohnt sind schon eingenickt. Trotz beeindrucken CGI verkommt es bei Spielberg eben nicht zu Selbstzweck und wir nur eingesetzt um seine kindliche Vorstellungskraft zu entfalten. Das mag der ein oder andere erfrischend finden, obwohl es einem altmodischen Inszenierungs Stil entspricht. Andere werden sich aber über weite Strecken auch tierisch langweilen, was ich auch nachvollziehen kann. Vielleicht wäre eine kürze Laufzeit besser gewesen, immerhin reden wir hier von knapp zwei Stunden. Für mich gab es immer wieder etwas zu entdecken, und ich bin dankbar das es solche Arten von Filmen noch gibt. Wenngleich Spielberg hier kein Meisterstück gelungen ist.
Verdient hat BFG den kolossalen Absturz an den Kassen nicht, er ist immer noch um einiges besser wie viele andere Kinderfilme, und braucht keine von Action und CGI triefenden Knall Momente. Der Zeitgeist hat sich in Zeiten von Franchise Produkte und Remakes allerdings geändert, und möchte Spielberg noch einmal im Box Office Himmel ankommen, muss er sich wieder spannenderen und spektakuläreren Stoffen zuwenden. Das er es immer noch drauf hat, daran habe ich keinen Zweifel, nur ob der fast 70 jährige noch Menschen zum Staunen bringen kann ist leider nicht mehr so einfach wie in den 1980-er oder 1990-er Jahren als vieles noch neu und unverbraucht war. Für alle die warme Bilder, die gekonnte Vereinigung von Technik und Ausstattung mögen, und nicht pausenlos etwas aus der Leinwand knallen muss bietet BFG zwei unterhaltsame Stunden, in denen es vieles zu entdecken gibt und die Story dafür auch immer wieder Zeit lässt.
Fazit: "The BFG" ist ein waschechter Spielberg. Wieder einmal beweist der Märchen Onkel sein handwerkliches Können in einem neuen Terrain, wenngleich das Drehbuch und das Tempo diesmal sehr auf Sparflamme kochen. Schmecken tut es trotzdem, unterhalten auch. Gutes kindgerechtes Popcorn Kino!