Adam Wingard macht offensichtlich gerne Filme, die im Kino keine Jugendfreigabe erhalten, so auch beim Home-Invasion-Horrorthriller „You’re Next“.
Das Ehepaar Davison ist 35 Jahre verheiratet und will dieses Jubiläum mit ihren Kindern in einem abgelegenen Landhaus feiern. Alle erscheinen, teilweise mit Begleitung. Trotz des festlichen Anlasses kochen bei den Brüdern Crispian und Drake schnell alte Feindseligkeiten auf, die den Abend zu verderben drohen. Aber es gibt einen weiteren Feind, der offensichtlich die Familie Davison auslöschen will.
Wingard möchte relativ schnell zur Sache kommen. Drehbuchautor Simon Barrett hat ihm hierfür wie für andere gemeinsame Projekte die passenden Zeilen geschrieben. Die ersten Schocks sitzen mit sauberem Timing. Sobald Panik ausbricht, wird die Kamera passend nervös geführt, ohne das Bild zu verlieren. Die Kulisse ist dazu stets - also nicht nur in den erschreckenden und blutigen Szenen - gut beleuchtet; da macht der Regisseur seinem berühmten Konkurrenten James Wan („Saw“, „Insidious“, „Conjuring“), der das Geschehen außerhalb des unmittelbaren Horrors stiefmütterlich behandelt, noch etwas vor.
Sukzessive werden die Davisons und weitere Eingeladene von Invasoren mit Tiermasken erlegt. Leider lässt die aufgebaute Spannung nach, weil die Szenerie nur anfangs schaurig konstruktiv ist. Begleitend ertönt stilunsicher synthetisch erzeugter Sound, mal das Horn, mal Elektro-Pop-Rhythmen 80er-like. Das mündet jedoch insgesamt nicht in Langeweile. Erin (Sharni Vinson), die Lebensgefährtin von Crispian und survivalerprobt, ergreift die Initiative zu Gegenmaßnahmen und setzt den animalischen Killern ordentlich zu. Die ausstrahlungsstarke Schauspielerin kann durchaus beeindrucken. Weil ihr von Wingard am meisten Zeit gegeben wird, können die anderen Schauspieler den vielen Figuren nur wenig Charakter einhauchen. Die Story sieht diese offenbar vorrangig und genreüblich als Metzelopfer vor. Extremes wie in „Evil Dead“, 2013 von Fede Alvarez, muss der Zuschauer bei den reichlich gebotenen Tötungen nicht ertragen, aber ein FSK 18-horrorgetesteter Magen wird empfohlen.
Das geht so und so weiter, bis der Zuschauer dann schon spät in der Vorführzeit eine Enthüllung erlebt, die der Geschichte eine etwas andere Richtung gibt und später weiterentwickelt wird. Und dann passiert noch etwas: Unvermittelt wird alles lustig in Bild und Text. An eine Horror-Komödie erinnert das nicht zwingend, wenn der Regisseur sich entschließt, so spät damit zu beginnen. Die letzte Viertelstunde regt zwar aufgrund der Dialoge und dem eklig-skurrilen Umgang mit Küchenhelfern zum Schmunzeln und Kichern an, aber diese Handhabung irritiert auch. Dabei könnte das unalbern eingepflegte Humorige als subtil makaber bezeichnet werden, weil das vorher auffallend belanglos Gesprochene im blutbefleckten Umfeld einen Wortwitz erhalten hat und diesen auch hält (ein Cameo von Rapper Cro wird also nicht gegeben und würde eher in die Scary-Movie-Reihe passen). Na, dann lieber reinrassig „Tanz der Teufel 2“, „Armee der Finsternis“ und „Zombieland“ mit Dauerspaß- und gleichem Horrorfaktor, um in den U.S.A. zu bleiben; ein Vergleich mit „Shaun of the Dead“ fällt wegen dem schräg-englischen Spaß aus.
Der Film ist anschaubar, aber 25 Minuten Einfallsreichtum und Spannung - verteilt auf Anfang und Ende - sowie ein paar gut gesetzte Schockmomente machen noch keinen guten Film.