Filmreihen mit Kindern als Hauptakteure sind eine schwierige Angelegenheit. So gibt Daniel Radcliffe auf der Leinwand noch immer den pubertierenden Zauberlehrling, für den ein simpler Kuss das Äußerste der Gefühle ist, während er auf der Bühne splitterfasernackt in dem Theaterstück „Equus“ von Peter Shaffer posiert. Solche Schwierigkeiten mit dem Älterwerden lassen sich nie ganz vermeiden, dennoch haben die Macher des Kinoerfolgs Vorstadtkrokodile alles getan, um die Probleme bei der Fortsetzung „Vorstadtkrokodile 2 – Die coolste Bande ist zurück!“ im Rahmen zu halten. Um den Film bereits ein Jahr nach dem ersten Teil wieder in den Sommerferien drehen zu können, wurde mit den Vorbereitungen schon begonnen, bevor „Vorstadtkrokodile“ überhaupt in die Kinos kam. Außerdem musste Regisseur Christian Ditter (Französisch für Anfänger), der das Drehbuch zum Vorgänger noch selbst geschrieben hatte, die Hauptverantwortung für das Skript diesmal an Neil Ennever abtreten, weil er selbst noch am Schnitt von Teil eins festhing. Geschadet hat der neue Mann an Bord nicht. Auch wenn die Eröffnungssequenz kurz befürchten lässt, dass die Reihe ihre Ruhrpott-Wurzeln vergessen könnte, wird der Zuschauer glücklicherweise schnell eines Besseren belehrt.
In einem alten Bergwerk haben die Vorstadtkrokodile ein neues, verbessertes Hauptquartier bezogen. Doch statt Abenteuer unter Tage steht zunächst einmal ein ganz anderes Problem auf der Agenda: Weil die Maschinen in ihrer Firma plötzlich nicht mehr funktionieren, stehen die Eltern (Esther Schweins, Dietmar Bär) von Olli (Manuel Steitz, Herr Bello) und Maria (Leonie Tepe) kurz vor der Arbeitslosigkeit. Der Verlust der Jobs würde auch bedeuten, dass die Familie die Miete nicht mehr bezahlen könnte und wegziehen müsste. Doch so leicht lassen sich die Vorstadtkrokodile nicht ins Boxhorn jagen. Sie nehmen die Ermittlungen auf und kommen bald einer Bande von Industriesaboteuren auf die Spur. Und auch bei Dieter (Felix Klare), dem neuen Freund von Hannes‘ (Nick Romeo Reimann) Mutter (Nora Tschirner, Keinohrhasen), scheint irgendetwas nicht mit rechten Dingen zuzugehen…
Basierte „Vorstadtkrokodile“ noch auf dem gleichnamigen Kinderbuch von Max von der Grün sowie einem zweiteiligen Fernsehfilm von Wolfgang Becker (Good Bye, Lenin!) aus dem Jahre 1977, steht die Fortsetzung nun für sich alleine. Da hätte es leicht passieren können, dass sich die Reihe vom Ruhrpott-Charakter der Vorlage entfernt, um hipper rüberzukommen. Und tatsächlich mutet die Eröffnungssequenz (eine vorsichtige Reminiszenz an „Indiana Jones“ und Die Goonies) nun an, als ob diesmal die Action statt des Inhalts im Vordergrund stehen sollte. Doch dieser Eindruck täuscht. Statt für plumpe Annäherungen an das amerikanische Mainstream-Kino nutzt Autor Ennever den neugewonnenen Freiraum, um noch präziser auf die Lebenswirklichkeit heutiger Jugendlicher einzugehen.
Statt dem Umgang mit Behinderten steht diesmal das Thema „Arbeitslosigkeit“, das hier jedoch nicht als trockenes Sozialdrama, sondern als spannender Kinderkrimi im Stile von „TKKG“ oder „Die drei ???“ aufbereitet wird, im Mittelpunkt. Zwar wird der von „Killerpilz“ Fabian Halbig verkörperte, im Rollstuhl sitzende Kai noch immer von allen Seiten ohne Rücksicht auf Political Correctness, aber immer liebenswürdig mit seiner Behinderung aufgezogen, aber das spielt nur noch eine kleine Rolle. Stattdessen ist Arbeitskampf pur angesagt. Während die Eltern Streiks und Demos organisieren, schicken sich die Vorstadtkrokodile an, das Problem auf ihre Weise aus der Welt zu schaffen. Mit Witz und Tücke weisen sie betrügerische Investoren in die Schranken. Von dieser Nachwuchspower sollten sich die Erwachsenen (und im Besonderen die Politiker unter uns) ruhig mal eine Scheibe abschneiden.
Fazit: Die neuaufgelegten Vorstadtkrokodile kämpfen auch in ihrem zweiten Leinwandabenteuer gegen soziale Ungerechtigkeiten, sind deshalb aber keinen Deut weniger cool als die gegen Vampire ins Feld ziehenden Wilden Kerle (siehe: Die Wilden Kerle 5). Ganz im Gegenteil: Ohne erhobenen Zeigefinger, aber mit klarer Botschaft präsentiert sich „Vorstadtkrokodile 2“ wie schon der Vorgänger als moderne Jugendunterhaltung mit Schwung, Witz, Herz und Hirn.