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    Menachem & Fred
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Menachem & Fred
    Von Lars-Christian Daniels

    Wenn heute das kleine Örtchen Hoffenheim in den Nachrichten genannt wird, hat die von Mäzen Dietmar Hopp finanzierte TSG 1899 Hoffenheim vermutlich gerade wieder in der Fußball-Bundesliga für Furore gesorgt. Doch der milliardenschwere Mitbegründer des SAP-Konzerns unterstützt nicht nur Sportvereine der Rhein-Neckar-Region, sondern fördert mit seiner Stiftung auch zahlreiche Sozial- und Bildungsprojekte. Zu diesen zählt der Dokumentarfilm „Menachem & Fred“ der israelischen Regisseurinnen Ronit Kertsner und Ofra Tevet. Er beleuchtet das Schicksal zweier jüdischer Brüder aus Hoffenheim, die der Holocaust zu Waisen machte. Mitverantwortlich für den Tod ihrer Eltern war der ehemalige SA-Führer Emil Hopp – Dietmar Hopps Vater.

    „Blühen bei Euch jetzt die Bäume? Bei uns sind keine.“

    Diese Worte schrieb die Jüdin Mathilde Mayer ihren Söhnen Heinz und Manfred im Frühjahr 1941 aus dem Konzentrationslager Rivesaltes in Südfrankreich. Wenige Monate später wurde sie mit ihrem Mann Karl nach Auschwitz deportiert. Die Briefe blieben das letzte Lebenszeichen, das „Menachem & Fred“, wie Heinz und Manfred sich später nannten, von ihren Eltern erhielten. Die Kinder konnten sich kurz zuvor aus dem Lager in ein französisches Waisenhaus absetzen und entkamen wie durch ein Wunder der Gestapo und dem Schrecken des Holocausts. Nach Kriegsende trennten sich ihre Wege; Fred verheimlichte seine jüdisch-deutsche Herkunft und emigrierte in die USA, Menachem begann ein national-religiöses Leben als orthodoxer Jude in Israel. Erst viele Jahre später bringen die Briefe der Eltern die beiden wieder zusammen, und die Fragen der Enkel erwecken bei beiden das Bedürfnis, die Vergangenheit aufzuarbeiten. Gemeinsam begeben sie sich auf Spurensuche und schreiben das Buch „Aus Hoffenheim deportiert – Menachem und Fred“, das zugleich Grundlage für den preisgekrönten Dokumentarfilm ist.

    Der Film beleuchtet die Suche der Brüder nach ihrer Vergangenheit einfühlsam aus verschiedenen Perspektiven und dokumentiert den inneren Konflikt, die verlorene Kindheit neu erleben zu müssen. Menachem Mayer (früher: Heinz Mayer) und Frederick Raymes (früher: Manfred Mayer) haben das düsterste Kapitel ihres Lebens verdrängt, sind glückliche Familienväter und fanden in den USA und Israel die Heimat, die ihnen die Deportation 1940 so brutal geraubt hatte. Fred spricht heute kaum mehr ein Wort deutsch, machte nach dem Krieg Karriere bei der NASA. Im Film wird die Spurensuche der Brüder nahtlos mit den Begegnungen im Hoffenheim von heute verwoben. Die Versöhnung mit Dietmar und Rüdiger Hopp findet im Rahmen einer feierlichen Zeremonie statt, Interviews mit Angehörigen vervollständigen das Bild zweier glücklicher Familien. Im Kontrast dazu stehen Menachem und Freds Nachforschungen, die auch nach Südfrankreich und Auschwitz führen. Besonders Fred zeigt sich angesichts der Konfrontation mit diesen schmerzvollen Erinnerungen immer wieder tief bewegt. Die Tränen des Rentners, der mit seiner Frau ein Strandhaus in Florida bewohnt, lassen die Fassade vom glücklichen Großvater immer wieder bröckeln. Längst verheilte Narben brechen wieder auf.

    Das Problem, das aus der Kindheit nur vereinzelte Fotografien und die Briefe der Eltern erhalten sind, wird geschickt umschifft: Es bleibt der Phantasie des Zuschauers überlassen, sich die Schauplätze von damals anhand der Kamerabilder von heute auszumalen. Dank der Erzählungen der Brüder und einer Off-Stimme, die die Briefe der Mutter zitiert, funktioniert dies gut. Wer Holocaust-Dramen wie Schindlers Liste gesehen hat, benötigt hier keine bewegten Bilder. Erschreckend in Erinnerung bleiben dem Zuschauer stattdessen die Ansichten eines Hoffenheimer Ehepaares, das im Gespräch mit Menachem die Bombenangriffe der Alliierten mit dem Völkermord an den Juden gleichsetzt. Filme wie „Menachem & Fred“ scheinen weiterhin nötig zu sein.

    Einziger Kritikpunkt bleibt die Zurückhaltung in Bezug auf den Konflikt des streng jüdisch lebenden Menachems mit seinem Glauben. Wo war Gott in Auschwitz? Hier fehlt es dem Film ein wenig an der Konsequenz der Buchvorlage. Dennoch ist „Menachem & Fred“ eine berührende Dokumentation, die sich dem Schicksal der jüdischen Brüder einfühlsam nähert und zugleich veranschaulicht, wie Aufarbeitung und Versöhnung heute stattfinden können.

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