Der vielseitige Regisseur Ariel Vromen hat das Leben eines Auftragskillers verfilmt, der 1986 nach angeblich 200 Morden (den ersten im Alter von 13 Jahren) verhaftet wurde und 2006 in Haft verstorben ist. Für das Projekt hat Vromen zwar bekannte Schaupieler wie Michael Shannon, Winona Ryder, Ray Liotta, Chris Evans und James Franco gewinnen können, aber in den deutschen Kinos soll er nicht laufen; DVD-Verkaufsstart ist der 30.08.2013. Das Münchner Filmfest hat ihn trotzdem an die Leinwand geworfen.
Richard Kuklinski (Michael Shannon) arbeitet im Vertrieb der Pornobranche, lernt abseits davon Barbara (Winona Ryder) kennen und lieben. Die beiden heiraten und bekommen Kinder. Später trifft Richard auf den Mafiagangster Roy DeMeo (Ray Liotta), der ihn nach einem bestandenen „Einstellungstest“ – Richard musste einen Obdachlosen töten – als Auftragskiller engagiert und gut dafür bezahlt. Daheim und bei Freunden erzählt er von einem neuen Job als Banker, die Kuklinskis können sich nun einiges leisten. Durch die „Arbeitsbelastung“ und die damit entstehenden Probleme wird es für Richard immer schwieriger, seine kriminelle Seite vor der Familie zu verheimlichen.
Ariel Vromen hat in New York und Los Angeles Film studiert, einen Abschluss in Jura (Kent University, Großbritannien) und nebenbei Musik produziert. Er konnte für den Kurzfilm „Jewel oft he Sahara“ 2001 schon Gerard Butler gewinnen, mit kleinen Produktionen auf Filmfestivals Erfolge feiern, um nun mit dem oben beschriebenen Cast und 10 Mio. USD in der Hand ordentlich nachzulegen. Das Drehbuch zu „The Iceman“ hat Vromen mitgeschrieben.
Richard Kuklinskis Taten bilden nicht gerade einen positiven Meilenstein in der Geschichte der USA. Vielleicht blieb deshalb das Einspielergebnis des Anfang Mai gestarteten Films bisher unter 2 Mio. USD (14.07.2013). Diesbezüglich locken „Zero Dark Thirty“ oder „Argo“ den US-Amerikaner eher vor die Leinwand. Oder sind noch weitere Gründe zu nennen? Zunächst fällt auf, dass an der Ausleuchtung der Szenen gespart wurde, insbesondere bei Szenen in der Dunkelheit und in Räumen. Die Geschichte beginnt 1964. Als Requisiten fahren die Autos dieser Zeit durchs Bild. Der Film rast währenddessen durch das Rendezvous zwischen Richard und Deborah. Wie sich die beiden wirklich näher kommen, wird nicht gezeigt. Der Dialog, bei dem er so gut wie nichts sagt, die baldige Braut ihn lediglich anhimmelt, behält damit ein gewaltiges Nichts. …und schon ist es 1974. Es beginnt eine plätschernde Switcherei zwischen Familienleben und dem todbringenden Doppelleben des Iceman. Seine Kinder werden größer, er wechselt das Outfit und die Frisuren mit den Moden als Marker für die dahingehenden Jahre. Mehr Historie wäre nicht schlecht gewesen. Die kaltblütig emotionslose Beseitigung der Leichen (hier kommt Chris Evans als der hippige „Mr. Softee“ ins Spiel) wird gekonnt inszeniert, schwächer dagegen sind die Dialoge zwischen Gangstern, von denen einige sowieso umgebracht werden, weil sie im eigenen Team ihre Extrasüppchen kochen, die DeMeo nicht schmecken. Michael Shannon bringt schon die gehörige Portion Ausstrahlung mit, die zur Verkörperung des Auftragsmörders erforderlich ist. Obwohl er ständig fokussiert wird, kann ihn der Zuschauer aber nicht richtig greifen, weder als Mörder, der im Meer der Kriminellen herumschwimmt, noch als Vater und Ehemann, weil mit zu wenig Geduld ein paar Familienevents durch die Filmspielzeit gebracht werden. Das Böse in Kuklinski und seine wuchtige Gestalt erscheinen beeindruckender dargestellt, als er nach einem selbstverursachten Autounfall den schimpfenden Unfallgegner einschüchtert, mit diesem eine Verfolgungsjagd beginnt und seine daran beteiligte Familie verängstigt. Winona Rider’s Deborah bleibt in den wenigen Einstellungen und der mäßigen Wortausstattung stets blass. Das ist dann auch der Zeitpunkt – schon reichlich spät im Film – ab dem Kuklinski die Situation aus dem Ruder laufen soll. Immer mehr Schwierigkeiten unter den Gangstern tragen dazu bei. Und hier ist der nächste Haken: Die Oberbösen faszinieren nicht. Ray Liotta spielt in „The Place beyond the Pines“ den korrupten Polizisten Deluca, vor dem sogar der Zuschauer auf dem sicheren Platz vor der Leinwand Angst bekommt. Aber Vromen’s Film fehlt das Kribbeln der Macht, die DeMeo als Mitglied der Gambino-Familie versprühen muss. Michael Shannon muss dann mit viel Mühe einen in die Ecke gedrängten Kuklinski spielen, der am Ende zum Äußersten bereit ist und damit dann doch noch schockieren kann.
Ein biografischer Thriller, der mit diversen Schwächen in der Inszenierung und einem guten Michael Shannon erst im letzten Abschnitt und damit zu spät unter die Haut geht.