Mit seiner Krimikomödie „Kleine Verbrechen“ hat der in London geborene und auf Zypern aufgewachsene Regisseur Christos Georgiou zweifellos einen Film für all diejenigen gedreht, die sich schon einmal auf ihren kommenden Sommerurlaub auf einer der griechischen Inseln einstimmen wollen. Die Kraterinsel Thirassia, auf der die Geschichte um einen seltsamen Todesfall und einen übereifrigen Dorfpolizisten spielt, ist so etwas wie der wahr gewordene Traum eines jeden Griechenlandurlaubers, den es nicht in eine dieser gesichtslosen Luxushotelanlagen zieht, wie sie immer noch überall auf der Welt aus dem Boden gestampft werden: Die Strände und Felsbuchten sind malerisch, die Straßen schmal und staubig, und das pittoreske Zentrum ist ein natürlich weißgekalktes Städtchen, das hoch über den Klippen liegt. Und so schwelgt Christos Georgiou in klassischen Postkartenansichten, die Fernweh garantieren. Bedauerlich ist nur, dass seine Groteske dörflichen Lebens außer schönen Panoramen kaum etwas anderes zu bieten hat.
Leonidas (Aris Servetalis) träumt von einem Job bei der Kriminalpolizei in Athen. Er möchte endlich einmal richtige Verbrecher jagen und nicht immer nur Verwarnungen an Nudisten oder notorische Raser aussprechen. Deswegen hat er sich schon vor längerer Zeit um eine Versetzung in die Metropole bemüht. Doch noch sitzt er auf Thirassia fest. Als eines Morgens die Leiche des alten Zacharias (Antonis Katsaris) unten auf dem schmalen Strand vor der Steilküste gefunden wird, wittert er seine große Chance. Da ihm alle eine andere Version der Ereignisse auftischen, glaubt er bald an eine Verschwörung. Die einzige, die ihn in seinen Überzeugungen wie auch bei seinen Untersuchungen unterstützt, ist Angeliki (Vicky Papadopoulou), die berühmteste Tochter der Insel. Sie war vor ein paar Jahren nach Athen gegangen und hat dort als Fernsehmoderatorin Karriere gemacht. Nun ist sie für Zacharias’ Begräbnis zurückgekehrt. Und Leonidas verliebt sich gleich auf den ersten Blick in sie…
Natürlich nimmt sich diese mit landestypischem Lokalkolorit förmlich durchtränkte Komödie selbst nicht allzu ernst. Insofern sollte auch das Publikum Georgious ziemlich hanebüchene Mischung aus Krimi und Liebeskomödie, Märchen und Provinzposse nicht ernster als nötig nehmen. Doch irgendwann ist auch das größte Wohlwollen einmal aufgebraucht. Ein ironischer Umgang mit bekannten Kino- und Fernsehklischees sieht eben doch etwas anders aus. Es reicht nicht, wie Georgiou diese Klischees in möglichst großer Zahl möglichst offensichtlich aneinanderzureihen. Die Summe solcher Teile ist auch nur wieder ein Klischee, wenn auch ein sehr großes.
Dabei hatten Christos Georgiou und sein Co-Autor Srdjan Koljevic durchaus einige sehr charmante Ideen. So stellt sich im Verlauf von Leonidas’ Ermittlungen heraus, dass der heruntergekommene Zacharias den Mächtigen des Dorfes tatsächlich ein Dorn im Auge war. Für die große Freizeit- und Ferienanlage, die sie auf Thirassia errichten wollen, brauchen sie unbedingt das Land, auf dem er lebte. Doch schon das Modell dieser Anlage, das die Ärztin und Bürgermeisterin der Insel regelrecht in Ekstase versetzt, ist nichts als eine einzige Absurdität. So ungefähr würde sich ein Fünfjähriger ein Touristenparadies vorstellen. Aber selbst dieser wundervolle Gag verpufft letztlich. Georgiou fehlen einfach der Mut und auch die künstlerische Entschlossenheit, nach denen eine Satire auf die lächerliche Großmannsucht einiger Provinzler verlangt. So bleiben seine Angriffe auf das Dorfestablishment, zu dem neben der Bürgermeisterin auch der Polizeichef der Insel und Angelikis Mutter gehören, harmlose Albernheiten.
In seiner extremen Vorhersehbarkeit evoziert „Kleine Verbrechen“ eine Atmosphäre, wie sie etwa auch ein heißer, sonniger Sommertag verbreitet. Eine entspannte Trägheit liegt über allem. Das mag im Sommer am Strand durchaus reizvoll sein, im Kino provoziert eine solche Stimmung allerdings Apathie und Desinteresse. Nicht nur die Krimigeschichte plätschert mehr oder weniger vor sich hin. Auch die Romanze zwischen dem so ungestümen wie unbeholfenen Dorfpolizisten und der attraktiven Moderatorin wirkt seltsam leb- und leidenschaftslos. Sie bleibt eine Kinokonvention. Dabei haben beide dieses private Glück eigentlich mehr als verdient. Doch so ist es mit dem ganzen Film. Eine anfängliche Sympathie schlägt sehr schnell in Gleichgültigkeit um. So bleiben am Ende nur die wundervollen Landschaftsaufnahmen in Erinnerung, als hätte Christos Georgiou nichts als einen überlangen Werbefilm für das griechische Fremdenverkehrsamt gedreht.