Sie hätte ihm besser von der Stadt Lus erzählt, damals, als er die paar Groschen geklaut hatte. Stattdessen hat sie ihm mit dem Auge Gottes gedroht, das alles sieht, bis zu seinem Tod. Während in der Stadt Lus, wie es im ersten Buch Mose heißt, der Todesengel keine Macht hatte, und niemand darin vom Tode heimgesucht werde.
Was tun sie mit dir, wenn du tot bist? Und was denken sie vom Jenseits – die Totengräber, die er schon als Messdiener kennen gelernt hatte? Wie sieht das Jenseits aus – bei den Christen, bei den Juden, bei den Moslems oder bei Atheisten? Wir erleben, wie mit den Toten umgegangen wird – in Bad Saulgau, Düsseldorf oder Guben, in Jerusalem, Haifa oder Tel Aviv, in Hebron oder Qalqilya. Kinder und Halbwüchsige fabulieren von Ecken im Paradies, wo man in die Hölle sehen kann, von der Gleichheit der Seelen, vom ewigen Schlaf. Da entsteht ein gemeinsames Nachdenken und Streiten mit den Alten über Glaube, Beweise und Wahrheit.
Immer noch Angst vor dem Auge Gottes? Und er denkt, erst wenn du stirbst wirst du vielleicht mitkriegen dass du gelebt hast. Jetzt macht Dir etwas anderes Angst: dass die Zeit knapp wird, dass du es nicht mehr schaffst, etwas Einmaliges, etwas Vollkommenes hinzukriegen, etwas, wofür es sich am Ende gelohnt hat. Aber was heißt schon vollkommen? Es gibt nur einen Weg zur Vollkommenheit: zueinander großzügig sein, wahrhaftig, langmütig und friedlich. Nicht fanatisch sein, nicht ungerecht sein, nicht bitter werden. Sich nicht aufplustern, die Angebereien lassen, vieles aushalten, hoffen und sich aneinander freuen. Wer von Euch hat das gesagt?