Omar - Ein Justizskandal: Kritiken

Sehr stimmig inszeniertes Justizdrama. Nach einer wahren Geschichte, ist der Film wirklich bedrückend. Extrem "trocken" in seiner Darstellung wird mit dieser an eine Dokumentation erinnernden Erzählweise das unfassbare Unrecht noch stärker herausgearbeitet. Anspruchsvolle Unterhaltung, die nachdenklich stimmt.

Der Film hat mich mit etwas zwiespältigen Gefühlen zurückgelassen.
Natürlich ist es ein Skandal, einen Menschen für einen Mord hinter Gitter zu bringen, den man ihm nicht wirklich beweisen kann. Omar, marokkanischer Einwanderer im Frankreich der frühen 90er Jahre, arbeitet als Gärtner bei einer honorigen alten Dame, die brutal ermordet in ihrem Keller aufgefunden wird. Omar wird festgenommen. Im Grunde genommen sprechen mehr Indizien für seine Unschuld als für seine Schuld am Ableben seiner Arbeitgeberin. Was am Ende bleibt, ist aber die mit dem Blut der Ermordeten an die Wand geschriebene Anschuldigung, dass Omar sie umgebracht habe. Ein letzter Kraftakt einer Sterbenden?
Omar wird zu 18 Jahren Haft verurteilt, kommt aber nach einigen Jahren frei, da die Zweifel an seiner Schuld nach Wiederaufnahme des Verfahrens für die Gerichtbarkeit dann doch schwerer wiegen als das eine Indiz, das für seine Schuld sprechen könnte. Zwar mussten die Berufungs-Gerichte erst durch ein Buch über den brisanten Fall Omar und darauf folgendem Druck der französischen Öffentlichkeit zur Wiederaufnahme des Verfahrens gedrängt werden, aber aus Mangel an Beweisen wird Omar schließlich und endlich vorzeitig aus der Haft entlassen. Allerdings wird Omar nie als unschuldig erklärt. Darum kämpft Omar bis heute vergeblich.
Ist nun die französiche Justiz korrupt? Gibt es eine Zwei-Klassen-Justiz in Frankreich? Leider gibt es immer wieder Justiz-Opfer. In allen Ländern, angesiedelt in allen Gesellschaftsschichten und jedem politischen System. Ob Omar nun ein Opfer der Justiz ist, oder ein Opfer eines gerissenen Täters, der ihm die Schuld geschickt in die Schuhe geschoben hat, oder am Ende doch der Täter ist…Ich weiß es nicht.
Am Ende ist Omar ein Beschuldigter, der aus Mangel an Beweisen leider erst nach ein paar Jahren zu viel im Knast freigesprochen wird, ohne allerdings im gleichen Atemzug seine Unschuld offiziell feststellen zu können. Im Zweifel also doch für die Freiheit des Angeklagten, wenn auch mit erheblicher Verzögerung.
Der Film ist interessant. Keine Frage. Ein Plädoyer für ein wichtiges Statement, dass jeder Gerichtbarkeit zugrunde liegen sollte - Ein Beschuldigter ist solange unschuldig, bis ihm zweifelsfrei die Schuld an einem Verbrechen nachgewiesen werden kann. Man konnte Omar nie wirklich zweifelsfrei überführen aber ihn eben auch nicht unzweifelhaft von einer Schuld freisprechen. Zweifel an seiner Schuld überwiegen bei weitem. Deswegen ist es bestimmt richtiger, dass Omar frühzeitig wieder auf freien Fuss gesetzt wurde.
Und zurück zu meiner anfangs erwähnten Zwiespältigkeit, die ich nach Ansicht des Streifens empfunden habe. In keiner Sekunde wird mir suggeriert, dass Omar auch schuldig sein könnte. Die Film wird mit leichter Empörung über das Schicksal des armen unschuldigen Omar erzählt, um kleine versteckte nicht zuletzt auch politische Botschaften voranzutreiben. Das geht mir zu weit, und so werde ich den Film wohl schnell wieder vergessen. Vielleicht bin ich auch zu wenig Franzose um die ganze Tragweite des Stoffs richtig einzuordnen.