Heinrich von Kleists Novelle ist durchaus eine Mixtur, die sich sehen lassen kann und für Filme eignet: Charakterstudie, Politikfilm über die Auseinandersetzungen der Reformationszeit, Historienwerk, Plädoyer für Gerechtigkeit oder schlicht harte Action. Der Schreibstil mag da antiquitiert sein, aber jedem sei das Buch ans Herz gelegt! Dieses muss man nicht kennen, um die hiesige Filmversion zu verstehen. Man muss auch gar nicht eine 1:1 Umsetzung wollen wie so viele Fanboys sie viel zu oft fordern. Und man wird auch erkennen, dass Regisseur Arnaud des Pallières mit seinem Plan aus Kohlhaas eine Art Western zu machen Erfolg haben könnte.
Allerdings: Wie versagt haben die Macher auf ganzer Linie! Wenn ich hier die filmstarts-Kritik lese, dann kann ich mir diese 4 Sterne überhaupt nicht erklären - und das sage ich als jemand, der i.d.R. eher zu gut, zu gnädig bewertet. Hier wurde sich anscheinend nur an der Idee diese Wertung zusammengerechnet. Eine Idee macht aber noch lange keinen guten Film. Es geht ganz ordentlich los, mit der Szene an der Schranke, aber schon da zeigt sich, dass der Schnitt unbeholfen wirkt und die Prioritäten nicht nur vom Drehbuch, sondern auch der Regie und gar den Kameraeinstellungen falsch liegen. Der Stil der Novelle ist feurig, im Film herrscht Kühle, die aber schnell in Langeweile ummünzt. Es soll eine Parabel sein, aber auch in dieser können die Figuren klarer gezeichnet sein. Keiner Person kann man sich hier wirklich nähern, ausgenommen vielleicht Kohlhaas selbst, der gut gespielt wird. Aber auch Mikkelsen kann hier nicht die Kohlen aus dem Feuer holen. Völlig eindeutige Szenen sind viel zu lang gezogen; dort und da fehlt dann wieder etwas, wo es genauer sein sollte.
Schließlich das größte Manko: Mittelalterlicher Western erfordert nach meiner Vorstellung nach nicht nur krampfhaft Sergio Leone kopieren zu wollen. Man erwartet schon mal einen herzhaften Kampf. Doch abgesehen von der einzigen Racheszene mit ein paar Armbrüsten, findet kein einziger (!) Schwertkampf statt. Das Budget mag niedrig sein - umso mehr hätte man dann mit einigen fiesen, brutalen Duellen etwas herausholen können. Nicht einmal damit, mit irgendeinem Showdown (auch Western-typisch), kann der Film punkten.
Damit sind noch nicht einmal alle Kritikpunkte genannt. So käme noch die schlechte Synchronisation dazu. Aber was über bleibt ist dieser gewollte, geschwollene Arthouse-Stil. Etwas positives? Es sind durchaus gute Bilder dabei, schöne Landschaften, und auch die Schauspieler versagen nicht wirklich, können aber kaum etwas rüberbringen.
Fazit: Ich hatte mich seinerzeit enttäuscht gezeigt, dass das Buch nicht versucht der Novelle treu zu bleiben, einfach, weil diese so viel her gibt in ihrer Komplexität. Dann eben ein Mittelalter-Western! Doch davon ist absolut nichts zu merken. Gewollt und überfördert, in völlig falsche Richtungen entwickelt und ohne eine einzige echte Kampfszene, ist diese Kohlhaas-Version eine einzige Enttäuschung.