"The Greatest Showman" von Michael Gracey ist gelungene Unterhaltung - nicht mehr, aber auch nicht weniger. Der Film hat mir insgesamt prima gefallen und weiß mit rhythmischen Melodien und emotional mitreißenden Liedern zu begeistern. Man wird für die Dauer des Musicals in eine andere Welt entführt, voller Fantasie und der Hoffnung, dass es jeder schaffen kann.
Das ist natürlich Käse, vor allem im 19. Jahrhundert und erst recht in den USA. Aber ab und zu ist es doch ganz schön, für rund zwei Stunden sich der Illusion hinzugeben, dass es vielleicht doch so sein könnte. Dass vielleicht wirklich nur die inneren Werte und die Persönlichkeit zählen. Dass die Herkunft, die Startbedingungen, die man durch den Zufall der Geburt vor den Latz geknallt bekommt, gleichgültig sind. Weil alles, was wichtig ist im Leben, die eigenen Träume und die Familie sind, welche im Übrigen ausnahmslos entzückend und liebenswert ist - noch so ein nicht ganz der Realität entsprechender Wunschtraum im Film.
Also, ist der Film realistisch? Nö. Ist er so kitschig und süß wie eine in flüssiges Karamell getunkte Zuckerwatte, die mit Streuseln dekoriert wurde? Na, aber Hallo! Trotzdem verstehen die Macher ihr Handwerk aber aufs Beste, die Songs gehen wirklich ans Herz, die Figuren wirken alle so sympathisch, dass man am liebsten auch Teil dieser großen Zirkusfamilie sein möchte. Die Bilder und mise en scène sind so überbordend farbenfroh, dass es fast schon dekadent ist.
Dennoch möchte ich dem Film nicht mehr als 3 Sterne geben, weil er - wie ich finde - dann doch zu viele unschöne Seiten des Lebens ausklammert und auch aus der Biografie des echten P. T. Barnums nur die Schokoladenseiten herausgegriffen hat. So wurde etwa überhaupt nicht auch nur angedeutet, dass Barnum Ärger mit dem amerikanischen Tierschutz (ASPCA) bekommen hat - und das im 19. Jahrhundert, als der Tierschutz noch kein großes Interesse bei den meisten Bewohnern der westlichen Welt erfuhr. Ich hatte während des Films ein wenig in mich hineingegrummelt, als ich die dressierten Wildkatzen und die getriezten Elefanten sah, vor allem das arme Tier, das am Ende durch den Schnee laufen muss. Das wurde mir zu sehr romantisiert, was ich schwierig finde in Zeiten, in denen es in Deutschland noch immer nicht verboten ist, Wildtiere im Zirkus vorzuführen.
Auch zu Menschen war Barnum nicht immer nett. Das immerhin wird angedeutet. Zwischendurch blitzen schon sein manischer Eigennutz, sein Größenwahn und seine Gefallsucht auf. Auch, dass er vor Betrug nicht zurückschreckte, um seine Wünsche durchzusetzen, wird angetippt. Ebenfalls, dass er anscheinend nicht sehr gut mit Geld umgehen konnte. Aber dann genügen ein paar Plattitüden von seinem Zirkusensemble und ein flottes Liedchen und schwuppdiwupp ist alles wieder in Butter.
Er holt sich flugs seine Frau zurück, baut sein abgebranntes Theater als Zirkuszelt wieder auf, alles von seinem Partner finanziert, dann gibt er das alles ab, um mehr Zeit mit der Familie zu verbringen (etwas, das dem echten Barnum kaum in den Sinn gekommen wäre) und alles ist super.
Fazit: Wer Lust auf einen herrlich kitschigen und emotional mitreißenden Musicalfilm mit schönen Bildern hat, ist hier genau richtig. Wer gern auch kritische Töne in Filmen sieht, die zum Nachdenken anregen, dürfte hierbei allerdings enttäuscht werden.