Aus Griechenland erreichen uns seit einiger Zeit fast ausschließlich wirtschaftliche und politische Hiobsbotschaften. Aber im Kino ist bekanntlich alles möglich und das Ignorieren der Nachrichtenlage ist eine der leichteren Übungen. Also drängt der französische Regisseur Olivier Horlait alle Probleme in den Hintergrund und zelebriert in seinem Familienfilm „Ein griechischer Sommer" gute Laune und Fröhlichkeit auf einer kleinen griechischen Insel. Er erzählt von dem jungen Tiernarren Yannis, der einen kleinen, entkräfteten Pelikan hinter dem Rücken seines Vaters aufpäppelt. Die ganz besondere Freundschaft zwischen Mensch und Tier stellt das beschauliche Inselleben zwischen Fischerei, Klosteridyll und Ouzo gehörig auf den Kopf.
Der aufgeweckte Yannis (Thibault Le Guellec) lebt mit seinem grimmigen Vater Demosthenes (Emir Kusturica) auf der kleinen griechischen Insel Zora. Als der 14-jährige Junge einen völlig entkräfteten Pelikan bei einem Schwarzmarkthändler entdeckt, tauscht er das goldene Kreuz seiner verstorbenen Mutter gegen den bemitleidenswerten Vogel ein. Zu Hause, in einer abgeschiedenen Bucht, päppelt Yannis den Pelikan wieder auf, muss ihn aber vor seinem Vater verstecken. Was immer schwieriger wird, denn der Vogel wird nicht nur immer größer, sondern entwickelt sich auch noch zur Touristenattraktion. Und sehr zur Freude Yannis‘ ist Angeliki (Jade-Rose Parker), die süße Nichte des Bistro-Besitzers, von ihm und seinem ungewöhnlichen Haustier ganz hingerissen. Doch dann passiert ein Unfall...
Sonnendurchflutete Insellandschaften und glitzerndes Meer sorgen in Olivier Horlaits lockerleichtem Debütfilm für ungetrübtes Urlaubsfeeling. Und auch die Darsteller passen sich der gutgelaunten Stimmung an. Thibault Le Guellec gibt den sympathischen, tierlieben Yannis mit viel Verve. Ihm zur Seite steht die äußerst kokette Jade-Rose Parker („LOL") als Angeliki, die die Sommerferien auf der Insel verbringt und mit ihrer unbekümmerten Art frischen Wind in die Inselgemeinschaft bringt. Und schließlich der vor allem als Regisseur bekannte Emir Kusturica („Underground", „Arizona Dream"): Nicht zum ersten Mal wechselt der Serbe für „Ein griechischer Sommer" hinter die Kamera und überzeugt als miesepetriger, aber herzensguter Demosthenes.
Doch so unschuldig und unaufgeregt die zarte Liebe zwischen Yannis und Angeliki abläuft, so zahnlos und harmoniesüchtig wirkt der ganze Film. Als harmlose Familienunterhaltung ist „Ein griechischer Sommer" ohne Frage gelungen, aber er bleibt auch seltsam spannungslos. So gerät der anfangs angedeutete Konflikt zwischen Yannis und seinem Vater, der nach dem Tod seiner Ehefrau angeblich die Lebensfreude verloren hat, im weiteren Verlauf zunehmend in Vergessenheit. Immer wieder behauptet eine Erzählerstimme aus dem Off eine Distanz zwischen Vater und Sohn, von der in den Bildern aber wenig zu sehen ist. Im Gegenteil: Demosthenes mag zwar wortkarg und streng wirken, die emotionale Verbindung zwischen ihm und seinem Sohn ist dennoch jederzeit zu spüren. So plätschert „Ein griechischer Sommer" allzu frei von Konflikten dahin, nur der Unfall und der übertriebene Unternehmergeist von Bistroinhaber Aristoteles (François-Xavier Demaison) sorgen für etwas Aufregung. Aber die sommerliche Urlaubsstimmung bleibt insgesamt ganz und gar ungetrübt.
Fazit: „Ein griechischer Sommer" ist eine familiengerechte Gute-Laune-Komödie, die dem griechischen Tourismusverband mit ihren schönen Naturpanoramen, fröhlichen Inselbewohnern und ein bisschen Sirtaki-Folklore gerade recht kommt.