"Die dunkle Seite des Mondes" bekommt
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die alte Leier, dass die Nutzung von Pcylocibin (Zauberpilze) insbesondere bei psychisch vorbelasteten Menschen zu einem Zusammenbruch oder geistigen Schäden führen kann. Kennt man schon vom Film "Das weißen Rauschen". Heutzutage ist es Mode zu sagen: "Jaja, mit diesen Pilzen kannst du enorm Spaß haben, aber dann gibt es ja auch noch die Möglichkeit eines Horrortrips und der Flashbacks...",
und genau so eine miese Einschätzung vermittelt "Die dunkle Seite des Mondes".
a) Es geht bei Bewusstseinserweiterung durch Pcylocibin nicht primär um Spaß haben, sondern ums Erkennen! Selbst wenn man mit der Absicht rangeht Spaß zu haben, wird es sicher ums Erkennen gehen. Dann gehen nicht die Mundwinkel nach oben, sondern der Kiefer klappt runter. Durch Erkenntnis wiederum kann man dann aber auch Spaß haben.
b) Horrortrips entstehen durch eine schlechte Vorbereitung und Angst, aber wer sich seinen Ängsten stellt wird frei! Das gehört dazu und schadet nicht.
c) Flashbacks sind nicht dokumentiert, und wenn dann nicht auf den Konsum von Pcylocibin zurückzuführen, denn
d) Pcylocibin (so auch LSD übrigens) macht nichts weiter in dir, als dass es deinen Thalamus öffnet, einen kleinen wichtigen Teil deines Hirns. Der Zustand der so erreicht wird, kann in einem nüchternen Zustand später nicht reproduziert werden. Somit kann es keine Psylocibin-Flashbacks geben. Ein geöffneter Thalamus bedeutet, dass du "filterlos" wahrnimmst: visuell, akustisch, spirituell. Das kann mit dir einiges anrichten, aber ganz sicher wirst du nicht eine Frau mit der Faust ins Gesicht schlagen, so wie es im Film geschieht. Nie ist der Begriff des Karma dir näher, als wenn du in diesem bewusstseinserweiternden Zustand bist.
e) Möglicherweise wird einer von tausenden tatsächlich von Pcylocibin soweit überfahren, dass er danach
einen Knall hat. Möglicherweise beim Zusammenwirken mit cerebralen Krankheitsbildern. Dem gegenüber steht aber eine hohe Zahl von Leuten, die froh sind, dass Ihnen mal ordentlich der Kopf durchgepustet wurde, sie unsere Welt als die Kasperwelt erkennen die sie ist, und sich somit als besseren Menschen wahrnehmen. Die viel gefährlichere Substanz Alkohol andererseits wird in solcherlei Geschichten nicht hinterfragt, ist ja bekannt, macht also keine Angst, passt ja sowieso besser zu unserer Zivilisation, und kann in Roman oder Kino nie diese Wirkung erzielen wie das Opfer Pcylocibin.
1 Stern Abzug für
ein völlig unrealistisch dargestelltes Bild der Folge von Verabreichung von Psylocibin:
a) Leute die so etwas häufiger konsumieren, werden sich sicher nicht musikalisch auf eine als Ethno-Jam getarnte Art von Free-Jazz-Session einlassen, so wie es in dem Film der Fall war. Ganz einfach weil sie wissen, dass jeder Ton tausendfach in dein Ohr donnert, und du dir ganz genau überlegst was du hören willst. Außerdem ist das, was du spielst wenn es nur ein klein wenig nervig ist, auf Trip eben um ein Vielfaches nerviger für die weiteren Teilnehmer der Runde, und das kriegen auch Leute mit, die so was zum ersten mal konsumieren und dann verschwindet die Djembe normalerweise.
b) Leute die häufiger bewusstseinserweiternde Zustände haben wissen ferner genau, dass es unheimlich wichtig ist jemanden zumindest ein klein wenig kennen zu lernen bevor man ihn einlädt gemeinsam Bewusstseinserweiterung zu erleben. Und nicht wie im Film geschehen.
c) Die Art der Visionen, die der Hauptheld erlebt, waren nicht sehr an einen Pilz-Trip angelehnt. Weiterhin war die Visualisierung des Erlebten minderwertig. Natürlich ist es schwer, Visionen filmerisch umzusetzen, aber hier hat man richtiggehend gemerkt, dass paar Leute ohne Ahnung am Werk waren. Da war der Hotelteppich aus "Fear and Loathing in Las Vegas" einiges besser gelungen.
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die Handlung. Es kann ja ganz spannend sein, wenn Konzernbosse über Leichen gehen usw, aber das gibt es auch im "Tatort". Die Verknüpfung zu Pilzen, Wald und Wölfen erschliesst sich mir nicht. Wenn anstatt der Pharma-Thematik eine generelle Gesellschaftskritik im Mittelpunkt gestanden hätte, hätt man mehr draus machen können. Aber nein, er kommt nach seinem Waldaufenthalt stinkend und unrasiert zur Party von seiner Ex... und ... das wars. Kein Statement. Die Partygäste rümpfen die Nase. Das ist alles. Was fehlt ist das "Geht zur Hölle mit euren Cocktails, Krawatten, eurem aufgesetzten Lifestyle und eurer Plastikwelt!". Wenn ich tagelang im Wald herumrenne, einen Wolf als Seelenpartner erlebe, und dabei noch mitkriege, dass mein ganzer vorheriger Verdienst auf kriminellen Machenschaften und schlechten Umgang beruht, dann will doch so ein "Geht zur Hölle" unbedingt aus mir raus. Aus dem Haupthelden nicht.
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die schauspielerische Leistung. Moritz Bleibtreu und Jürgen Prochnow spielen sehr gut.