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    Captain Phillips
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    Kino:
    Anonymer User
    4,0
    Veröffentlicht am 22. November 2013
    „Man muss stark sein, um da draußen zu überleben.“ – Was Captain Phillips zu Beginn des gleichnamigen Films ganz allgemein über das Leben in der modernen, globalisierten Gesellschaft sagt, bewahrheitet sich für ihn selbst bald auf äußerst konkrete und dramatische Weise: Auf dem Weg nach Mombasa überfallen somalische Piraten sein amerikanisches Frachtschiff Maersk Alabama. Um seine Crew zu schützen, die sich im Maschinenraum versteckt hält, bietet sich der Kapitän als Geisel für ihre Lösegeldforderungen an und verlässt im Rettungsboot mit den Piraten das Schiff. Als dann noch die US Navy hinzukommt, um ihn zu retten, entsteht eine gefährliche Pattsituation auf dem Meer - bei der nicht nur Phillips um sein Leben kämpfen muss.

    Dass Regisseur Paul Greengrass, international bekannt seit seinem Film „Die Bourne Verschwörung“ im Jahr 2004, mit „Captain Phillips“ erneut eine packende Mischung aus Thriller und zeitgeschichtlichem Dokudrama präsentieren würde, war vorherzusehen. Sein Talent für die spannende Verfilmung brisanter politischer Themen hat der ehemalige Journalist und Dokumentarfilmer mit Filmen wie „Bloody Sunday“ oder „Flug 93“ bereits mehrfach unter Beweis gestellt. Auch die Handlung von „Captain Phillips” beruht auf wahren Ereignissen: Die spektakuläre Geiselnahme fand im April 2009 tatsächlich so statt. Hinzu kommt auch hier ein hochaktuelles, politisch-soziales Hintergrundthema: Das Wesen unserer globalisierten Welt.

    „Die Schönheit dieser Geschichte liegt darin, dass alle finanziellen und wirtschaftlichen Kräfte am Ende auf zwei Personen heruntergebrochen werden“, sagt Greengrass in einem Interview mit . Da ist zum einen Captain Richard Phillips, brilliant dargestellt von Oscarpreisträger Tom Hanks in seiner Paraderolle des einfachen Mannes, der angesichts großer Herausforderungen heldenhaft über sich hinauswächst. Ihm gegenüber steht Muse (Barkhard Abdi), Anführer der vier somalischen Piraten, die das Schiff überfallen. Zwei Kapitäne, die auf den ersten Blick unterschiedlicher kaum sein könnten: Phillips, besonnen, pflichtbewusst, zivilisiert, und dabei der Inbegriff amerikanischen Heldentums. Muse, wild, fremd, gefährlich, schlau, und mit dem Mut der Verzweiflung.

    Erste Welt gegen Dritte Welt - hier prallen die krassesten sozialen Gegensätze knallhart aufeinander, das prägt den ganzen Film und zeigt sich mit ungeheurer Wucht in vielen Szenen. Ein winziges, schrottreifes Motorboot nimmt es mit einem riesigen, vollbeladenen, modernen Containerschiff auf. Schmutzige, dürre, zerlumpte Schwarze bedrohen gepflegte, wohlgenährte Weiße. Die volle Kampfkraft der US Armada samt Kriegsschiffen, Hubschraubern und modernster Computertechnik richtet sich tödlich präzise gegen vier chaotisch agierende Fischer-Piraten mit Gewehren in einem gekaperten Rettungsboot. Und über allem schwebt die Angst.

    Die so entstehende filmische Intensität verstärkt Paul Greengrass noch durch den dokumentarischen Charakter, den er seinem Werk verleiht. Dazu trägt die für seine Thriller charakteristische, unruhige Kameraführung ebenso bei wie die physische Präsenz der Szenen - drei Viertel des Films wurden auf offener See gedreht. Musik wird selten eingesetzt. Die Somalier sind Laienschauspieler, was die Authentizität ihrer Figuren erhöht, wenn man auch nicht ganz darüber hinwegsehen kann, dass Muses Figur im Vergleich zu Phillips´ nur oberflächlich ausgearbeitet ist und man enttäuschend wenig über seine Hintergründe erfährt. Auch wenn Greengrass behauptet, beide Seiten gleichermaßen beleuchten zu wollen, konzentriert sich der Film vor allem gegen Ende doch sehr überwiegend auf die amerikanische. Das ist schade, denn das kennt man von Hollywood bereits zur Genüge.

