…this life“. Mit dem genialen Soundtrack von The Verve endet auch dieses bittersüße Teenie-Romantikdrama. Ein Blick auf die weitere Filmmusik mit Titeln von Skunk Anansie, Blur oder Fatboy Slim verrät schon, dass Eiskalte Engel ein Produkt für die MTV-Generation der späten 90er war. Und auch die Stars Philippe, Witherspoon, Gellar und Blair standen zu dieser Zeit wohl auf dem Höhepunkt ihrer jeweiligen Karriere.
Heute, zehn Jahr später, begeistert der Film mich noch immer. Wie für viele der damaligen Teen- und Twen-Generation hat er aus meiner Sicht verdienten Kultstatus. Grund hierfür ist jedoch nicht nur der coole Soundtrack oder die stylishen Jungstars von damals. Kumble ist es gelungen, eine eigenständige, frische Filmumsetzung des französischen Briefromans „Les Liaisons dangereuses“ zu schaffen, der zuvor schon dreimal für die Leinwand adaptiert wurde.
Mit Stephen Frears „Gefährliche Liebschaften“, der zweiten Verfilmung, wurde ein brillantes Meisterwerk geschaffen, dem eigentlich nichts hinzuzusetzen war. Insofern war Formans „Valmont“ bereits überflüssig. Die Idee, die Geschichte neu zu erzählen, aber um 200 Jahre später in das amerikanische Neuengland zu verlegen, war eine gewagte und zugleich geschickte Idee. Niemand vor Kumble ist wohl mal darauf gekommen, das Intrigenspiel in die Gegenwart zu setzen, was auf den ersten Blick verständlich ist - schließlich ist die Romanvorlage nicht bloßes Liebesdrama, sondern auch Sittenbild eines Adels, der sich nicht nur durch Reichtum und Macht, sondern auch durch Dekadenz und innerliche Verrohung vom Rest der damaligen Feudalgesellschaft abgrenzt. Im heutigen Europa hat der Adel keine wirkliche Macht mehr, steht Schauspielern oder Großindustriellen in puncto Reichtum nach und seine Dekadenz dient heute der Unterhaltung des „einfachen Volks“, das alles „Wissenswerte“ aus den Klatschblättern erfährt.
Also: Statt Europa nehme man die USA, statt adeligen Intriganten verzogene, niederträchtige Teenager von überreichen Eltern, die in der High-Society des Big Apple jeglichen Bezug zu den gewöhnlichen Altersgenossen verloren haben – und voila: Der Plot überzeugt auch in der Gegenwart. Nicht einmal die keusche Annette mag einem im heutigen Zeitalter als unglaubwürdig erscheinen, erst recht nicht in einem Land, in dem jedes Jahr tausende Teenager öffentlich und freiwillig Keuscheitsgelübde ablegen.
Abgerundet wird diese tolle Übertragung durch das starke Schauspiel aller beteiligten Akteure. Selma Blair als einfältige Cecile gibt dem Plot neben vielen brillanten, pointierten und verdorbenen Dialogen die richtige humoristische Würze und ist in ihrer Rolle somit ein absoluter Gewinn. Mit verdorbenen Wortspielen, gut getimetem Witz im richtigen Maße und erinnerungswürdige Szenen wie dem Kuss zwischen Gellar und Blair im Central Park setzt der Film auch jede Menge eigene Marken. Bemerkenswert ist in erster Linie auch das grandiose Schauspiel der gegen den Strich besetzten Sarah Michelle Gellar: Mit sichtlichem Spaß an ihrer Rolle widersetzt sie sich dem Niedlich-und-Nett-Image, dass ihr aus Rollen wie in „Buffy“, „Sream“ oder „Ich weiss, was du letzten Sommer getan hast“ anhaftet. Dass es nach Eiskalte Engel keine großen Rollen für Gellar mehr gegeben hat, ist schlichtweg unbegreiflich, da ihr Schauspiel als manipulierendes Biest eine absolute Offenbarung ist und zu keinem Zeitpunkt besser war.
Zugegeben hat der Film auch Schwächen. So fragt man sich doch schon gelegentlich, wo denn überhaupt die Eltern der Teenies stecken. Gäbe es nicht die Auftritte von Ceciles Mutter, könnte man glatt glauben, alle Hauptdarsteller seien Waisen. Andererseits kristalliert sich so – gewollt oder nicht – der Mikrokosmus dieser Jugendlichen heraus. Und wer genau hinsieht, der entdeckt eine ordentliche, aber wohl verteilte Portion an Gesellschaftskritik: Die unterschiedliche Betrachtung von Promiskuitivität je nachdem ob man eine Frau (Kathryn) oder ein Mann (Sebastian) ist stelle ebenso ein Thema wie Rassismus (auch in der angeblich klassenlosen, aufgeklärten Gesellschaft wünscht sich Ceciles Mutter keinen schwarzen Freund für Ihre Tochter) dar.
Gefährliche Liebschaften bleibt letztlich das Non-Plus-Ultra der bislang fünf Adaptionen. Eiskalte Engel kann vor allem mit seiner Eigenständigkeit sowie mit einer Menge an Stil, Witz, Wärme, genialen Darstellern und Dialogen und……na ja, einem verdammt coolen Soundtrack und stylischen Jungstars bestechen.