Der meisterwartete Film des Jahres lautete für mich nicht "Man of Steel" und kommt auch nicht aus Mittelerde, Edgar Wright's "The World's End" mit dem unschlagbaren Duo Simon Pegg und Nick Frost hatte ich bereits vor Jahresbeginn als absolutes Highlight vorgemerkt. Wieso? Weil Wright in seiner eigentlich noch jungen Karriere schon etwas wie eine Nolan – Garantie ausgesprochen wird: Was er bisher angepackt hat, schlug voll ein und auch "The World's End" macht da keinen Ausreißer nach unten. Er komplettiert seine selbsternannte "Cornetto" oder Blood and Ice Cream Triologie mit einem exzellent aufgelegten Kumpeltrip, der fernab der ganzen Invasion und Zerstörung trotzdem so lebensecht wirkt, wie es kein Film ähnlichen komödiantischen Anspruchs bewerkstelligen könnte.
Und dabei beginnt "The World's End" sehr gemächlich. Durch und durch britisch, sollte man bei "The World's End" nicht mit der Lupe nach dem Witz suchen oder ihn erzwingen, Edgar Wright's Filme sind immer Werke von denen man sich voll und ganz mitreißen lassen sollte. Die Machart ist dieselbe, die auch schon seinen Vorgängern "Shaun of the Dead" und "Hot Fuzz" ihr unschlagbares Rezept lieferte: Neben zahlreichen Anspielungen, auf diesmal Sci – Fi Filmen wie unverkennbar "Das Dorf der Verdammten" oder "Die Körperfresser kommen", erzählt Wright die Geschichte von heranwachsenen Menschen, sein dritter Teil gipfelt sogar in der Tatsache, dass wir es mit 40 Jährigen zu tun haben, die das Kind in sich wiederentdecken. Kongenial verbindet er dabei Schulhofschlägerein, Erinnerungen an alte Saufgelage und problematische freundschaftliche Beziehungen in einer augenzwinkernden Odyssee durch die Kneipen einer Kleinstadt. Dadurch schafft er es, trotz irrwitziger Ausgangslage und durchgedrehtem Fortschreiten, die Sympathien und das Verständnis des Zuschauers zu erlangen. Er projeziert eine glückselige Erinnerung aus einer längst vergessenen Ära, vergleicht die heutige Jugend sogar einmal augenzwinkernd mit "Cyborgs".
Mehr und mehr lässt Wright seine Protagonisten dann zu Helden aufsteigen, die mittels ihrer Freundschaft und natürlich auch des Alkhols zu Weltenrettern stilisiert werden. Hier und da garniert er einige Momente, in denen er auch immer wieder die Triologie als Ganzes miteinbezieht: Das Cornetto darf nicht fehlen, auch wenn es diesmal arg passiv eingesetzt wird, ebenso gewitzt ist erneut die Gartenzaunszene.
Die Höhepunkte dieses Films setzt Edgar Wright aber diesmal in seinen Actionsequenzen, die auch seine beiden Vorgänger in Sachen Orginalität und Situationskomik deutlich ablösen. Gewitzt wird hier ein Büroangestellter (Nick Frost) im drohenden Auge der Gefahr zu einem Spezialisten in Sachen Action- und Wrestlingmoves. Noch witziger gestaltet sich sogar Simon Pegg's verzweifelter Versuch während eines Kampfes sein Bier auszutrinken, wobei er vor dem erlösenden Schluck immer von einem anderen Angreifer abgelenkt wird.
Jener Pegg ist diesmal auch Dreh- und Angelpunkt der Geschichte. Denn während die Anderen zunächst in Fahrt kommen müssen, scheint er schon zu Beginn von seinem Enthusiasmus dermaßen gepuscht, dass der Film auch mit ihm alleine funktioniert hätte. Er wirkt teilweise ein wenig infantil, hat aber immer passende Oneliner auf der Zunge und aberwitzige Einfälle im Hinterkopf, die ihn zumeist aber immer tiefer in Probleme bringen, z.B. als er lässigerer Weise bevorzugt, vom Dach zu springen, als die Regenrinne herunterzuklettern. Neben ihm sind die weiteren vier Freunde nach anfänglichem Zögern sehr authentisch und witzig, dass man vermutet, Wright hätte seine Protagonisten lediglich abgefüllt und dann die Kamera draufgehalten. Es ergeben sich sarkastische, schwarzhumorige und irrwitzige Gesprächsinhalte inmitten der Runde, während die drohende Invasion ihr übriges abgedrehtes Potential ergänzt. Schlussendlich findet der Film in einem Schlussplädoyer für das Recht des Menschen auf Dämlichkeit und Trunkenheit sein völlig unerwartetes Ende, bei dem aber auch nicht müde wird, zu erwähnen, dass die heutige, neuartige Technik Grund für die Misere auf dem künftigen Planeten ist. Wright bleibt folglich bis zum Ende einem gewissen Oldschool – Stil treu und lässt den zuvor faulen und betrunkenen Loser Pegg zum Mythos seines ganzen Werks werden, zum King, Gary King.
Fazit: Ich prognostiziere mal ins Blaue: Viele werden enttäuscht sein, "The World's End" hat weder die handwerkliche Perfektion und Gagdichte eines "Hot Fuzz" und auch nicht die völlige Originalität eines "Shaun of the Dead".
Edgar Wright, Simon Pegg und Nick Frost generieren hier am Ende ein Werk, das sich trotz der anarchischen Grundhaltung, sehr persönlich anfühlt. Es beinhaltet genügend Witze, aber vor allem die richtige Einstellung und Lebensnähe, die diesen Film so unverzichtbar macht. Man kommt nicht umher, die goldene Meile am Ende selbst einmal laufen zu wollen, wenn dabei nur etwas annähernd so abgedrehtes bei herum kommen würde. Also, ab ins Kultregal mit dieser Triologie.
Shaun of the Dead 4/5
Hot Fuzz 5/5
The World's End 4,5/5
P.S. Für die Palette an Anspielungen eines Edgar Wright gilt wie immer: Mehrfach schauen zahlt sich aus!