    Immerhin wird kein plattes Gut-gegen-Böse-Schema vorgeführt. Bei aller Gegensätzlichkeit der beiden Kapitäne gibt es doch seltene Momente des gegenseitigen Verständnisses. Denn letztendlich sind sie beide nur Menschen in einer verzweifelten Situation, und dabei hilflos Mächten ausgeliefert, auf die sie keinen Einfluss haben. Phillips´ Schicksal ist vollkommen abhängig vom Verhalten der Navy. Muse wird durch die Überfischung der Meere und somalische Warlords zur Piraterie gezwungen. „Es muss doch was anderes geben als Fischer sein und Menschen entführen“, sagt Phillips zwar. „Vielleicht in Amerika“, antwortet Muse. Trotzdem glaubt er bis zuletzt, dass alles gut wird.

    „Captain Phillips“ ist ein hochspannender Thriller, der durch eine außergewöhnliche wahre Geschichte, intelligente Gestaltung und einen großartigen Tom Hanks überzeugt. Ein Film, der unter die Haut geht und lange dort bleibt.
    Kino:
    Anonymer User
    4,5
    Veröffentlicht am 22. November 2013
    „Captain Phillips“: Packendes Geiseldrama auf Hoher See

    Ein Rettungsboot schippert über das Meer. Am Bug ist ein Seil angebracht. Es spannt sich hinüber zu einem Zerstörer der US-Navy und ist die letzte Hoffnung für einen der Insassen des Bootes: Captain Richard Phillips. Fünf Tage ist er nun schon eine Geisel. Gefangen in der orangenen Kapsel, entführt von vier bewaffneten somalischen Piraten. Sie sitzen alle in einem Boot. Zermürbt, mit den Nerven am Ende, nahe dem Wahnsinn. Abgeschleppt von der US-Navy. Diese plant den Captain zu befreien. Ein lebensgefährlicher Drahtseilakt.

    Dem englischen Regisseur Paul Greengrass gelingt mit „Captain Phillips“ ein packender, atemloser Thriller. Zusammen mit seinem Drehbuchautor Billy Ray verstrickt er einen Spannungshöhepunkt nach dem anderen. Der zweifache Oscargewinner Tom Hanks stellt den entführten Seefahrer dar. Eine „Jedermann-Figur“, wie Greengrass den Charakter beschreibt. Jemand der seinen Job machen will. Einer der weder als Held taugt noch einer sein will. Das macht ihn zu der Identifikationsfigur des Films.
    Das Ganze basiert auf einer wahren Geschichte aus dem Jahr 2009. Der Frachter „Maersk Alabama“ wurde am Horn von Afrika von somalischen Piraten geentert. Nach einem nervenaufreibenden Katz-und-Maus Spiel mit der Crew verlassen die Somali das Schiff mit einer Beute in Höhe von 30.000 US-Dollar und dem Kapitän als Geisel. Sie fliehen per Rettungsboot. Ihr Ziel ist, an die somalische Küste zu gelangen und ein Millionenschweres Lösegeld für Richards zu erpressen.

    Eindrucksvoll verdeutlicht der Regisseur die Kontraste, die sich allein durch die wahren Begebenheiten bieten. Die ersten Szenen spielen im tristen und verregneten Vermont. Phillips ist zusammen mit seiner Frau auf dem Weg zum Flughafen. Sie reden über ihre Kinder, die Zeit, in der diese heranwachsen. Früher hätte es gereicht hart an sich zu arbeiten, um Kapitän zu werden. Heute kämpfen dreißig Leute um einen Job. Der erste Gegensatz den Greengrass plakatiert. Im Anschluss: Hektisches Treiben am Strand eines somalischen Dorfes. Greengrass fing die Szenen mit der Handkamera ein. Eine Spezialität des Engländers. Die Bilder sind verwackelt, wirken überwältigend real. Die Leinwand scheint kein großes Plakat sondern als ein tiefer Raum, in den man eindringt, auch ohne 3D.

