Ich habe mich ja zunächst gefragt, wer es für eine gute Idee hielt zur Puppe Barbie einen Film zu schaffen. Doch schon als bekannt wurde wer für das Projekt verantwortlich ist, wurde ich immer neugieriger. Mit Greta Gerwig sitzt eine Frau im Regiestuhl, die mit "Lady Bird" und "Little Woman" zwei bezaubernde, witzige und clevere Geschichten über Frauen in der Gesellschaft geschaffen hat. Mit Noah Baumbach schrieb zudem der Autor und Regisseur von "Marriage Story" mit. Doch blieb eine gewisse Skepsis nach wie vor bestehen. Schließlich war die Firma, die für die Puppen verantwortlich ist, Mattel, ebenfalls an der Entstehung beteiligt. Wie kritisch kann also ein solcher Film sein, im Hinblick auf ein Produkt, welches schon mehrfach in der Kritik stand? Und auch diese Sorge hat sich mit dem Erscheinen verflüchtigt. "Barbie" ist ein wunderschönes, witziges, Kreatives, wie auch kritisches Stück Film geworden, das sich absolut lohnt.
Kurz zur Handlung: Eigentlich ist in Barbie-Land alles gut. Barbie und die anderen Barbies machen Föhnpartys, Tanzen, sehen gut aus, regieren und sind glücklich. Die Kens sind auch irgendwie noch da. Doch plötzlich scheint irgendwas nicht mehr zu stimmen und Barbie sieht sich gezwungen hinaus in die "echte Welt" zu gehen um herauszufinden was mit ihr gerade los ist. Begleitet wird sie dabei, nicht ganz freiwillig, von ihrem Ken und so stehen schon bald beide vor den Toren von Mattel.
Rein vom visuellen Standpunkt ist der Film ein Meisterwerk. Die gesamten Szenen in Barbie-Land bieten die nötige Plastikoptik, die durch die gigantischen Sets der Marke aufgebaut werden. Dabei fühlt man sich ein wenig an "Die Truman Show" erinnert. Gerade diese Szenen bestechen und lösen mit ihren bunten Farben ein reiner Zuckerschock aus. Was die Ausstattung, das Licht und die Kamera angeht, ist dieser Film absolut hohe Kunst. Zudem hat man sich im Film immer wieder schöne kreative Ideen einfallen lassen, die nachhaltig im Kopf bleiben. Sei es die Reise in die echte Welt oder Werbespots, die in dem Film eingespielt werden. Highlight sind dann auch die vielen Musicalnummern. Auch diese versprühen nicht nur gute Laune, sondern sind wundervoll choreographiert und voller kreativer Ideen, so dass man sich gar nicht mehr aus der Fantasiewelt verabschieden will. Ein großer Teil trägt der großartige Score bei, der aus Popsongs, aktueller Stars besteht und dabei ebenso herrlich viel Spaß macht, wie auch stilistisch passt.
Darstellerisch hat man dazu ebenfalls alles richtig gemacht. Mit Margot Robbie ist nicht nur eine Darstellerin gefunden, die optisch gut in die Rolle passt, sondern auch eine unglaublich gute Schauspielerin ist. Sie spielt die Attitüde der Puppe charmant und hat dabei oft sogar was künstliches an sich, trägt aber auch die emotionalen Szenen. Damit unterstreicht sie weiterhin ihren Status als eine der großen weiblichen Stars in Hollywood. Scene-Steeler ist dann aber Ryan Gosling als Ken. Mit perfektem stählerndem Body und perfektem Grinsen, hat der Kanadier sichtlich Spaß an seiner dünmlichen Rolle, die in Barbies Welt eigentlich nichts zu melden hat. Er schneidet Grimassen, tanzt und bringt sogar die emotionalen Szenen rüber, dabei kann man Gosling hier kein mangelndes Charisma vorwerfen. Eine Nominierung für den Oscar sollte für beide drinnen sein. Erwähnen sollte man außerdem noch Michael Cera als Alan. Er spielt eine einzigartige männliche Barbie, die nicht so recht ihren Platz in dieser Welt findet und sich daher sogar am besten mit den identifizieren kann, die sich emanzipieren müssen. Seine Figur ist gerade im Hinblick auf die Botschaft des Filmes von immenser Wichtigkeit, da sie losgelöst vom "Patriarchat" ist und sich ebenfalls wie jemand anfühlt, der für seine Rechte eher kämpfen muss, als seine anderen männlichen Kollegen. So verwundert es auch nicht, dass er sich mit den weiblichen Barbies verbündet. Hauptbotschaft des Filmes bleibt aber die feministische Aussage. Schon in der ersten Szene, die damals schon im Trailer verpackt wurde und eine Anspielung auf Kubricks "2001: Odyssee im Weltraum" verpackt wurde, macht schon deutlich, dass Mädchen eben früh in die Rolle der werdenden Mutter gedrängt wird. Im weiteren Verlauf kritisiert Gerwig zum einen den Einfluss, der perfekten Barbie, die in ihrer Illusion alles erreichen kann und dreht in Barbie-Land den Spieß um. Dort füllen Frauen alle Positionen aus, die in der echten Welt von Männern getragen werden und Männer übernehmen die Rolle der Frau. Dabei verurteilt sie aber diesen Punkt nicht von Grund auf, sondern macht auch deutlich, dass diese Figur eben schon früh junge Mädchen ermutigen kann für ihr Ziel zu kämpfen. Dabei geraten alle in immer wieder unangenehme Situationen, die aber leider immer noch sehr real sind. So ist das Ende des Filmes auch ein unangenehmer Kompromiss, der eben aufzeigt, dass es noch ein weiter Weg ist, bis zur Gleichstellung. Und gerade am Ende kommt eben dann auch eine ruhige und emotionale Komponente hinzu, die eben dann doch ein klares Fazit zieht ,welches aber nicht gespoilert werden soll.
Kurz: Ja "Barbie" ist schrill und bunt, aber auch herzlich, tiefgehend und mit einer starken feministischen Botschaft, die sich immer auf dem richtigen Grad bewegt. Neben den unzähligen Musicalnummern, sind es vor allem die Darsteller die Punkten, allen voran Margot Robbie und Ryan Gosling, der sich auf Oscarkurs begibt.