Ein überraschend starker und tiefgründiger, zum Nachdenken anregender Film.
Schon die erste Szene, ein kleiner Prolog, hat es in sich. James Lavelle (Brendan Gleeson) ist ein Priester in einer irischen Kleinstadt. Er hat immer ein offenes Ohr für die Dorfbewohner und ist sehr nah am Dorfgeschehen dran. Nun aber zurück zur ersten Szene:
James nimmt einem Mann die Beichte ab. Der Unbekannte eröffnet mit den Worten: „Ich war sieben Jahre alt, als ich das erste Mal Samen schlucken musste.“ Ein Lachen hallt durch den Kinosaal, man freut sich auf eine gute Komödie. Dann spricht der Mann weiter: Er sei als Kind von einem Priester jahrelang sexuell missbraucht worden. Das Publikum schluckt, das Lachen verstummt. Der Unbekannte eröffnet James, dass er ihn umbringen will – und zwar genau in einer Woche, am Sonntagmorgen am Strand. Obwohl James mit der ganzen Geschichte nichts zu tun hat. Es sei doch viel aufsehenerregender, einen unschuldigen zu töten als den Schuldigen. Black.
Mehr werde ich inhaltlich gar nicht verraten. Dieser Film ist es einfach Wert, ins Kino zu gehen.
Allein schon die starke Einstiegsszene, die die Zuschauer zunächst auf die falsche Fährte lockt, dann aber jeden erschaudern lässt, macht den Film zu etwas Besonderem. Dazu kommen noch Kameraeinstellung, die Stimmlagen und Sprechgeschwindigkeiten der Protagonisten. Man hat direkt schon mal Gänsehaut.
Generell überzeugt der Streifen mit beeindruckenden Landschaftsbildern und Kamerafahrten von der Küste Irlands. Die Szenen leben von den Dialogen, die in keinster Weise platt wirken sondern die Filmhandlung auch immer weiterbringen. Darin kommt auch der Humor nicht zu kurz – ein tiefschwarzer britischer. Es werden viele Charaktere eingeführt und beschrieben, im Prinzip das komplette Dorf, in dem James Priester ist. Man ist gespannt darauf und gewillt, als Zuseher in die Köpfe der unterschiedlichsten Menschen hineinzuschauen, in ihre Psyche, ihre Handlungen versuchen zu verstehen, ihre Schicksale zu verfolgen. Genau das erreicht der Regisseur hier – das ist schon eine kleine Meisterleistung. Die Schauspieler spielen allesamt authentisch, jeder Charakter wird sehr gut dargestellt. Von Filmmusik ist der Streifen nicht überladen und das ist auch gut so. An entscheidenden Stellen findet sich das Soundtrack-Thema wieder, mal in gemäßigter Form, mal sehr dramatisch.
„Am Sonntag bist du tot“ ist ein Film, der die Zuschauer nicht hilflos zurücklässt, aber dennoch keine Antworten vorgibt. Es bleibt jedem selbst überlassen, wie er das Geschehen interpretiert und bewertet. Das ist viel Wert und macht diesen Film, im Gegensatz zu einem Sat.1-Familienfilm, bei dem auch jede kleinste Frage nicht offen gelassen wird, zu einem ausgezeichneten Ereignis.