    Die Diskrepanzen ziehen sich weiter wie ein roter Faden durch den Film. Ein kleines Boot jagt das große Schiff, die bewaffneten Piraten bedrohen die unbewaffnete Crew. Das kleine Rettungsbot wird verfolgt von drei gigantischen US-Zerstörern. Die reiche westliche Welt gegen die Habenichtse. Drehbuchautor Billy Ray unterstreicht mit prägnanten Dialogen die krassen Kontraste. Es müsse doch noch etwas anderes geben als Menschen zu entführen meint Phillips zum Anführer der Piraten. Dieser entgegnet: „Vielleicht in Amerika, vielleicht in Amerika.“

    Nach der Entführung Phillips entbrennt ein nervenzerreißendes Psychospiel zwischen Laiendarsteller und Oscarpreisträger. Die Akteure befinden sich dabei auf Augenhöhe. Der Piraten-Anführer Muse wird von dem Somali Barkhad Abdi dargestellt. Die Genugtuung, die Verzweiflung, der Wahnsinn, selten sieht man die Gefühle einer Figur so stark in den Augen wie bei Abdi. Auch Tom Hanks trumpft auf. Seine Klasse zeigt sich besonders in den letzten Sequenzen des Films. Die Furcht, die in seinem Gesicht geschrieben steht, scheint absolut real zu sein.

    „Captain Phillips“ zeichnet das Bild von Gewinnern und Verlierern. Der Regisseur Versinnbildlicht letztere im Anführer der Piraten. Er ist ein dürrer, kompromissloser junger Mann. Dabei war er nur ein kleiner Fischer. Bedingt durch die westliche Konkurrenz zappelt in den Fischer-Netzen jedoch nichts mehr. Muse wird zum Pirat. Zu einer Art Köder, der im rasanten Hafen des Kapitalismus erst von seinen Bossen ausgeworfen wird, um nach dem Einholen der Beute nichts mehr von dieser zu sehen. Er wird jedes Mal einfach von den großen Fischen verschluckt. Sechs Millionen Dollar hätte er bei seinem letzten Beutezug herausgeholt, berichtet er seiner Geisel stolz. Warum er dann hier sei, fragt Phillips. „Halt’s Maul. Du redest zu viel.“, ist die vielsagende Antwort des Somali. Greengrass bringt Verständnis für die Taten der jungen Afrikaner auf, jedoch wahrt er immer die Distanz. Zu brutal und furchterregend agieren die Piraten.
    Der Thriller bleibt nahe an den wahren Ereignissen. Die Rettungsaktion erzählt Greengrass ohne Pathos. Er zeigt mit dem US-Militär einen Apparat, indem höchst professionell gearbeitet wird. Alles läuft mechanisch ab, die Bilder unterstreichen dies. Der Auftrag lautet, das Boot daran zu hindern die somalische Küste zu erreichen, das Überleben der Geisel ist, so hart es klingt, zweitrangig. Eine Heroisierung sieht anders aus.

