Luc Besson, der durch seine Projektleitung für Filme wie „Nikita“, „Léon der Profi“ und „Das fünfte Element“ Berühmtheit erlangte und bei ebenfalls gelungenen Produktionen wie „Taxi“, „The Transporter“ und „96 Hours“ einige Strippen im Hintergrund zog, hat den SciFi-Thriller „Lucy“ ins Kino gebracht. Der Franzose führte Regie und schrieb das Drehbuch.
Lucy (Scarlett Johansson) und anderen Opfern werden gegen deren Willen Päckchen der hochwirksamen Droge CPH4 unter die Bauchdecke operiert. Sie sollen als Kuriere fungieren. Als bei einer Auseinandersetzung die Droge im Körper von Lucy freigesetzt wird, erfährt die Leistung ihres Gehirns eine sukzessive Steigerung mit unglaublichen Folgen. Sie nimmt Kontakt mit der Polizei und dem Hirnforscher Prof. Samuel Norman (Morgan Freeman) auf.
„I’ve no idea“, sagt Prof. Norman auf die Frage eines Studenten, was passiere, wenn das menschliche Hirn 100 % seiner Kapazität ausnutzt. Luc Besson weiß es auch nicht, aber er hat mal so getan, als ob.
Das Ergebnis ist brainwavegeladene SciFi mit reichlich Action. Perfekte CGI, rasanter Schnitt bis zum Urknall mit treibendem Soundtrack. Diese knackige Mischung reißt 89 Minuten mit und erzeugt jede Menge Kinospaß. Luc Besson macht’s selbstverständlich nicht von der Stange und baut neben den optischen und mechanischen Auswirkungen phantastischer Fähigkeiten einige Kabinettstückchen ein, um dem Film ganz sicher seine Handschrift aufzudrücken. Es geht neben kleinen humorigen Einlagen u.a. in die Zeit der Saurier, wohl nicht aus religiösen Gründen wie bei Terrence Malick‘s „Tree of Life“. Und ob Michelangelo über die Schöpfung des Menschen in Besson’s Mensch-trifft-Primat-Interpretation vielleicht doch gelacht hätte, kann keiner sagen. Würden aber viele sagen wollen, insbesondere die Actioner-Fans, die alles straight haben möchten und schon mal schlucken müssen. Es ist eben Luc Besson. Dass die Steigerung der Hirnleistung kinetische Kräfte ermöglicht, macht skeptisch und ist neben anderen Gegebenheiten rasch zu marvelig. Zum philosophischen Anteil entwickelt sich über die Spielzeit ein sonderbarer Kontrast, der die Zuschauer zur Gleichgültigkeit lenkt und die Spektakelei inklusive Wahnsinnsdesign gegen böse Buben zum Leckerbissen macht.
Mit Lucy bringt der Franzose wieder eine Frau ins Rennen, die fast alles kann. Ist sie jetzt mehr die schwarz-weiße Angel-A oder eher die intelligent-sensible Nikita?
Sie ist vor allem Scarlett Johansson. Ihre Mimik ist meisterhaft. Ob voller Angst und Stress zu Beginn der Geschichte oder später mit Entschlossenheit und dem Wissen um ihre Macht mit Panik beim Entzug. Stets gibt sie der Lucy die passenden Gesichtsregungen. Luc Besson und sein ständiger Kameramann seit „Nikita“ Thierry Arbogast wissen das und schenken der Scarlett Johansson mehr Leinwandpräsenz als alle Filmemacher zuvor, wenn auch Jonathan Glazer in "Under the Skin" alles von ihr zeigt. So ist das Antlitz dieser wunderbaren Schauspielerin zu einem beträchtlichen Teil des Films voller Ausstrahlungskraft und leinwandfüllend zu sehen. …zu Lasten der anderen Figuren, die wie Dreingaben dazugestellt wurden. Morgan Freeman muss nicht zeigen, was er kann und Amr Waked („Lachsfischen im Jemen“) ist als französischer Polizei-Captain Pierre Del Rio wenigstens auffallend.
„Lucy“ ist eine spannende Scarlett-Johansson-Show mit typischem Luc-Besson-Akzent. Der Regisseur weiß genau, was er tut, aber ihm ist offensichtlich auch einiges egal.