Kathryn Bigelow ist eine Spezialistin für spannende Actionthriller. Mit „Blue Steel“ und „Gefährliche Brandung“ erregte sie ab Anfang der 1990er Jahre Aufmerksamkeit. Mit „K-19 – Showdown in der Tiefe“ drehte sie 2002 einen Kriegsfilm. Für „Tödliches Kommando – The Hurt Locker“, einem Kriegsdrama aus dem Jahr 2009 um ein Sprengmittelbeseitigungsteam in Irak, regnete es Auszeichnungen. „Zero Dark Thirty“ zeigt die Suche nach Osama Bin Laden und dessen Tötung.
Es ist das Klammern an falschen Spuren und verschwindend geringen Hinweisen, Verzweiflung, Hoffnung und der Frust, sich mehrende Anschläge der Terroristen, fordernde, untätige und zögernde Vorgesetzte, die der CIA-Ermittlerin Maya (Jessica Chastain) zusetzen, bis sie das allen bekannte Ende erleben darf. Der Film beginnt mit ihrer Ankunft in Pakistan. Sie muss (zunächst mit Entsetzen) ansehen, wie Kollege Dan Folterungen vornimmt und Präsident Obama im TV davon spricht, dass Amerikaner das nicht tun. Maya erlebt Anschläge am eigenen Leib, auch einen, der gezielt gegen sie gerichtet ist. Eine Kollegin und Freundin verliert sie durch einen Selbstmordattentäter. Und Maya lässt selbst foltern, bis sie und ihr Team einem in ganz anderer Weise erhaltenen, entscheidenden Hinweis nachgehen können.
Damit sind die 157 Minuten ordentlich vollgepackt. Kathryn Bigelow nimmt sich ausdrücklich die künstlerische Freiheit, mit Maya im Mittelpunkt alles schonungslos zu zeigen und muss sich vom Philosophen und Kulturkritiker Slavoj Žižek trotzdem vorwerfen lassen, dass Bigelow Folterungen in gewisser Art billige. Wie dem auch sei. Der Film ist so expressiv eindringlich und spannend inszeniert, dass der Kinobesucher mit Maya und dem Operationsteam leidet und bis zum erlösenden Ende kaum ruhig sitzen kann. Zur Erhöhung dieses kribbeligen Effekts ist dabei nur sehr wenig Musik eingesetzt und einfach gut geschnitten worden. Auf eine Wackelkamera wurde verzichtet. Was zur Glaubwürdigkeit und emotionalen Tiefe des Films beiträgt, ist die Darstellung des Menschen (und nicht nur der CIA-Agentin) Maya. Dies hat Jessica Chastain in beeindruckender Weise vollführt und ihr eine Oscarnominierung eingebracht. Auch Team-Kollege Dan wird stets und von seiner persönlichen Seite betrachtet und von Jason Clarke glaubhaft verkörpert.
Mit „Zero Dark Thirty“ wurde ein meisterlicher, anspruchsvoller Thriller produziert, der Erdachtes in eine Begebenheit mit realem Bezug einfügt und zeigt, dass man ein Augenmerk auf die Menschen mit ihren Charakteren und Handlungen richten muss, um das bekannte Ende eines Geschehnisses wirklich begreifen zu können.