    In „Captain Phillips“ gibt es keine Helden. Paul Greengrass zeigt einen Überlebenskampf auf intensivste Art und Weise. Nicht unkritisch reflektiert er dabei das Ungleichgewicht unserer ökonomisierten Welt und der sich daraus entwickelten Kriminalität.
    Kino:
    Anonymer User
    4,0
    Veröffentlicht am 23. November 2013
    Fernab von den Pop-hedonistischen Produktionen Hollywoods erscheint Paul Greengrass‘ neuer Film „Captain Phillips“. Ein Piratenfilm, der seines gleichen sucht und sich von den gängigen netten Produktionen dieser Art mehr als nur abhebt.
    April 2009. MV Maersk Alabama. Sein Blick schweift über den Radar. Ein kurzer Moment des Zögerns. Skepsis. Er verlässt das Steuerhaus und begibt sich an Deck. Ein durchdringender Blick aufs offene Meer. Nichts. Noch nichts. Das Container-Schiff startet ein Wendemanöver. Wieder ein Blick auf den Radar. Es kommt näher. Langsam. Genüsslich. Nervosität hält schleichend Einzug in die Kommandobrücke. Die Maschinen des Schiffs laufen gespannt auf Hochtouren. Wieder ein Blick durch das Fernglas: er röntgt die große, weite See. Und dort, weit hinten am Horizont, erscheinen zwei Boote - motorisierte Nussschalen mit ebenso spartanischen Gestalten. Sie kommen. Ihr Ziel: das Schiff zu kapern. Sie versuchen alles, doch das hiesige Schiff scheint stärker. Ein kurzer Moment der Überlegenheit macht sich in den Gedanken des Kapitäns breit, am nächsten Tag wird dieser jedoch gesühnt.
    Die US-amerikanische Produktion, die am 14. November diesen Jahres in den deutschen Kinos startete, beschäftigt sich mit dem Thema Piraterie im 21. Jahrhundert. Ausdruck und Substanz bekommt der Film von tiefgreifenderen Prozessen. So lauert im Untergrund der Geschichte, die sich ebenso von der Materie ‚Kapitalismus und Globalisierung‘ speist, die Konfrontation zweier Kapitäne unterschiedlicher Welten: Phillips alias Tom Hanks als Kapitän eines großen Frachtschiffs trifft auf Muse, Kapitän eines kleinen somalischen Piratenboots – ein Kampf David gegen Goliath. Doch gerade dieser Konflikt ist es, der den Film vorantreibt.
    Dieser Thriller charakterisiert sich durch die ungefälschte Authentizität der Spannung, was sich sowohl auf die Kapitän-Differenzen, als auch auf die Piraterie selbst bezieht. Zu verdanken ist diese Authentizität einerseits dem Drehbuch Billy Rays („State of Play – Stand der Dinge“ (2009); „Die Tribute von Panem – The Hunger Games“ (2012)), andererseits auch der schnörkellosen Inszenierung des Regisseurs Paul Greengrass. Dabei versteht Greengrass das Handwerk wie kein anderer, einen genialen Thrill auf den nächsten zu stapeln. So folgen auf das Kidnapping von Richard Phillips atemberaubende Szenen auf einem kleinen orangefarbenen Rettungsboot der ‚Alabama‘, auf dem der Kapitän des Frachtschiffs auf engstem Raum mit den Piraten zusammengepfercht ist. Der Einsatz von Handkameras und schellen harten Schnitten unterstreicht dabei die Unmittelbarkeit der Geschichte. Die somalischen Piraten werden in keinster Weise sympathisch dargestellt. Sie zeigen keine Skrupel, sie schrecken nicht vor Mord zurück. Dennoch liefern sie Ansätze, die semiidentifikatorische Momente zulassen. Als menschliche Lebewesen sind sie getrieben von dem unbedingten Überlebenswillen, der die Fischer einst in die Piraterie getrieben hat. Der Film verzichtet auf die Dämonisierung des Bösen und humanisiert es stattdessen. Auf diese Weise werden ihre Aversionen gegenüber der westlichen Welt nachvollziehbarer, ihre emotionalen Ausbrüche und Paranoia glaubhafter. Auch Phillips erscheint nicht als Superheld: er ist und war nie zum Helden prädestiniert. So zeigt er sich vielmehr als Antiheld gestützt von formidabler schauspielerischer Leistung durch Tom Hanks, die ein Vielfaches zur Authentizität des Films beiträgt. Seine ungeschminkte Menschlichkeit und die Umstände zwingen ihn zu handeln. Und so begibt er sich als Geisel in die Obhut des Grauens, um seine Crew aus der Gefangenschaft der Piraten zu retten.
    Greengrass‘ Produktion ist sicherlich kein nach ‚sex, blood and crime‘ schmachtender Thriller, er lebt vielmehr von der Ehrlichkeit der Handlung und das sowohl bezogen auf die Menschlichkeit der Figuren, als auch auf die Geschehnisse. Der Oskar-nominierte Regisseur beschritt bereits mehrmals den Weg der ‚Quasi-Dokumentation‘. Der Durchbruch gelang ihm mit „Bloody Sunday“ im Jahr 2002. Ein Film, der erzählt, was sich am 30. Januar 1972 in der nordirischen Stadt Derry zugetragen hat, als bei einer Demonstration zahlreiche Zivilisten von britischen Fallschirmjägern umgebracht wurden. Diesen dokumentarischen Gestus führte er mit „Flug 93“(2006) fort – ein Katastrophendrama, das die Anschläge des 11. September thematisiert. Mit der Verfilmung von „Captain Phillips“ gelang ihm ein weiterer Coup eines lebensechten Films, der sich von dem all-gegenwärtigen Mainstream Hollywoods weit distanziert. Mit dieser Produktion hat es Greengrass geschafft, die Chronik des wirklich geschehenen Piratenangriffs auf die ‚Maersk Alabama‘ im Jahre 2009 authentisch nachzuzeichnen.
    „Captain Phillips“ - ein Film, der sich von jeglicher Hyperbolik zu distanzieren vermag - lebt nicht nur von einer nervenzereißenden wie tiefgründigen Spannung, die sich hinter jedem Atemzug verbirgt. Dieser Film geht vielmehr auf in einer alles zersetzenden Farce über die Globalisierung und Weltwirtschaft.
    Max H.
    Max H.

