Jeder kennt dieses Gefühl: Man schaut einen Film zum ersten Mal, aber glaubt alles zu kennen. Jede Wendung scheint vorhersehbar, jeder Dialog ist einem bereits bekannt. Doch es gibt auch Filme, die altbekannte Genrezutaten neu zusammenmixen und trotzdem den Zuschauer fesseln und überraschen können. Der Action-Thriller „Verhandlungssache“ von Regisseur F. Gary Gray gehört in diese Kategorie.
Danny Roman (Samuel L. Jackson) ist einer der erfolgreichsten Verhandlungsspezialisten für Geiselnahmen in ganz Chicago. Eines Tages weist sein Partner ihn auf eine Korruptionsaffäre innerhalb ihres Departments hin und wird kurz darauf ermordet. Alle Beweise deuten daraufhin, dass Danny den Mord begangen hat und niemand außer seiner Frau glaubt an seine Unschuld. Aus lauter Verzweiflung nimmt Danny einen Beamten der Internen Ermittlung, von dem er glaubt, er sei schuldig und einige andere Menschen als Geiseln. Da er den Mitgliedern seiner Einheit nicht trauen kann, verlangt er, dass Verhandlungsspezialist Chris Sabian (Kevin Spacey) aus dem Nachbarrevier zur Verhandlung mit ihm hinzugezogen wird und versucht nun seine Unschuld zu beweisen.
Die Handlung klingt erstmal alles andere als neu. Doch auch wenn das Thema „Mann versucht seine Unschuld zu beweisen“ mehr als oft genug für eine Filmhandlung herhalten musste, schafft es „Verhandlungssache“ den Zuschauer schon nach kurzer Zeit zu fesseln. Denn man weiß genauso wenig wie Danny, wer zu den Schuldigen gehört und wer nicht. Auch der Außenstehende Chris Sabian, ist kein Mann, dem Danny wirklich vertrauen kann, da er ihn schließlich überhaupt nicht kennt. Und so stellt sich immer die Frage: „Was, wenn Sabian sich auf einmal mit den korrupten Polizisten zusammentut?“ Diese Ungewissheit darüber, wer auf welcher Seite steht, macht „Verhandlungssache“ zu einer verdammt spannenden Angelegenheit, bei der die Charaktere nicht immer nur „schwarz“ oder „weiß“, sondern oft „grau“ sind.
Dazu kommt dann noch das geniale Spiel der beiden Hauptdarsteller. Samuel L. Jackson lässt den Zuschauer Dannys Verzweiflung genauso spüren, wie seine Entschlossenheit. Jede seiner Taten und sei sie auch noch so extrem, kann Jackson absolut glaubwürdig rüberbringen, was sehr wichtig ist, damit der Film sich nicht lächerlich macht. Danny Roman kann man getrost zu den besten Leistungen seiner Karriere zählen. Und deshalb schafft er es auch gegen den – wie immer – großartigen Kevin Spacey zu bestehen. Zu Beginn ist sein Chris Sabian noch ein Mann, der nur seinen Job tut. Er hat kein Interesse daran, sich mit Dannys Verschwörungsgeschichte zu beschäftigen. Er will nur dafür sorgen, dass sein Verlustrate weiterhin „0“ beträgt. Doch mit der Zeit kommen auch ihm Zweifel bezüglich der Absichten von Dannys Kollegen. Diese Wandlung ist Dank Spaceys tollem Spiel zu jeder Zeit glaubwürdig. Denn Spacey lässt Sabian diese Wandlung nur ganz langsam und vorsichtig vollziehen. Bis zum Schluss hat er immer noch seine Zweifel bezüglich Dannys Geschichte.
Die Nebendarsteller machen ihren Job alle mehr als amtlich. Insbesondere David Morse und J.T. Walsh liefern eine tolle Leistung.
Die sehr ernste Handlung wird zudem noch durch eine kleine Portion Humor aufgelockert und durch einen wirklich tollen Soundtrack unterstützt, der nie belanglos vor sich hin plätschert. Dazu beweist F. Gary Gray auch ein gutes inszenatorisch Geschick bei den kurzen und wohl dosierten Action-Szenen, die nie so übertrieben wirken, wie in den meisten anderen Hollywood-Filmen.
Jeder Freund von spannendem Genre-Kino muss „Verhandlungssache“ einmal gesehen haben. Zum absoluten Meisterwerk fehlen zwar noch die Innovationen, doch bessere Unterhaltung wird man trotzdem nirgendwo finden.