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Anonymer User
4,0
Veröffentlicht am 5. März 2021
Eine beeindruckende Horrorvision (2011!), die in Zeiten der Corona Pandemie umso tiefer unter die Haut geht und erstaunlicherweise mit einer Lösung aufwartet, die auch ohne die Pandemie von Bedeutung ist. Hier verlieren die Menschen ihren Geruchssinn, dann den Geschmackssinn, schließlich das Hörvermögen und letztendlich schwindet ihre Fähigkeit zu sehen. In diesen pandemischen Zeiten verlieben sich der Chefkoch Michael (Ewan McGregor) und die Epidemiologin Susan (Eva Green). Er lebt beruflich vom Schmecken und Riechen, sie untersucht das Phänomen wissenschaftlich und lebt sozusagen von Tod und Elend. Begleitet werden die verschiedenen Stadien der Pandemie von Wutausbrüchen und Weinkrämpfen. Michael und Susan streiten sich und randalieren. Über die Welt kommt eine Eiszeit, bevor alles in Dunkelheit versinkt. Und jetzt gelingt Regisseur David Mackenzie (wir sind in Schottland!) eine geniale Lösungsoption: Das Leben geht weiter. Neue Erkenntnisse machen sich breit, verschüttet geglaubte Emotionen bekommen neue Bedeutungen. Vergessene Aktivitäten werden wiederentdeckt: die Menschen packt ein starkes Bedürfnis für einander da zu sein, sie sehnen sich nach Umarmungen, sind dankbar am Leben sein zu dürfen. Die Liebe ist das oberste Gebot. Man liest wieder. Susans Freundin Jenny z. B (Connie Nielson). Die an ihr vorbeischleichende Kamera entdeckt ein Buch von Robert Burns. (Wir sind in Schottland!) Der Verlust des Hörvermögens hüllt die Menschen in ein leises Rauschen und treibt sie in die Isolation, es wird fast unerträglich. Auf sich selbst zurückgeworfen finden sich die beiden Liebenden, weil sie ihre perfekte Gefühlssicherheit gefunden haben. Schöne neue Welt, mit einer Kerze am Ende des Horrortunnels.
Mackenzie erzählt innerhalb eines Sci-Fi/Mystery-Rahmens von der Übersteigung und Abflachung menschlicher Sinneswahrnehmung. Der darauffolgende Zusammenbruch der einzelnen Menschen und der Gesellschaft zeigt dabei, wie fragil die menschlichen Fähigkeiten zur Bewältigung des Lebens sind. Den ausfufernden Symbolismus, mit dem Mackenzie dieses Treiben aufplustert, wird sicher nicht jedem zusagen. Sehenswert ist 'Perfect Sense' aber dennoch, da er dank der Nichtbeachtung aller Figuren-, Handlungs- und Genre-Konventionen und durch seine ebenso düstere wie leidenschaftliche Atmosphäre ein Gefühl der Kompromisslosigkeit erzeugt , das in wenigen Filmen zu finden ist.
Fesseln konnte mich der Film nicht. Dafür war die Inszenierung zu "kalt", monoton und ruhig. Die schauspielerische Leistung der beiden Hauptfiguren fand ich bis auf paar Ausnahmen auch zu zurückhaltend. Dass die Menschen nach und nach ihre Sinne verlieren, kommt wie aus dem Himmel und bleibt somit unklar. Das muss man einfach als gegeben sehen. Vielmehr soll es, ähnlich wie beim optisch jedoch ansehnlicheren Film "Stadt der Blinden", nicht um Realismus, sondern um zwischenmenschliche Beziehungen und die Konfrontation mit neuen Lebensumständen gehen. Der Verlust eines Sinnes kann zu einer Schärfung anderer Sinne führen. Man nimmt die Umwelt anders wahr und ist nicht mehr so anfällig für Zerstreuungen. Der Film vermittelt daher sicherlich eine Botschaft, die Umsetzung war für mich aber doch größtenteils langweilig.
Es gibt wohl kaum einen Schauspieler der so fleissig ist wie Ewan McGregor und sich dabei einer solchen unfassbaren Bandbreite stellt. So kann ich es auch nicht krumm nehmen dass er sich dann und wann in Werke wie diese verirrt. Ich hab wohl keinen Sinn dafür und will ihn nicht haben, aber für mich verfällt das das alles in Depressionen im Filmformat. Die Idee einer Welt in der die Menschen ihre Sinne verlieren finde ich gar nicht so unspannend, daraus aber einen bizarren Zwittermix zu machen in dem ein wenig Sci-Fi sich mit einer schmalzigen Kitschgeschichte kombiniert und die alte „nehme die Welt um dich rum mit allen Sinnen wahr!“ Botschaft ebenso rausgekramt wird. Dabei ist die Chemie von McGRegor und „Bond Girl“ Eva Green famos, die bedrückende Stimmung sehr gut eingefangen und ich wünschte mir es wäre in einem Film der nicht auf Teufel komm raus bemüht wäre möglichst Independent-Flair zu versprühen. Wer auf so was steht, Filme wie „Die Stadt der Blinden“ oder „Young Adam“ wird auch hier fündig werden – solange man nicht auf der Suche nach guter Laune ist.
Fazit: In einigen Momenten sehr gut inszeniert, trotzdem macht der Film vorrangig miese Laune!