    89 Follower 153 Kritiken User folgen

    4,5
    Veröffentlicht am 20. November 2013
    Schon einiges passiert, auf den Ozeanen dieser Welt. Besonders, wenn man der Filmwelt Glauben schenken will. Dort war erst letztens "Life of Pi" zu sehen, ein Mann – gegen – die – Natur Spektakel des visuellen Rausches. Nun schenkt uns Bourne – Regisseur Paul Greengrass eine ziemlich aktuelle Bestandsaufnahme der Piraterie in Somalia. Wobei besser gesagt, einen bereits ereigneten Fall, basierend auf wahren Begebenheiten. Greengrass macht daraus ein kaum vorstellbar spannendes Szenario, mit bedächtiger Ruhe inszeniert, zieht er zum Schluss alle Register und entfesselt ein sich elektrisierend zuspitzendes Finale mit unglaublich authentischen Figuren.

    Tom Hanks erneut als Hauptdarsteller in einem ambitionierten Film mit geschichtlichem(!) Hintergrund – da klingeln ja die Oscarglocken, notfalls auch ohne Sichtung des Stoffes. Doch schon der Trailer verrät in seinen Credits bereits, wohin die (Schiffs)reise geht, "Captain Phillips" ist ein Paul Greengrass Film. Er vergisst in seiner äußerst bedachten Inszenierung niemanden, lässt Terroristen und Crewmitgliedern genug Raum für die Entfaltung der einfach gestrickten, aber wirkungsvollen Story. Dabei fällt auf, dass Greengrass niemals nach glattgebügeltem Schema F vorgeht: Die Piraten verlieren auch schon zu Beginn eine Verfolgungsszene und trotz der Vorhersehbarkeit der Kaperung, reißt Greengrass das Ruder ein ums andere Mal um. Dabei behält er es sich aber genaustens vor, vorzuverurteilen oder zum Helden zu stilisieren, abgesehen natürlich bei der Rolle des Captain Phillips im Laufe der Handlung, die aufgrund des Titels ein wenig in der Vordergrund rückt. Aber es fällt bei der Darstellung der US-Navy (und Seals und welche hochwichtigen Einheiten, die da noch im Ozean schippern haben) auf, die kalt, neutral und unpatriotisch charakterisiert wird, dass es in diesen Augenblicken eher der Doku einer Befreiungsaktion gleicht, als der Abhandlung von Hollywood – Material. Sehr erfreulich, bedenkt man die diesjährigen US – Heldenaktionen auf der Kinoleinwand.
    Kommen wir nun also zur Greengrass'schen Kameravielfalt: Diesmal halten sich die wackligen Bourne – Kamerafahrten, die so wirkten als nähmen sie die Action nicht immer ganz ernst, vornehm zurück, was der Intensität, vor allem im halbstündigen Schlussakt keinen Abbruch tut. Greengrass bemüht sich auffallend um Reife und Souveränität bei seiner Filmung. Denn hochspannend ist "Captain Phillips" in jeder Sekunde, was den ein oder anderen im Saal doch ziemlich überrascht hat, wurde dieses Material doch unter "beruhend auf wahren Begebenheiten" als eher dröge im Vorhinein abgestempelt.
    Doch all das würde in seiner Gänze nicht annähernd so genial rüberkommen, wären da nicht "Charakterfresse" Barkhad Abdi und seine afrikanischen Schauspieler, denen hier wohl die größte Ehre zukommen sollte. Abdi und seine Kollegen spielen mit derart überirdischer Souveränität, man könnte meinen, sie hätten dieses Schiff tatsächlich mal gekappert oder in ihrem Leben nichts anderes getan, als zu schauspielern. Eine grandiose Leistung aller Beteiligten, die nicht unbeachtet bleiben sollte. Diesen gegenüber fällt Tom Hanks aber zu keinem Zeitpunkt ab, wobei er hier schon zu absoluten Höchstleistungen angetrieben wird. Man sieht Hank's Captain Richard Phillips in taktischen Überlegungen, souveränen Verhandlungsmomenten und Situationen, in denen sich menschliche Abgründe auftun. Hanks wirkt immer gekonnt souverän und das solange, bis er gegen Ende psychisch und physisch dem Kollaps nahe ist. Ein schauspielerischer Kraftakt!

