Patty Jenkins hat nach „Monster“ (2003) ihren zweiten Kinofilm geschaffen.
Diana (Lilly Aspell, Emily Carey, Gal Gadot) wächst als Amazone auf ihrer Heimatinsel Themyscira zu einer Kriegerin heran. Als sie den Kampfpiloten Steve Trevor (Chris Pine) vor dem Ertrinken rettet, hat sie zum ersten Mal einen Mann vor sich. Dieser erzählt ihr von den Gräueln des noch andauernden Ersten Weltkrieges. Diana vermutet darin das Werk des Kriegsgottes Ares und entschließt sich, Trevor zu begleiten und dem Bösen ein Ende zu setzen.
Eine Superheldin aus der DC-Comic-Schmiede dürfen die Kinogänger in bewegten Bildern bewundern. Es ist schwer, gegen die Marvel-Übermacht anzukämpfen. Doch mit „Wonder Woman“ ist etwas Ebenbürtiges gelungen.
Der erste Eindruck (2D-Vorführung) ist noch nicht überzeugend: die Farbgebung ist gewöhnungsbedürftig, die CGI-Welt Themyscira sieht in der Totalen arg künstlich aus, während die Figuren und deren unmittelbare Umgebung real getüncht erscheinen. Das liegt nicht in der Comic-Vorlage begründet und ist technisch erheblich besser zu bewerkstelligen. Die Kamera steht mindestens auf der Amazoneninsel nicht immer günstig. Director of Photography Matthew Jensen, der hauptsächlich für TV-Serien gefilmt hat (z.B „Game of Thrones“) hätte aufwändiger arbeiten dürfen. Auch das Wahrheitslasso ist optisch nicht der Hit. Welche Freiheiten Jensen hatte, bleibt ein Rätsel. Beachtlich im vorderen Abschnitt: Robin Wright als Generalin Antiope. Weitere Entschädigung gibt es mit ansehnlich gefilmten und geschnittenen Kampfszenen, die besonders in der plötzlich ein- und aussetzenden Slow Motion gefallen, um die Heldin in Aktion ganz genau betrachten zu können. Leider sind die 3D-Layer zeitweise überdeutlich zu sehen. Bei Walt Disney’s Schneewittchen in den 1930ern wurde eine Layertechnik angewandt, um dem 2D-Bild etwas Räumliches zu geben, aber für „Wonder Woman“ 2017 ist das einfach nur leider, leider, leider. Mit stereoskopischen Kameras wäre das nicht passiert. Der Film soll 149 Mio $ gekostet haben. Vielleicht war die Kohle vor der 3D-Konvertierung fast alle.
Männerüberzahl im Kino, war klar. Gal Gadot verkörpert die gereifte, kugelsichere Amazone. Obwohl die Story einiges Emotionales zu bieten hat, scheint die Mimik der hübschen Israelin nur zwischen angestrengt böse und lieb changieren zu können. Ähnliches gilt für Chris Pine, der schauspielerisch etwas besser dasteht. Das Produktionsteam um das unmerklich 140 Minuten dauernde Kunstwerk hat Action und Humor vorgeschoben, um das Publikum zu unterhalten. Auch hervorragende Schauspieler haben in einem rasant erzählten, aktionsgeladenen Plot nur wenig Gelegenheit, sich ihrem Niveau gemäß zu entfalten.
Die einfallsreiche Story, die Figurenzeichnung, der trockene Verbalhumor und die reichhaltigen sowie beeindruckend gestalteten Actionszenen helfen über viele Unebenheiten hinweg. Diana und Steve können in der Regel nicht die Tiefe der Protagonisten von Dramen erreichen. Als Ausnahme darf z.B. das Meisterwerk „Watchmen“ von Zack Snyder in Augenschein genommen werden.
Der Diana reichen Unbeholfenheit in der Welt außerhalb Themysciras, der Glauben an das Gute im Menschen und ihre Entschlossenheit, um eine sympathische Heldin abzugeben. Ihr Umgang mit Steve, der als Soldat das Zusammentreffen der Superheldin mit der Männerwelt des frühen 20. Jahrhunderts managen muss und den Umfang ihrer Fähigkeiten zunächst nicht kennt, sind bei allem Kriegstreiben eine nette Spaßspielwiese wie sie z.B. in „Thor“ zu finden ist. Mit der ständig im Fluss gehaltenen, turbulenten Geschichte und der treffsicheren Verwebung der humorvollen Dialoge ist „Wonder Woman“ dem vorgenannten Film jedoch weit überlegen.
Die Auseinandersetzung mit Zwischengegnern und dem scheinbar übermächtigen Endgegner bedeutet für den Film das genretypische Finale, welches richtig viel Radau und eine wichtige Wendung beinhaltet.
Hat ein erfolgreicher Kampf gegen Ares eine Auswirkung oder liegt das Böse - wie es Steve vermutet - ohne Gotteseinwirkung festverankert im Menschen? Eine Glaubensangelegenheit für Fantasyfans.
„Wonder Woman“ ist kein rundum gelungenes, aber letztendlich ein ausgiebig spannendes und freudebereitendes Kinoerlebnis.