Der Meister des Films verkommt selbst zu einem Klischee...
Ein Film über den wohl einflussreichsten Mann in Hollywood, Alfred Hitchcock, klingt nach einer sinnvollen und auch vielversprechenden Idee. Kaum einer hat die Filmlandschaft so geprägt wie er und erst viele Jahre später, auch weit nach seinem Tod, erkennen die Menschen wie großartig viele seiner Werke waren. Stellenweise waren sie ihrer Zeit um Jahre, wenn nicht so gar Jahrzehnte voraus. Einer dieser Filme ist zweifelsohne „Psycho“ der wohl populärste Streifen von Hitchcock und genau darum geht es in dem Biopic „Hitchcock“ von 2012. Wie entstand dieser legendäre Film, wie hart hat Hitchcock und auch seine Frau Alma Reville daran gearbeitet, um das Projekt letztendlich auf die große Leinwand bringen zu können?
Der Film über den Film stammt aus der Feder von Sacha Gervasi, der vor allem als Drehbuchautor tätig ist (unter anderem schrieb er das Drehbuch zu „The Terminal“ mit Tom Hanks). Als Regisseur konnte er jedoch nicht so viel Anklang finden und leider fällt auch „Hitchcock“ darunter. Obwohl er finanziell ganz gut lief, fällt er bei Kritikern eher nicht so gut aus. Der Großteil dieser Kritiken ist zwar positiv, aber für mich ist „Hitchcock“ ein sehr unspektakuläres Werk über einen kreativen Kopf, der so viel mehr war als nur der „komische Kauz“, der tolle Filme machte.
Die Handlung spielt Ende der 50er als Alfred Hitchcok eine neue Idee für seinen nächsten Film sucht. Als ihm das Buch „Psycho“ von Robert Bloch in die Hände fällt, ist er gefesselt und ist sich sicher: Das wird sein neues Werk. Doch das Studio ist da anderer Meinung. Paramount Pictures möchte ein derartig brutales und kontroverses Werk nicht finanzieren, weshalb Hitchcock und seine Frau Alma das Ganze aus eigener Tasche bezahlen. Doch nicht nur der Dreh wird schwierig auch das private Liebesleben des Regisseurs scheint mehr und mehr aus den Fugen zu geraten, da sich seine Frau immer häufiger mit dem Drehbuchautor Whitfield Cook trifft, um ihm bei Schreiben zu helfen. Doch der hat noch mehr im Sinn als nur ein gutes Drehbuch…
Vielleicht liegt es daran, dass Regisseur Gervasi selbst das Drehbuch diesmal nicht schrieb, sondern John J. McLaughlin. „Hitchcock“ basiert übrigens auf einem Buch: „Alfred Hitchcock and the Making of Psycho“ von Stephen Rebello (1990). Was nach einem spannenden Script für eine Dokumentation klingt, wurde also nun verfilmt mit großen Darstellern wie Anthony Hopkins und Scarlett Johansson. Doch wie macht man einen Film über den Meister des Films? Eine schwierige Aufgabe, denn einerseits muss das Werk filmisch auch viel bieten, immerhin ist es das Medium, das Hitchcock so revolutioniert hat. Auf der anderen Seite darf man aber auch nicht vergessen, was für eine wirklich schwierige Person Hitchcock gewesen sein muss. Nicht nur seine Fresssucht, auch die Vorwürfe gegen ihn, bezüglich sexueller Belästigung, sind alles andere als leichte Kost für ein munteres Biopic. Und „Hitchcock“ versucht auch all diese Elemente umzusetzen, doch leider oftmals so lasch, das sie keine Wirkung hinterlassen.
Filmisch ist das Ganze relativ unspektakulär gefilmt von Jeff Cronenweth, aber die Idee den echten Mörder vom Buch „Psycho“ als eine Art dunkles Gewissen im Kopf von Hitchcock erscheinen zu lassen, ist ambitioniert und spannend. Sie wird aber eben nur sehr lasch behandelt und führt praktisch zu nichts am Ende. Das Gleiche gilt für die sexuellen Gelüste, die Hitchcock hat gegenüber seiner Hauptdarstellerin Janet Leigh. Diese sind alles andere als simple und zeugen von einer problematischen Beziehung zu Frauen, aber thematisiert wird das Ganze nur spärlich und nie kritisch genug. Nur gerade so, dass man sagen kann, man hat es im Film drin, darüber gesprochen werden soll aber am Ende nicht und wenn dann nur über die positiven Dinge dieser faszinierenden Figur. Es ist ein typisch glatter und extrem romantisierter Blick auf diesen Mann, der zwar im filmischen Bereich ein Ausnahmetalent war, aber privat viele schwierige Laster hatte. Es ist schön, dass die angeknackste Beziehung zu seiner Frau so zentral in der Story behandelt wird und auch, dass sie der eigentliche Grund ist, warum er am Ende seine Projekte so umsetzen konnte, wie er es eben tat.
Am spannendsten ist der Film tatsächlich, wenn es um die Entstehung von „Psycho“ geht, besonders Hitchcocks Kampf mit der Zensurbehörde ist faszinierend und aus heutiger Sicht fast schon lachhaft, wie konservativ Hollywood damals war (man durfte zum Beispiel keinen Toiletten-Spülgang zeigen, selbst die Toilette an sich war problematisch!).
Die Darsteller an sich sind alle super ausgewählt und auch solide. Anthony Hopkins als Hitchcock ist besonders gut, wie ich finde und seine Dynamik mit Helen Mirren als seine Frau Alma ist toll. Schade nur, dass Hauptdarsteller Anthony Perkins (hier gespielt von James D´Arcy) im Film kaum zu sehen ist, da sein Vorbild ja eine Art Alptraum-Geist für Hitchcock selbst darstellt. Und D´Arcy spielt ihn auch wirklich beeindruckend!
Am schwächsten fand ich tatsächlich die Musik von Danny Elfman. Nicht den Score an sich, aber der Einsatz der Musik war erschreckend plump und hat vielen Szenen ihre Kraft genommen. Und Hitchcock sagt im Film selbst, dass an manchen Stellen das Weglassen von Musik elementar wichtig ist. Hier wäre weniger deutlich mehr gewesen!
Fazit: „Hitchcock“ ist ein netter, kleiner Film über den Prozess der Entstehung von „Psycho“, funktioniert aber als Biopic über Hitchcock selbst nicht so wirklich. Es ist ein viel zu romantisierter Blick auf das Ganze, der zwar stellenweise unterhaltsam ist, aber am Ende keinen großen Einfluss bei mir hinterlassen hat!