    Fazit: Captain Phillips eröffnet nun die selbsternannte Oscar – Phase, in der uns einige filmische Höhepunkte serviert werden sollen(wollen, werden)??? Egal, Greengrass' Film legt einen fulminanten Start auf den Zellulid, generiert wieder höchste Spannung in einem diesmal durchgehend authentischen Ambiente mit schauspielerischen Glanzleistungen, gekonnten Kamerafahrten und einem, ach das hab ich ja vergessen, aber das ist bei Greengrass ja immer exzellentes Topping, nervenaufreibenden Score, den dieser Film auch einfach verdient hat.
    Kino:
    Anonymer User
    4,5
    Veröffentlicht am 22. November 2013
    Das Schiffsradar piepst alarmierend. Kapitän Phillips identifiziert ein abgenutztes Schnellboot durch das Fernglas – und hat Angst, denn er weiß, was passieren wird. Piraten steuern in Rasanz auf das US-Containerschiff zu und schießen wild auf die Maersk Alabama. In ihrer Nussschale liegt eine Leiter, die sie versuchen an der Schiffsrehling festzuhaken. Die Leiter sitzt. Fest. Einer nach dem anderen klettert daran hoch, augenblicklich stehen sie vor Phillips. „Sieh‘ mich an!“, fordert der somalische Anführer Abduwali Abdukhadir Muse mit bedrohlichem Blick. „Sieh‘ mich an! Ich bin jetzt der Käpt‘n!“

    Phillips und die Piraten machen einen Deal: 30.000 Dollar und das Rettungsboot mit dem sie verschwinden. Muse reagiert blitzschnell, denn plötzlich befinden sich die Somali auf freier Fahrt auf hoher See – mit Phillips als Geisel, eingezwängt in klaustrophobischer Enge.

    Der Regisseur Paul Greengrass ist seit seinem Film Bloody Sunday (2002), ein Film über den irischen Blutsonntag vom 30. Januar 1972, bekannt für Politthriller, die sich auf reale Begebenheiten stützen. Auch dieser Film, Captain Phillips, basiert auch einer wahren Geschichte: Somalische Piraten überfallen im April 2009 das Frachtschiff Maersk Alabama, das von Oman nach Mombasa das Horn von Afrika, Piratengewässer, passieren muss. Der Kapitän Richard Phillips hat das autobiographische Buch „Höllentage auf See“ darüber verfasst, denn er kam mit seinem Leben davon. Nicht so wie die anderen 62 der 2000 Seeleute, die zwischen 2009 und 2012 Geiseln der Piraterie wurden.

    Nichts wird verschönt, es ist ein schnörkelloser Thriller. Es gibt keine Nebenhandlungen, der Regisseur visualisiert das reine, unpolierte Ereignis – die gewaltsame Geiselnahme Phillips auf dem Meer – und aggressiven Nervenkitzel; ohne übertriebene, lächerliche, ohne künstliche, fehl am Platz wirkende Action. Im Fokus steht das Wesentliche, aber mit einer so hochspannenden Intensität, das es den Atem raubt, denn die Piraten sind undurchschaubar. Die Farben sind blass, sie wirken als wäre das Leben aus ihnen herausgesaugt worden, die Aufnahmen sind dokumentarisch, und manchmal so schnell und durcheinander, als würde der Film außer Kontrolle geraten. So wie die fünf Gestalten im Rettungsboot es tun.

