Über diesen Film sollte man sich im Voraus so wenig wie möglich informieren. Und selbst wenn man dann eine Art Mischung aus "Sieben", "Der Schakal" sowie "Das Schweigen der Lämmer" erwartet, dann wäre das auch eine völlig falsche Beschreibung, selbst wenn Andeutungen in diese Richtung gehen. Man muss das koreanische Kino einfach dafür lieben wie gut es unsere Sehgewohnheiten erschüttern kann.
Drei besondere Themen habe ich hier ausmachen können:
1) Der titelgebende Teufel ist eigentlich wer von den beiden Hauptfiguren? Anfangs scheint das glasklar, dann wendet sich das Blatt, und dann noch einmal. Meiner Meinung nach bleibt Kyung-chul auf jeden Fall dieser Teufel, dieses Monster. Aber es ist wunderbar in Szene gesetzt wie der eigentliche Psychopath seinen Jäger als eben solchen ansieht.
2) Rache ist gut, wichtig und bedeutsam. Dieser Film hier entschärft nicht. Er macht Rache zu einer entscheidenden Sache. Erlösung? Zum Glück bleibt dieses Thema einmal außen vor. Es geht um Therapie, sozusagen, die Soo-hyeon durch die Jagd erhält. Aber es muss so sein. Es ist nur gerecht das Monster leiden zu sehen. Um Erlösung geht es also wirklich nicht, so wie unsere westlichen Kritiken das gerne sehen. Ich konnte mich mit dieser Vision hier sehr identifizieren. Ich mag eigentlich keine brutalen Filme, aber hier tat die Gewalt kaum weh - vielleicht, weil sie so gerechtfertigt wirkte?
3) Kollateralschäden und Gewalt brechen in einer Gesellschaft einfach so herein. Man dachte, Gewalt wäre ins Außen delegiert worden, und der Staat hielte sie im Zaum. Doch gleich mehrere Psychopathen machen hier Südkorea unsicher, und man mag sich wundern, warum die Polizei gerade diese Verdächtigen nicht schon früher dingfest macht. Die Gewalt ist besonders deswegen mächtig, weil es hier Männer gibt, die sich einfach trauen und konsequent sind.
Gerade diese, für uns westlich Lebende teils doch sehr untypische Herangehensweise an die Themen macht den Film so sehenswert. Und "I Saw The Devil" verpackt all das in einen unglaublich atemberaubenden visuellen Stil. Da braucht man gar nichts kritisieren. Mir erschienen auch die beiden Hauptfiguren völlig ausreichend gekennzeichnet. Die Nebenfiguren sind vielleicht etwas blass, wie man kritisch anmerken muss (ganz besonders die Frauen, aber das ist so gewollt). Zudem störte mich auch manche Wiederholung, die wiederum mit einem gewissen schleichenden Tonwechsel zusammengehört. Ist der Film anfangs nämlich noch sehr düster/brutal, wird er später eher absurd/brutal. Es gibt sogar einige witzige Stellen zum lachen, trotz des vielen Blutes. Aber das war der Handlung abträglich.
Fazit: Fast 5 Sterne! "I Saw The Devil" hat einige kleine Schwächen, die das Gesamtwerk aber kaum trüben. Ein famoser Film!