Ich habe mir die User-Kritiken durchgelesen und schreibe hier keine Kritik, sondern eine Erklärung, worum es sich bei diesem Film handeln könnte.
Mann kann den Film als Splatter-Movie ansehen und sich dann fragen, ob man pervers ist, oder sonst was, aber das wird zu kurz greifen. Man kann ihn (Wiki) als Psychothriller ansehen, aber das funktioniert auch nur am Rande.
Der grundlegende Gedanke des Machers wird folgender gewesen sein: Wie mache ich einen ANTI-Kriegsfilm? Ich bewege mich im Medium Film und muss ständig mit einer Ästhetisierung kämpfen. Alle wollen sie ANTI-Kriegsfilme gedreht haben (Platoon, Soldat James ...) und alle haben sie Anti- KRIEGSfilme gemacht, wo der Kampf und das Sterben trotz allem in einen Kunstvollen Zusammenhang eingebettet wurde. Bei Platoon bricht zwar der Erzählfaden ein, die Irrationalität des ganzen kommt hervor, aber einer Ästhetisierung des Ganzen entgeht der Macher nicht. Wie also aus dieser Schlinge raus kommen?
Ich spreche also einfach von was anderem und arbeite mit einer Symbolik. Die offizielle Kritik hier spielt auf "Salo" an, und zu recht. Hier wird auch nur am Rande von Faschismus gesprochen, der Film ist aber eine Sezierung dessen, was Faschismus ausmacht. Auch so hier. Auch wenn von Pornografie geredet wird, es geht um Bürgerkrieg. Und zwar den in Serbien. Wenn man den Film durchgehalten hat bis zum Ende, dann hätte man dies auch erahnen können. Am Ende Missbraucht der Hauptdarsteller und sein Bruder zwei Unbekannte, die unter Masken verborgen sind. Während des Missbrauchs werden die Masken gelüftet und es stellt sich heraus, dass er sein Kind missbraucht hat. Einen schärferen Kommentar kann man zu einem Bürgerkrieg nicht abgeben. Des weiteren, im folgenden Kampf wird sein bestes Stück (das Lust und Leidenschaft, sinnliche Erfahrung bringen sollte), als Waffe verwendet um jemanden zu töten. Hier wird vor Augen geführt, was der Krieg für Auswirkungen hat. Alles wird zur Gewalt missbraucht, der totale Krieg fordert das von einem und die Pornografie enthüllt sich als Symbol für den Krieg. Hier ist auch der Punkt, wo man zur "Ästhetik" etwas sagen kann. Der Film bricht mit jeder Ästhetik, weil das Grauen des Krieges dargestellt werden soll. Diesen Film darf und soll man nicht genießen dürfen, denn wenn es Krieg ist, dann ist es nicht Kino. Daher: ich gehe brutal zu Werke und stoße alle vor den Kopf. Wir sollen von diesem Film ausgespuckt werden, so wie es auch der Krieg mit seinen Teilnehmern macht. Hier ist der Ort, wo Zuschauer tangentenhaft an eine Erfahrung des Krieges herangeführt werden sollen. Ist dieser Grad an Gewalt notwendig? Nein, aber diese Antwort sprechen wir, die wir in unseren Wohnzimmern sitzen und es warm und gemütlich haben, deren Welt nicht aus den Fugen geraten ist. Wir können uns ein solches Urteil erlauben. Von der Perspektive des Machers ist dies aus doppelter Sicht nicht möglich und er muss daher mit JA! antworten: Ich muss mit jeder Ästhetisierung brechen und ich habe keine heile Welt mehr, die ich zeigen könnte und von der her ich meine Werte bringe. Der Macher fängt die letzten Ästhetischen Werte noch einmal auf, indem er den Film so gestaltet, dass in dem Film ein Film gedreht wird (ein Porno), und damit jede Ästhetik nicht auf seinen realen Film sich bezieht, sondern sich auf den Porno im Film selber bezieht.
Zu guter Letzt: Dieser Film ist der einzig wahre Nachfolger von "Salo", also eine Darstellung des Faschismus. Aber der Akzent muss verschoben werden. Über körperliche Gewalt und Herrschaft ist kein Faschismus mehr zu befürchten. Denn: Am Ende stellt sich heraus, das alles noch einmal eingefangen ist in eine Kamera, sein Kampf gegen seinen Pimp erscheint selbst noch einmal als geplant und transzendiert das Geschehen selber nicht. Keiner entkommt diesem letzten Horizont, alle sind in das Geschehen eingeschlossen und kommen hier nicht heraus. Der Einzelne ist nichts, das Medium ist alles, um den faschistischen Spruch auf den Punkt zu bringen. Von hier aus wäre es sehr interessant einmal darüber nachzudenken, ob wir in Europa nicht in einer Art "sublimierten" Faschismus leben und der hat und so Arg im Griff, dass wir selber nicht einmal mehr wissen, dass wir darin stecken, genauso, wie es die Leute "Damals", die Spinner, die nicht erkannt haben, was mit ihnen getan wurde, darin steckten.
Daher: Film ansehen und ihn als Antikriegsfilm ansehen, der er ist, wie ich versucht habe aufzuzeigen und damit ergibt sich für mich die Wertung von 5 Sternen, da er gerade Epochenbildend ist, ein Kleinod, der sich nicht selbst verrät an einer Ästhetik.