    Die Piraten sind permanent überfordert und paranoid. Muse ermutigt sich selbst: „Alles wird gut.“ Das bedeutet so viel wie: Nichts ist gut. Nichts wird gut. Es bleibt ein Zwei-Mann-Kampf: Muse gegen Phillips. Er verweigert Phillips das Trinkwasser und hält ihm die Waffe an die Schläfe, lächelt gefährlich dabei, spart nicht mit Morddrohungen. Er knallt durch und die Piraten eskalieren unter einander. Nach und nach werden die Nerven des Kapitäns zermürbt bis er nur noch von nackter Todesangst zerfressen wird. Jede Bewegung seiner Pupillen, jede Silbe, jedes schmerzhafte Aufstöhnen kauft man Tom Hanks ab. Er und Kapitän Phillips sind eins – die Geisel der Somali –, denn jede von Hanks Bewegungen und Gesichtsausdrücken und insbesondere seine Augen – durch die man bis ins Gehirn schauen und die Furcht spüren kann – sind so klar, dass sie keine Sekunde an der Authentizität des Charakters Zweifel aufbringen. Hanks trägt den Film.

    Im Film – so wie auf dieser Welt – zeichnen sich die Gegensätze scharf und in einer unbegreiflichen Gewaltsamkeit ab. Es ist nicht nur ein Film, es ist die Verzahnung von Film und Wirklichkeit, ein Verweben von Tatsachen und Filmaufnahmen ineinander. Die abgemagerten Somali haben schlechte Zähne und tragen zerlumpte Kleidung. Sie haben nichts – außer Waffen, die töten können. Genau das macht die Gefahr aus: Sie haben nichts zu verlieren. Phillips aber ist ein alltäglicher Mann mit Familie, einer ihn liebenden Frau und Kindern, er trägt eine Brille, einen grauen Bart und stammt aus der Nation, die sich Fortschritt und Macht auf die Flagge geschrieben haben. Die USA und die United States Navy SEALs nehmen in diesem Kontext eine sehr überwältigende Stellung ein. Sie eilen mit drei Kriegsschiffen zur Hilfe: dem Zerstörer USS Bainbridge, der USS Boxer und der Fregatte USS Halyburton. Sie wirken wie die Götter des Meeres und hier vollzieht sich der Höhepunkt des ungleichen Kampfes zwischen der US-amerikanischen Macht, der kühlen, militärischen Präzision und der Not der barfüßigen somalischen Armen. Der Film ist Abbild der Asymmetrie von Arm und Reich, Kontrolle und Kraftlosigkeit.

    Am Ende bleiben das Gefühl der Erleichterung und der Wunsch nach einem Happy End aus. Eigentlich bleibt auch der Wunsch danach aus, denn die Grausamkeit des Films fordert nach einem angemessenen, der Grausamkeit würdigendem Ende. Tom Hanks zittert und liegt nervlich am Boden. Der Film geht tief unter die Haut – und hinterlässt Schock, Einsamkeit und Unfassbarkeit. Es ist schier unerträglich.
    Tinyghost
    Tinyghost

