Im Grunde genommen ist bei ihm ja immer vieles ziemlich gleich, lassen wir "Fantastic Mr. Fox" mal außen vor. Regisseur Wes Anderson steht für die Repräsentation von Surrealismus, Sarkasmus und schrillen Farben auf den großen Leinwänden der Welt und auch wenn sein Stil gleichbleibend und gewöhnungsbedürftig ist, falls seine Filme weiterhin das Niveau von "Moonrise Kingdom" liefern, wird die Kritik an seinen Werken streng limitiert bleiben. Vor allem da Anderson sein Cannes – Eröffnungswerk diesmal um weitere romatische und exzentrisch schöne Facetten erweitert.
"Moonrise Kingdom" spielt ungefähr 50 Jahre in der Vergangenheit an der Küste von New England.
Zwei 12 – jährige, mehr oder weniger stark vom Schicksal gebeutelt, beschließen auszureißen und "durchzubrennen". Klingt schon skurril, Anderson weiß aber sehr wohl noch einiges draufzusetzen und zeigt Szene um Szene, dass er sein Handwerk diesbezüglich wunderbar beherrscht. Beispielszene: Drei Kinder in umfassender Kameraperspektive beim Brettspiel. Bill Murray, mit Jason Schwartzmann natürlich Stammmitglied der Anderson – Crew, kommt die Treppe runter an den Kindern vorbei in einen Nebenraum, halbnackt mit Schnapsflasche, packt sich eine Axt und erwidert den Kindern entgegen, ohne dass die ihn auch nur bemerken, " Bin kurz draußen". Alles ist wieder schön bunt, fast schon übertrieben aufreizend, jede Kameraperspektive wirkt genauso gewollt und reiht sich perfekt ins Gesamtbild ein. Zudem findet Anderson hier auch wieder die perfekte Mischnung zwischen Schweigen und skurillen Dialogszenen. Hinzu kommt diesmal auch eine klassische und teils eigen erdachte Musikuntermalung, die zusätzlich Grund dafür ist, nach Vorstellungsende noch nicht den Saal zu verlassen. Clue des Films ist diesmal sicherlich die Geschichte der beiden 12 – jährigen: Jared Gilman und Kara Hayward zuzusehen, ist eine der größten Freuden, die ich beim Zusehen von minderjährigen Schauspielern hatte, dass das ganze in Orginalsprache folglich noch eindrucksvoller wirkt, muss hier also auch nicht weiter erwähnt werden. Ihre Charaktere bringen unterbewusst Mündigkeit zum Vorschein, was beide Schauspieler in Dialog und Gestik als auch Mimik so gekonnt inszenieren, dass diese Seriösität schon eine eigenartige ironische Wirkung erzielt. Und zum ersten Mal unter Anderson wird auch ein wenig Romantik versprüht, von den Kindern natürlich unbeholfen ausgeführt, da es die erste Liebe ist. Dadurch kommt man aber auch zu einem persönlichen Vergleich zu den Vorwerken des Regisseurs, was auch als Seitenhieb auf ihn selber verstanden werden kann; Andersons erste Versuche in diesem Genre bleiben ungelenk, aber dadurch auch so liebenswürdig, wie man es ihm eigentlich niemals zugetraut hätte.
So oder so scheint der komplette Kindercast von "Moonrise Kingdom" zu funktionieren, anscheinend ist es Anderson auch gelungen, die Jungen zu motivieren, bei den Alten war das ja nicht von Nöten. Die Dauerbrenner der Regisseurs (s.o.) spielen wieder mit abgedrehtem Charme munter auf und machen den Eindruck, als würde man bei Anderson von Film zu Film spielen ohne varieren zu müssen. Neulinge wie Swinton, Willis und Norton, die immerhin zur absoluten A-Klasse Hollywoods gehören, beweisen aber auch, dass sie da mithalten können und zeigen ausgefeilte Charakterköpfe.
Fazit: Die Kinder wirken fast erwachsen, die Erwachsenen drehen hypochondrisch auf und der eine oder andere entdeckt das Kind in sich wieder. Wes Anderson beweist mit "Moonrise Kingdom" wieder einmal in einer exzentrisch – schrillen Märchenwelt, dass das Eigenartige auf der Leinwand zu ganz großem Kino werden kann, so oft man es auch schon mal in seinen früheren Werken gesehen hat. Es sind eben die kleinen Details und Winkel in seinen künstlerischen Bildern, die man sehen muss, und es sind seine Ideen in jeder kleinen Szene, für die man sich begeistern sollte, der Rest wirkt bei Anderson dann wie ein Selbstläufer.