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    4 Tage im Mai
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    4 Tage im Mai
    Von Jonas Reinartz

    2005 hörte der russische Star-Schauspieler Aleksei Guskov („Das Konzert") während einer Autofahrt ein Radiointerview mit einem Historiker, der über einen kaum bekannten Vorfall während des Zweiten Weltkriegs berichtete. Am Tag der deutschen Kapitulation, dem 9. Mai 1945, hatte eine Gruppe russischer Soldaten deutsche Waisenkinder selbstlos gegen die eigenen sowjetischen Landsmänner verteidigt. Guskov war verblüfft, begann zu recherchieren, wobei sich herausstellte, dass womöglich deutsche Soldaten ihre Feinde unterstützten, und beschäftigte insgesamt acht Drehbuchautoren, der Geschichte auf den Grund zu gehen und kinogerecht aufzubereiten. Probleme traten jedoch bei der Darstellung der Deutschen auf. Kreative „Schützenhilfe" aus Deutschland war von Nöten. Bei der Berlinale 2007 kamen er und Autor/Regisseur Achim von Borries („Was nützt die Liebe in Gedanken") in Kontakt, der sich des Stoffes annahm und die Idee einbrachte, die Geschichte aus der Perspektive eines deutschen Jungen zu erzählen. Gegen diverse Widerstände kam das Projekt schließlich zustande, doch aller guten Intentionen und Guskovs beachtlichem Charisma in der zentralen Rolle als sowjetischer Hauptmann zum Trotz ist das Endergebnis aufgrund nachlässiger Figurenzeichnung sowie erzählerischer und technischer Mängel eher belanglos geraten.

    Mai 1945, irgendwo an der deutschen Ostseeküste: Peter (Pavel Wenzel), ein dreizehnjähriger Waise, verspürt wie alle Verbliebenen Unsicherheit und Angst angesichts der Meldungen von anrückenden russischen Truppen. Seine Tante (Gertrud Roll), die auf einem Gutshof ein Kinderheim leitet, das auch Peter beherbergt, lehnt eine Flucht ab, so dass sich der Junge dem Kampf stellen will. Ernst nimmt ihn in seinem Kampfesmut allerdings niemand. Zufällig findet er am Strand einen toten Wehrmachtsoldaten, dem er Kleidung und Gewehr abnimmt, was fast fatale Folgen für ihn hat, denn es taucht tatsächlich ein russischer Trupp auf, vor dem Peter sich aufspielt. Geleitet wird der aufgeriebene Trupp vom „Drachen" (Aleksei Guskov), wie ihn seine Männer ehrfurchtsvoll nennen, da der Hauptmann trotz harter Strafen wegen Ungehorsams stets seinen Kopf gegen die sowjetische Generalität durchsetzt und sich sowohl schützend vor seine Untergebenen stellt, als auch dem Feind bei Kapitulation Pardon gewährt – ein Mann von Ehre. Die kriegsmüden Russen unter seinem Regiment haben den Auftrag, eine deutsche Abteilung in der Nähe gefangen zu nehmen, was mit lediglich acht Mann und kaum Munition unmöglich scheint. Mit der Zeit nähern sich die Bewohner des Heims und die Eindringlinge an. Doch trotz des nahenden Kriegsendes spitzt sich die Situation bald dramatisch zu...

    Die Tatsache, dass das Drehbuch durch etliche Hände gegangen ist und schließlich durch von Borries entscheidende Veränderungen erfuhr, macht sich deutlich bemerkbar. Kein einziger der Handlungsstränge ist zufriedenstellend ausgearbeitet, wobei das oft zu kurze Verweilen bei einzelnen Szenen diesen Eindruck noch verstärkt und auch auf Kosten der Figuren geht. Gerade bei der Liebesgeschichte zwischen dem deutschen Mädchen Anna (Angelina Hentsch) und einem russischen Funker (Grigoriy Dobrygin) fällt dies unangenehm auf. Letzterer agiert zurückhaltend und erweist sich als versierter Pianist, was ihn anscheinend als „sensibel" und „romantisch" charakterisieren soll. Man spürt zwar das sinnvolle Bemühen, die Dinge nicht unnötig zu dramatisieren und Kitsch zu vermeiden, doch diese Nüchternheit erschwert die emotionale Anteilnahme des Zuschauers - wenn schon rührselig, dann bitte richtig. Auch die reizvolle Möglichkeit, das Aufeinandertreffen eines verwaisten Kindes mit einem Mann, der ebenfalls seine Familie im Krieg verloren hat, zu vertiefen, wird nicht genutzt. Anfangs scheint es, als würde diese Beziehung den Kern des Films bilden, doch auch dies erweist sich als Trugschluss. Ständig verlaufen zahlreiche rote Fäden im Nichts.

    Positiv zu bewerten ist freilich der versöhnliche Ton. Dieser mag auf Kosten der Authentizität gehen, doch die vorgenommene Idealisierung der historisch verbürgten Situation sollte nicht zum Vorwurf gemünzt werden. Immerhin werden düstere Aspekte, wie etwa die Vergewaltigungen durch russische Soldaten angedeutet, obwohl es natürlich nicht die Männer des „Drachen" sind, die sich an den Frauen vergehen, sondern die eines zwielichtigen Majors. Guskov legt seine Rolle zudem nicht als strahlenden Helden an, sondern wechselt gekonnt zwischen Härte und Mitgefühl. Peter-Darsteller Pavel Wenzel gibt sich in seinem Debüt große Mühe, auch wenn der naive Trotz, der ihm im Gesicht geschrieben steht, auf Dauer ermüdend wirkt. Schauspielerisch gibt es ansonsten wenig zu beanstanden, zumal die Anführer der deutschen Truppen mit den TV-Veteranen Alexander Held und Martin Brambach optimal besetzt sind.

    Bei der technischen Umsetzung allerdings zeigt sich mangelnde Sorgfalt: Kameramann Bernd Fischer gelingen zwar die meiste Zeit passabel komponierte Bilder, doch viele Totalen zeichnen sich durch Unschärfe aus und manche Kamerabewegungen geraten ein wenig holprig, was insbesondere bei der einzigen Kranfahrt des Films nicht zu übersehen ist. Der Klavier-lastige Soundtrack von Thomas Feiner entspricht den Erwartungen, vermag jedoch keine eigenen Akzente zu setzen. Letztlich krankt „4 Tage im Mai" aber weniger an solchen Details, als an einer ineffektiven dramaturgische Konzeption. So wurde ein durchaus fesselndes und berührendes Sujet bei weitem nicht ausgeschöpft.

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