Kaum ein Filmemacher der Neuzeit hält seine Filme auf solch konstant hohem Niveau wie Quentin Tarantino. Was er bereits 1991 mit "Reservoir Dogs" sehr eigen und stilbetont begonnen hatte, führte er über die Jahre in vielen Facetten fort. Dabei bleibt er sich genauso treu wie seinem eigenen polarisierenden Charakter, nichtsdestotrotz etabliert er sich als größter Inszenierer und Künstler der jüngeren Kinogeschichte, seine Filme sind Kulturgut und seine Werke werden stets verehrt und honoriert, wie immer gut besucht. Sein neuster Film "Django Unchained" bildet da keine Ausnahme, schon in den ersten Wochen bildet er die unangefochtene Spitze und auch qualitativ weiß er bereits mit Golden Globes und Oscarnominierungen zu überzeugen.
"Django Unchained" ist diesbezüglich aber ein etwas gewandelter Tarantino, als dass er sich hier an einem Western – Epos versucht, der sowohl Tarantino's berühmten Fingerübungen wie Finesse und Dialogkunst als auch eine Abenteuererzählung beinhaltet. Und da liegt auch leider das, zugegeben eigentlich einzige, Problem des Films. Tarantino will seine Elemente mit dem Western kreuzen und das gestaltet sich als nicht so einfach. Während seine Dialoge wieder messerscharf gefeilt sind und die Momente meist in einem typischen blutigen Klimax enden, versucht er seine Erzählung in den Zwischensequenzen dann und wann zu gemächlich vorwärts zu treiben. Das dass Tarantino selbst bewusst geworden ist, erklärt die extrem lange Spielzeit von fast drei Stunden. Trotzdem liegt dem Vorwurf auch direkt die Entschuldigung bei: Um seinen Western nach seinem Stilbewusstsein umzusetzen und gleichzeitig die Geschichte des aufstrebenden Django zu erzählen, lässt sich nur auf diese Weise der Kompromiss finden.
Tatsächlich bietet der Film in seinen Zwischensequenzen neue Chancen für Tarantino. Während sich in der ersten Hälfte oft auch schonmal eine kleine Länge einschleicht, sind Szenen wie die Sage von Brunhilde oder der Maskenstreit erfrischend. Vor allem die Maskenszene wäre in jedem anderen Tarantino als Fremdkörper zur Kenntnis genommen worden, dennoch offenbart das Drehbuch dort eine wahre humoristische Kaskade, während die Sage von Siegfried und Brunhilde nochmal den Anreiz gibt, den es später braucht, um Django zum Held zu stilisieren.
Denn eigentlich ist es diesmal die Geschichte des Sklaven Django, der gegen die Weißen in einem blutigen Rachefeldzug zu Felde schreitet, die von tragender Bedeutung ist. Gerade in seinem explosiven Charakter liegt das Potential der Spannung. So kann Tarantino neben den Wortgefechten von Dr. King Schultz und Calvin Candie die emotionale und geladene Atmosphäre der Sklaverei aus den Charakteren von Django, Brunhilde und Candie's Haussklaven Steven ziehen. Folglich ist es auch in sich schlüssig, dass sich im Showdown Steven und Django begegnen, Tarantino erzählt vor allem gegen Ende eben auch die Geschichte des aufopfernd kämpfenden Sklaven gegen Unterdrückung, der zum Symbol, ja sogar schon zu einer Legende innerhalb des Films wird, womit Tarantino sehr wohl zeigt, dass er den Geist des Westerns verinnerlicht hat.
"Und allen Schwarzen im Raum, rate ich jetzt, sich weit genug von den Weißen abzusetzen. Nein, nicht du Steven, du bist genau da, wo du hingehörst."
So bekommt der Film ein überragend inszeniertes Ende, kompromisslos wird mit dem weißen Mann abgerechnet und der Schwarze zum Helden idealisiert, der jedoch in seiner Brutalität nie die Qualen der Sklaverei vergessen lässt.
Doch wären Tarantinos Werke nie ganz so omnipräsent ohne seine schauspielerische Resonanz. Jamie Foxx spielt zunächst bedächtig und anschließend explosiv. Sein Django ist weder wortgewandt noch geht es ihm überhaupt um Redeanteile, er unterscheidet sich durch seine rustikale Mimik schauspielerisch sehr gut von seinen weißen Mitstreitern. Und so ist es vor allem Christoph Waltz, der die erste Hälfte mit seiner galanten und überspitzt, sprachlichen Gewandheit dominiert. Trotz voriger Sorge, Waltz würde seine Rolle als Landa kopieren, spielt der Österreicher meisterlich. Seine ruhige, ironische Betonung ist schließlich Waltz' Stil und macht ihn immer wieder zu einem solch interessanten Part. Zudem ist sein Motiv im Film sehr fortschrittlich und man hat das Gefühl, dass die Deutschen in einem Film zum ersten Mal nicht die Arschlöcher sind. Erwähnenswert sind auf jeden Fall noch der natürlich exzellent spielende Di Caprio und der undurchsichtige Samuel L. Jackson.
Fazit: "Django Unchained" ist mal wieder ein stilechtes Stück Tarantino. Er vermischt seine bekannten Zutaten mit dem Western – Genre und bringt ein Stück Zellulid auf die Leindwände, das zwingend wieder Kult wird.
Folglich ist es völlig egal, welche Wertung Quentin Tarantino's neustes Werk tatsächlich erhält. Er begegnet dem Zuschauer auf stets so hohem künstlerischen Niveau, dass jedes neue Werk von sowohl Kritikern als auch Cineasten mit Freude aufgesaugt wird. Ob Logikfehler oder Handlungsüberbrückung, dieser Film ist mal wieder ein Popkulturfestival und kommender Kultfilm, der in jede Sammlung gehört und diesmal sogar ein kleines Heldenepos versteckt. Der Nächste, bitte!