    15 Follower 72 Kritiken User folgen

    5,0
    Veröffentlicht am 7. Februar 2014
    Dass gleich zwei derart spannende, nervenzerreissende Filme in einem Jahr erscheinen ist wirklich rar. Neben "Gravity" war dies das spannendste Kinoerlebnis seit langem. Atemberaubend! Der Zuschauer hat praktisch keine Minute Zeit sich zu erholen, wird über die gesamte Filmlänge derart hineingezogen und dann auch noch mit einem zutiefst ergreifendem Finale belohnt.
    Der wie schon erwähnt fast schon dokumentarische, aber gleichsam hoch emotionale Stil von Greengrass lässt den Betrachter förmlich hautnah dabei sein, mitfühlen, mitleiden...Man weiss, dass Phillips überleben wird aufgrund der wahren Hintergrundgeschichte des Filmes. Doch dies nimmt der Spannung nichts, zu keiner Minute. Keine Längen, kein oberflächlicher Heldenruhm, keine unnötige Verzerrung. Neben der unfassbar spannenden Grundhandlung gewährt einem der Regisseur clever inszeniert kleine Einblicke in die Hintergründe, welche trotz ihrer scheinbaren Beiläufigkeit vielschichtige und intelligente Statements darstellen. Diese Einblicke ergeben ein Bild, welches weit mehr als nur "gut vs. böse" darstellt. Aber auch nicht in vereinfachende Anklagen verfällt - eben differenziert, skeptisch gegen beide Seiten. Bisweilen ist es nur eine kleine Andeutung, eine Äusserung oder einfach nur eines der vielen starken Bilder, die zum denken anregen bzw. Fragen aufwerfen. Kurzum, die Regie ist exzellent, das Schauspiel aller Protagonisten absolut stark und überzeugend, die Kamera setzt all dies in grossartige, packende Bilder um. Nicht zuletzt überzeugt auch der zweitweise an Hans Zimmer's mächtigen "Inception" Track erinnernde Soundtrack, dem es gelingt die Spannung auch durch die Musik über die volle Filmlänge nicht nur zu halten, sondern auch noch konstant zu steigern.
    Ich wüsste nicht, wie man diesen Stoff besser hätte auf die Leinwand bringen können, daher von mir: 5 Sterne!
    IamBangsy
    IamBangsy

    25 Follower 130 Kritiken User folgen

    4,5
    Veröffentlicht am 13. August 2015
    Der Film ist ein absolutes Highlight.
    Besonders das dramaturgisch großartig inszenierte Ende, wo das Zusammenspiel von Kameramann und Hauptdarsteller (Tom Hanks), für reichlich Gänsehaut und Tränen sorgt, bleibt im Gedächtnis.
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    Captain Phillips wird von somalischen Piraten als Geisel genommen um Lösegeld zu fordern.
    Während die US Navy alles daran setzt Phillips unverletzt zu befreien, spitzt sich die Lage zischen Geisel und Geiselnehmer weiter zu.
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    Der Film zeigt nicht mit dem Finger auf die somalischen Piraten und feiert auch nicht das amerikanische Militär; es zeigt die Geschehnisse und gewährt gelegentlich auch Einblicke in die Hoffnungslosigkeit der Piraten.
    Somalia ist ein gescheiterter Staat, wo Menschen Dinge tun um zu überleben, die für uns unmenschlich erscheinen.
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    Das Ende des Films ist eine absolute Augenweide. Großartige Leistung von Tom Hanks! WOW!
    fighty
    fighty

    24 Follower 108 Kritiken User folgen

    3,5
    Veröffentlicht am 12. Januar 2014
    Wer glaubt dass so ein Piratenueberfall abläuft, ist leider nicht im Bilde. Ich empfehle "A hijacking". Dennoch solider Thriller mit grandiosem Tom hanks.
    Daniel P.
    Daniel P.

    79 Follower 227 Kritiken User folgen

    3,0
    Veröffentlicht am 26. Januar 2015
    Ein klassischer Tom Hanks und ein paar wirklich super Laien-Schauspieler ergeben einen soliden Film.
    Zach Braff
    Zach Braff

    317 Follower 358 Kritiken User folgen

    4,5
    Veröffentlicht am 18. Februar 2014
    Sehr spannender und intensiver Film mit einem stark aufspielenden Tom Hanks. "Captain Phillips" beginnt vielversprechend und braucht nicht lange um in Fahrt zu kommen. Die Übernahme des Schiffes durch die Piraten ist wirklich sehr packend inszeniert! Lediglich die ersten 20-30 Minuten auf dem Rettungsboot im Mittelteil ziehen sich etwas in die Länge. Doch das ebenso nervenzerreißende, wie auch emotionale Ende macht noch mal einiges gut. Die letzten 10 Minuten des Films gehören tatsächlich zu den Stärksten des Kinojahres 2013.
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