Also um zunächst mal eine Sache klarzustellen. Ich mag die schwedische Version von „Verblendung“. Ich halte die Story für sehr gut erzählt und die Schauspieler für grandios. Als ich gehört habe, dass die Amerikaner, wie schon so oft bei guten ausländischen Filmen, ein Remake planen, war ich skeptisch. Zu oft haben sich solche Produktionen im Nachhinein nur als Kost für jene Amis erwiesen, die zum Lesen der Untertitel schlichtweg zu faul sind.
Doch dann kam ein Name ins Spiel. David Fincher. Die Tatsache, dass mein persönlicher Lieblingsregisseur nach dem grandiosen „The Social Network“ die Regie beim Remake eines Films, den ich zu dem Zeitpunkt gerade erst gesehen hatte, übernommen hat, hat mich auf der einen Seite überrascht, hat mir aber andererseits auch unheimlich Lust auf den Film gemacht. Und ich wurde nicht enttäuscht.
Floskeln wie „Es ist kein Remake, es ist mehr unsere Version der Geschichte“ hört man ja nicht zum ersten Mal. Hier allerdings muss man kurz und knapp sagen, es stimmt. Zu keinem Zeitpunkt hat man das Gefühl, es handle sich um einen Aufguss der schwedischen Verfilmung, nein, im Detail betrachtet ist Fincher oft sogar näher an der Buchvorlage dran. Doch der größte Unterschied ist der Stil. So genial die Verfilmung von 2009 auch ist, was mir persönlich immer fehlte war ein Look, der mehr zur durchaus düsteren und vor allem brutalen Geschichte passte. Kurz gesagt, es sah mir zu sehr nach einer langen Tatort Folge aus.
Das kann man von Finchers „Verblendung“ nicht behaupten. Das geniale Intro gibt hierbei die Richtung an. Man fühlt sich direkt wieder an „Sieben“ erinnert, denn obwohl es langsam und ruhig vorangeht, spürt man die Bedrohung hinter jeder Ecke lauern. Und wenn dann mal etwas passiert, dann richtig.
Wie schon bei „The Social Network“ überzeut auch dieses Mal der Score auf ganzer Linie. Während man in vielen Filmen momentan mit Hans Zimmer oder John Williams Orchestern beschossen wird, bewegt sich die Musik von Trent Reznor meist leise im Hintergrund. Ähnlich wie bei alten John Carpenter Filmen, ist sie in keinem Fall störend oder ablenkend, stattdessen unterstützt sie die Atmosphäre bis ins kleinste Detail in nahezu jeder Szene.
Gerne würde ich hier etwas über die zwei Lisbeth Salanders schreiben. Welche ich besser finde, warum und ob man sie überhaupt vergleichen kann. Doch leider muss ich sagen, dass ich hier auf keinen Fall objektiv sein kann, weil mir dank der deutschen Synchronisation, sofort Bart Simpson in den Sinn kommt, sobald ich Noomi Rapace sehe.
Was ich allerdings sagen kann, ist, dass Finchers Salander definitiv anders ist. Man kann vergleichen. Aber man muss nicht.
Im Endeffekt kann man sagen, dass es sich hier definitiv nicht um ein herzloses Remake eines schwedischen Klassikers handelt, sondern um einen eigenständigen Film, der im direkten Vergleich vielleicht sogar einiges besser macht. Welcher Film nun den größeren Genuss bietet, sei jedem selbst überlassen. Wer die ruhigere „schwedischere“ Variante sucht, der wählt „Verblendung“ von 2009. Wer sich neben der großartigen Geschichte auch ein stylisches Äußeres wünscht, wird vermutlich mehr Spaß mit der amerikanischen Fassung haben. Und wer beide gesehen hat, wird spätestens danach, wenn er es nicht schon vorher getan hat, zur Buch-Trilogie greifen. Ich jedenfalls, werde jetzt gleich damit anfangen...