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    Eva - Gefühle kann man nicht programmieren
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Eva - Gefühle kann man nicht programmieren
    Von Ulf Lepelmeier

    Spanische Filme mit Science-Fiction-Elementen sind eher eine Seltenheit. Seit Alejandro Amenabars hochspannenden futuristischen Thriller „Virtual Nightmare - Open Your Eyes", der mit „Vanilla Sky" nur einige Jahre später ein amerikanisches Remake nach sich zog, kam einige Jahre wenig. Mit Nacho Vigalondos „Extraterrestrial" und Kike Maíllos „Eva" fanden 2011 aber immerhin gleich zwei Zukunftsphantasien ihren Weg in die spanischen Kinos. Besonders „Eva", der bereits mit drei Goyas – dem spanischen Filmpreis – ausgezeichnet wurde, erweist sich dabei als visuell äußerst beeindruckendes Regiedebüt.

    2041: Nach zehnjähriger Abwesenheit kehrt der zurückhaltende Kybernetiker Alex Garel (Daniel Brühl) in seine Heimatstadt in Nordspanien zurück, um an einem Projekt zur Entwicklung eines Roboterkindes zu arbeiten. Dort trifft er nach Jahren ohne Kontakt auf seinen Bruder David (Alberto Ammann) und dessen Frau Lana (Marta Etura), mit denen er früher bereits an der Universität zusammengearbeitet hat. Für sein Roboter-Projekt lässt sich Alex von seiner Nichte Eva (Claudia Vega) inspirieren. Genau beobachtet er ihr Verhalten und führt Emotionstests durch, um den Roboter möglichst einnehmend zu konfigurieren. Je mehr Zeit Alex jedoch mit Eva verbringt, desto stärker werden seine alten Gefühle für ihre Mutter Lana. Zudem rankt sich um das liebenswerte Mädchen ein Geheimnis...

    Die von Regisseur Kike Maíllo erdachte Welt zeichnet sich dadurch aus, dass futuristische Details wie selbstverständlich eine Alltagswelt durchdringen, die äußerst vertraut wirkt. Gebäude, Autos, auch das tägliche Leben scheinen sich gut dreißig Jahre in der Zukunft nicht wesentlich verändert zu haben. Regisseur Maíllo bezeichnet dies als Retro-Future-Style, der wesentliche Unterschied zu unserer Welt ist die Präsenz von Robotern. Sie prägen das Leben der Menschen, machen sich als Hilfskräfte nützlich oder dienen in humanoider oder tierischer Gestalt als Spiel- und Weggefährten. Neben den elektronischen Tieren, die sich geschmeidig durch den Film bewegen, beeindrucken insbesondere die golden schimmernden Charakter- und Erinnerungsverästellungen der Robotergehirne, die sich in Alex` Arbeitszimmer frei schwebend entfalten. Diese rundum gelungenen Spezialeffekte und die stimmungsvollen Kamerafahrten in der verschneiten Bergstadt machen „Eva" zu einem Debütfilm von seltener visueller Eleganz.

    Aber „Eva" ist nicht nur schön anzuschauen, sondern überzeugt auch durch starke Schauspielleistungen: Die junge Claudia Vega verleiht der aufgeweckten und kreativen Eva Witz und ansteckende Lebensfreude, die begreifbar macht, wieso Alex so von ihr angetan ist und sie zur Charaktergrundlage für sein Roboterprojekt heranziehen möchte. Glücklicherweise stimmt auch die Chemie zwischen der Nachwuchsschauspielerin und Hauptdarsteller Daniel Brühl („Good Bye Lenin!"), der als engagierter Forscher sehr zurückgenommen agiert. Lluís Homar („Zerrissene Umarmungen"), der für seine hervorragende Leistung in der Rolle des humanoiden Roboters Max mit dem Goya für die Beste männliche Nebenrolle ausgezeichnet wurde, trumpf dagegen regelrecht auf. Mit bewundernswerter Finesse verkörpert er Max einerseits so menschlich, dass er als Gesprächspartner ernst genommen wird, gleichzeitig artifiziell genug, dass er immer noch als künstliches Wesen identifizierbar bleibt.

    Anders als in Steven Spielbergs „A.I. - Künstliche Intelligenz", steht in „Eva" nicht ein künstliches Wesen in Kindergestalt im Zentrum der Geschichte, sondern der mit der Erschaffung eines solchen möglichst menschlichen Roboters beauftragte Forscher. Die sich förmlich aufdrängenden Fragen nach den möglichen Empfindungen dieser Schöpfung oder der beinahe göttlichen Verantwortung ihres Erschaffers kommen in Maíllos Film etwas zu kurz. Welche Konsequenzen und Probleme sich durch die Fertigung von frei denkenden und agierenden Robotern ergeben, bleibt in der sich entwickelnden Familientragödie nur ein Randthema. Während aber die Beziehung zwischen Alex und Eva vielschichtig ausgespielt wird, ist die Darstellung des von verdrängten Konflikten belasteten Dreiecksgefüges zwischen David, Lana und dem zehn Jahre abgetauchten Alex weniger gelungen. Die Ursachen ihres Zerwürfnisses bleiben unterbelichtet und so fehlt dem Drama am Ende die emotionale Kraft.

    Fazit: Produktionstechnisch ist das äußerst schicke Regiedebüt von Kike Maíllo überzeugend gelungen, die in der Anlage durchaus originelle Handlung erweist sich im weiteren Verlauf jedoch als weit weniger kraftvoll.

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